Krefeld „Adolf Hitler“ versetzt Flüchtlingsfamilie in Angst und Schrecken

Die syrische Flüchtlingsfamilie aus Krefeld, die bereits vor rund zwei Wochen Hassbriefe in ihrem Briefkasten gefunden hatte, hat am Dienstag erneut ein anonymes Schreiben erhalten.

Krefeld. Als Yassir Khalil (Name von der Redaktion geändert) die ersten Zeilen des Briefs überfliegt, stockt ihm der Atem. „Ich habe gedacht, wir müssen zurück nach Syrien.“ Zurück in sein zerstörtes Heimatland. Zurück in die zerbombte Stadt Rakka. Seine Frau beginnt beim Lesen bitterlich zu weinen. Die älteste Tochter der Familie, gerade einmal sieben Jahre, versteht auch sofort: Die fünfköpfige Familie soll abgeschoben werden. Der angebliche Absender: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Sitz der Außenstelle in Düsseldorf.

Der Asylantrag der Familie soll abgelehnt worden sein, heißt es in dem Brief. Die Khalils werden aufgefordert, Deutschland bis zum 12. Januar 2018 zu verlassen. Ansonsten drohe ihnen Abschiebehaft. Für Vater Yassir bricht eine Welt zusammen. Er sucht Hilfe bei dem ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuer Michel Tribalet, der die Familie seit der Ankunft in Krefeld unterstützt. „Dieser Brief ist eine große Sauerei, denn er ist gefälscht“, sagt Tribalet. Um sicherzugehen, dass seine Vermutung stimmt, lässt er das Schreiben von Angelika Poddig überprüfen. Die Mitarbeiterin von Flüchtlingskoordinator Hansgeorg Rehbein kann kaum glauben, was sie liest. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Die Fälschung ist offensichtlich“, sagt sie.

Der falsche Abschiebebescheid ist dazu noch unterschrieben mit A. Reltih — der Nachname rückwärts gelesen heißt Hitler. „Ich weiß nicht, wer so etwas tut“, sagt Yassir Khalil, der Angst um seine Familie hat. „Wir schließen nachts jetzt die Türen ab, schlafen alle in einem Raum. Ich lasse meine Kinder nicht mehr unbeaufsichtigt nach draußen“, erklärt der besorgte Familienvater. „Ich habe Angst, dass ihnen irgendwelche Leute etwas antun.“

Bereits vor zwei Wochen hatten Unbekannte Hassbriefe in den Briefkasten der Familie geworfen, in denen die als „Kanackenpack“ bezeichneten Khalils aufgefordert wurden: „Haut ab!“.

Die Polizei hat die Ermittlung aufgenommen. Die Kriminalinspektion Staatsschutz hat die insgesamt drei Schreiben, die in den vergangenen drei Wochen im Briefkasten der Familie Khalil lagen, sichergestellt. „Die weiteren Ermittlungen laufen gerade an, dazu zählen Vernehmungen, Spurensicherungen und Auswertungen. Zur Frage der rechtlichen Würdigung steht die Polizei im Austausch mit der Staatsanwaltschaft“, sagt Polizeisprecher Daniel Uebber. Die zu prüfenden Straftatbestände: Volksverhetzung, Beleidigung und Urkundenfälschung.

Yassir Khalil hofft, dass die Polizei den oder die anonymen Verfasser der Briefe findet. Der Vater hatte das Schreiben im Übrigen überhaupt erst für ein echtes Dokument des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gehalten, da im Dezember vor einem Gericht in Düsseldorf entschieden wird, ob für die Familie weiterhin der subsidiäre Schutz gilt. Dieser tritt laut dem Abteilungsleiter des Krefelder Ausländeramtes, Frank Kollenbroich, dann in Kraft, wenn Menschen stichhaltige Gründe vorbringen können, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und sie den Schutz des Herkunftslandes nicht in Anspruch nehmen können oder wegen der Bedrohung nicht wollen. Zu dem vorliegenden Fall will und kann er keine weiteren Details nennen.

Die Khalils sind seit zwei Jahren in Deutschland, seit rund einem Jahr leben sie in einer Wohnung an der Hülser Straße. „Wir sind so dankbar, in Deutschland aufgenommen worden zu sein“, sagt Vater Yassir und ergänzt dann doch: „Aber seit diesen Briefen fällt es mir schwer, mich zum Beispiel aufs Deutschlernen zu konzentrieren. Ich habe solche Angst um meine Familie.“

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