Prozess Angeklagter stellt Strafantrag gegen den Staatsanwalt

Einspruch gegen Strafbefehl: Nach etwa 40 Minuten ist der Prozesstag beendet, das Verfahren wird ausgesetzt.

Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede: Der Strafbefehl lautet auf 180 Tagessätze à 100 Euro. Weil der Empfänger den nicht zahlen will, sitzt er am Mittwochmorgen im Sitzungssaal des Amtsgerichts dort, wo immer die Angeklagten platziert werden. Steuerberater G. nimmt dort aber selbstbewusst die Rolle des Anklägers ein: „Ich werde die Tatsachen hier ans Tageslicht bringen.“

Seine „Gegner“ sind Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und letztlich auch der Innen- und der Landesjustizminister. Doch am Mittwoch kommt G. nicht zum Zug. Das Verfahren wird nach einem Beweisantrag der Staatsanwaltschaft ausgesetzt. Wie die Tatsachen aus Sicht der Krefelder Staatsanwaltschaft aussehen, trägt deren Vertreter Hans Nauen detailliert vor. Danach wird G. vorgeworfen — und teilweise eben mit Strafbefehl geahndet — sich öffentlich herabwürdigend über Personen geäußert zu haben, um sie verächtlich zu machen. Er habe unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt, Menschen Geldwäsche, Korruption, Untreue und die Finanzierung des Drogenhandels vorgeworfen. Ein Mitglied der Krefelder Verwaltungsspitze und ein Politiker seien Organisatoren von Wirtschaftsverbrechen und Innenminister Ralf Jäger „Mittäter“ von Fälschungen.

„Opfer“ dieser vom Staatsanwalt aufgelisteten Anschuldigungen, Verleumdungen und Beleidigungen sind vor allem Akteure in einem langwierigen Insolvenzverfahren, in dem auch G. eine Rolle spielte. Rechtsanwalt Andreas Neuber, hat sich gegen dessen öffentlich platzierte Kommentare juristisch zur Wehr gesetzt und den Strafbefehl erwirkt: 18 000 Euro. Er ist gestern als Zeuge vor Ort.

Staatsanwalt Nauen will Auskunft über Einkünfte

Nach dem Verlesen der Anklageschrift bietet Staatsanwalt Nauen G. an, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurückzunehmen, immerhin könne „eine neue Strafe auch höher ausfallen“. Bei der Strafbemessung bei dem Steuerberater von einem Einkommen in Höhe von 3000 Euro monatlich auszugehen, sei „albern“. Erste Recherchen wiesen darauf hin, dass G. über Grundbesitz und „erhebliche Mieten“ verfügen könnte. G. schlug das Angebot der Staatsanwaltschaft rigoros aus. „Ich lasse mich nicht mehr erpressen! Jetzt ist Schluss mit lustig. Ich werde die Tatsachen hier ans Tageslicht bringen und umfangreich auspacken.“

Diese Chance bekommt er am Mittwochmorgen nicht. Entsprechend der Ankündigung der Staatsanwaltschaft endet der Prozesstag mit dem Antrag, die finanzielle Situation von G. zu ermitteln. Nauen gibt eine vorläufige Liste von Grundstücken und Häusern im Stadtgebiet Krefeld zu Protokoll; Grundbesitz, Mieteinnahmen, Konten und Kapitalerträge sollen ermittelt werden, bevor das Verfahren fortgesetzt wird.

Die Reaktion des Angeklagten: Er stellt Strafantrag gegen den Staatsanwalt. Nauen reagierte deutlich: Er sei von Kollegen vorgewarnt worden und habe vom Angeklagten nichts anderes erwartet.

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