Analyse: Theater mit Zukunft - Chancen und Risiken des Konzepts

Chancen: Das Konzept zeigt eine langfristige Perspektive auf. Risiken: Sehenden Auges steuert das Theater in ein Defizit.

Krefeld. Eine Analyse des Konzepts "Theater mit Zukunft" zeigt die Chancen und Risiken auf.

Ein Blick zurück ist hilfreich: Wer verstehen will, welche Chancen das Konzept "Theater mit Zukunft" bietet, muss sich ansehen, wie es noch vor einigen Wochen um das Haus bestellt war. Es gab keine langfristige Sicherheit, keine Perspektive - lediglich kurzsichtige Einschnitte an den falschen Stellen: bei Werbung und EDV, wo die Unternehmensberatung Actori gerade erst Investitionen empfohlen hatte.

Das Konzept hingegen, dass der Stadtrat morgen mit CDU, FDP und Krefelder Bürgerpolitik absegnen könnte, gibt bis 2015 zumindest eine grobe Richtung vor.

Die jährlichen Zuschüsse aus Krefeld und Mönchengladbach werden 2010 um 900 000 Euro erhöht und fünf Jahre lang fortgeschrieben. Der neue Intendant Michael Grosse weiß endlich, womit er planen kann - und für die Städte wird das Theater finanziell nicht zum Fass ohne Boden.

Um dem neuen Intendanten, der im Sommer 2010 sein Amt antritt, einen sauberen Start zu ermöglichen, machen die Städte zwei weitere Zugeständnisse: Sie beteiligen sich zum einen an der Erneuerung der EDV-Anlagen. Ohne sie sind die von Actori angestrebten Einsparungen nicht zu erzielen. Zum anderen stehen die Städte für das zu erwartende Defizit aus der kommenden Spielzeit 2009/10 gerade.

Diese Grundpfeiler des Konzepts kann der Rat morgen nicht beschließen, sondern nur zur Kenntnis nehmen. Verbindliche Beschlüsse sollen später folgen. Die Befürworter wünschen sich dennoch eine breite Mehrheit als Signal an Michael Grosse, der das Konzept mit erarbeitet hat.

Fest beschließen soll der Rat dreierlei: Das Actori-Gutachten wird umgesetzt, die Umwandlung des Theaters in eine gemeinnützige GmbH geprüft und das spielfertige Haus am Theaterplatz an die Bühnen übertragen. Vor allem letzteres ist ein lang gehegter Wunsch der Theaterleute: Sie glauben, so den Service für ihre Gäste verbessern, Wege verkürzen und Geld sparen zu können.

Das Konzept hat einen Geburtsfehler, sagen die Kritiker: Es lässt die Vereinigten Städtischen Bühnen (VSB) sehenden Auges in ein Defizit laufen. Die 22,9 Millionen Euro Zuschüsse, die ab 2010 zur Verfügung stehen, reichen spätestens ab 2012 nicht mehr aus, um die Kosten zu decken. Eine Erhöhung ist im Konzept ausdrücklich ausgeschlossen.

Da das Theater so bald wie möglich zur gGmbH werden soll, ist es mit diesem Problem auf sich allein gestellt. Anders als bisher, könnten die Städte sich aus der Verantwortung stehlen, die VSB könnten im schlimmsten Fall in die Pleite rutschen.

Das Risiko lässt sich sogar beziffern: Selbst wenn die Vorschläge des Actori-Gutachtens zu den gewünschten Einsparungen führen, klafft 2014/15 im Theater-Etat eine Lücke von einer Million Euro. Sie könnte sich vergrößern, wenn die Finanzkrise anhält oder die Tarife im Öffentlichen Dienst erneut massiv steigen.

Die Lücke zu schließen, ist die Aufgabe des designierten Intendanten Michael Grosse. Wie das gehen könnte, hat er bereits erklärt - es steht sogar Schwarz auf Weiß im Zukunftskonzept: "Zu denken ist beispielsweise an einen Haustarifvertrag bis zum Ende des Sanierungszeitraums."

Ob und wie stark ein solcher Vertrag die Löhne der Mitarbeiter beschneiden würde, ist unabsehbar - wie auch die mittelbaren Folgen für die Qualität des Theaters. "Wenn man weniger zahlt als anderswo, macht man das Haus nicht gerade interessanter für gute Leute", sagt der SPD-Politiker Klaus Kokol.

Seine Fraktion wird wie die Grünen morgen im Rat wohl gegen das Zukunftskonzept votieren. Vorbehalte haben sie auch gegen die Stellenkürzungen bei Chor und Orchester, die Actori vorsieht.

Mit der Umwandlung in eine gGmbH geht der Öffentlichkeit, die gerade zuletzt massiv für das Theater gestritten hat, zudem viel Kontrolle verloren. Ein Aufsichtsrat fasst seine Beschlüsse hinter verschlossenen Türen.

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