Ärzte in Krefeld fürchten um ihre Existenz

Viele Mediziner fühlen sich als Verlierer der Honorarreform.

Krefeld. Im Grunde liebt Dr. Mechthild Quittek ihren Beruf. Die Miene der Krefelder Fachärztin für Allgemeinmedizin verfinstert sich jedoch, wenn die Sprache auf die Reform der Ärztehonorare kommt. Sie befürchtet, dass es dadurch in Zukunft keine oder nur noch wenige Arztpraxen mehr in der Stadt geben wird.

Es rechne sich kaum noch, eine eigene Praxis zu führen: "Viele Kollegen haben ihre Zulassung schon an Versorgungszentren verkauft und arbeiten dort als Angestellte. Ältere Kollegen finden keine Nachfolger für ihre Praxen".

Durch die miserable finanzielle Situation seien viele Ärzte in Sorge darüber, ob sie ihre Angestellten noch länger bezahlen könnten. Auf lange Sicht befürchtet Quittek einen Wechsel vom klassischen Hausarzt zum angestellten Arzt. Allein gelassen fühlt sie sich von Politik und der Kassenärztlichen Vereinigung, die die Ärzte nicht ausreichend auf die Neuerungen und deren Auswirkungen vorbereitet hätten.

Diesen Vorwurf weist Dr. Michael Knobloch, Kreisstellenvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Krefeld, zurück. Knobloch, selbst Facharzt für Gastroenterologie, sieht das Problem vielmehr in den Details der Honorarreform, durch die bei vielen Kollegen "ernsthafte Problemen" entstanden seien.

Zwar sei das Honorarvolumen für die Ärzte in NRW seit Januar um 0,6 Prozent gestiegen, durch den gleichzeitigen Anstieg der Lohn- und Sachkosten sei die Erhöhung jedoch faktisch verpufft: "Das Ergebnis ist, dass rund 80 Prozent zu den Verlierern der Reform zählen."

Das Problem: Durch die Honorarreform bekommen die Ärzte im Quartal für jeden Patienten eine einmalige Pauschale gezahlt, egal, wie oft der Patient im Quartal behandelt werden muss und unabhängig vom Materialeinsatz der Ärzte. "Diese Pauschale liegt durchschnittlich bei 20 bis 40 Euro pro Patient", sagt Knobloch. Dadurch würden Kollegen benachteiligt, die Praxen mit hohem technischen Standart und neuesten Diagnose- und Behandlungsgeräten betrieben.

Die Sorgen der Ärzte bekommen auch die Krankenkassen zu spüren. Doch Martina Lorenzen, stellvertretende Regionalgeschäftsführerin der Barmer Ersatzkasse Krefeld, teilt die Befürchtungen nicht: "Es ist nur vermeintlich weniger Geld da. Die Präventionsleistungen - wenn etwa ein Gynäkologe Krebsvorsorgeuntersuchungen durchführt - werden gesondert abgerechnet. Es gibt einerseits das Regelleistungsvolumen und andererseits die Einzelleistungen", erläutert sie.

Zurzeit seien es vor allem Orthopäden und Augenärzte, die sich bei der Kasse meldeten und über die Situation klagten. Die Auswirkungen seien bereits spürbar: "Ärzte vergeben keine Termine mehr oder zögern die Vergabe um Monate hinaus. Sie verlangen von Patienten, dass sie die Leistungen privat bezahlen und die Rechnung dann bei der Kasse einreichen", sagt Lorenzen.

Mechthild Quitteck wirbt um Verständnis für die Ärzte: "Ich bin nicht Arzt geworden, um reich zu werden. Aber zur Zeit kann ich nicht mal ein neues Gerät anschaffen, wenn ein Altes kaputt geht." Streiks lehnt sie ab: "Daran werde ich mich nicht beteiligen. Ich möchte nicht gegen die Patienten arbeiten, sondern mit ihnen."

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