„Wir sind keine Basteltanten“

Durch das Kibiz sind die Anforderungen an Pädagogen gestiegen, die Bezahlung allerdings nicht.

Krefeld. Ständig klingelt das Telefon. Terminabsprachen, Auskünfte, Nachfragen. Diana Kerner ist gefragt. Im Flur führt eine Kollegin zwei Vertreter eines Kooperationspartners durch die Räume. Auf dem tragbaren Telefon prangt ein gelber Zettel mit Notizen für sie und im Foyer steht ihr 11-Uhr-Termin.

Kerner ist Managerin. In der Caritas Kindertagesstätte St. Antonius. "Natürlich sind wir Manager", sagt die Leiterin des Familienzentrums und meint damit alle Erzieher. Organisation macht einen großen Teil ihrer Arbeit aus, dazu kommen Verwaltung, Anmeldungen, Elterngespräche, Teambesprechungen ...

Durch das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) sind die Anforderungen an die Pädagogen gestiegen, sagt sie. Viele Kitas müssen jetzt mehr Dokumentation und mehr Bildungsarbeit leisten. Richtig, findet Kerner, die in ihrer Einrichtung schon lange darauf setzt. "Wir sind keine Basteltanten. Die Zeiten sind lange vorbei", sagt Kerner.

Das Berufsbild hat sich geändert, nicht nur durch Kibiz, sondern mit den Kindern und den Eltern. Die Klagen der streikenden Kollegen der kommunalen Kindergärten versteht sie - bedingt. Und natürlich ist die Arbeit der Erzieher mehr wert als dafür gezahlt wird. Lärm, das Sitzen auf niedrigen Stühlen, Tragen der Kleinen - all das könne aber eingeschränkt werden, durch das Raumkonzept und die besondere Reggio-Pädagogik des Familienzentrums. "Dadurch haben wir diese Probleme nicht."

Und tatsächlich ist es ziemlich ruhig. "Da hätten Sie mal im August kommen sollen, da war das noch ein bisschen anders." Janetta Mülbrecht lacht. Sie ist Erzieherin bei den Kleinen, den Zwei- bis Dreijährigen. Die brauchen ein bisschen Zeit, um sich einzugewöhnen und sich an die Regeln zu halten, sagen die Pädagoginnen. Bei den Großen funktioniert das prächtig. Erzieherin Ursula Mülbrecht sitzt auf einem Stuhl, die Kinder vor ihr. Es ist leise, alle lauschen, was es zu sagen gibt. Und bei den Kleinen herrscht reger Betrieb am Wickeltisch. Der ist so gebaut, dass die Kinder selbst hochklettern und runtersteigen können.

"Ich hab’ Schokolade mitgebracht, für dich, Brigitte und die Kinder", Orkan will für Süßes Aufmerksamkeit. Die kriegt er auch - nicht nur wegen der Schokolade. Draußen heiratet Klein-Raffael seine blonde Freundin. Die Kinder können sich in der St.Antonius-Kita aussuchen, wie sie ihren Tag gestalten möchten. Malen an der Staffelei, am Wasserbecken experimentieren oder - wenn’s mal reicht - den Rückzug in die Schlafburg antreten.

"Die Kinder haben Freiraum, müssen sich aber an unsere Regeln und Rituale halten", sagt Kerner. Das gilt auch für die Eltern. Kommen sie zu spät für den Morgenkreis, müssen sie warten, bis sie ihr Kind abgeben können. "Die Arbeit mit den Kindern steht im Mittelpunkt, aber die Arbeit mit den Eltern wird immer intensiver. Sie brauchen mehr Hilfe in allen Lebensbereichen. Seit drei Jahren steigt die Problematik der Familien, vor allem durch finanzielle Not", sagt Kerner.

Das Familienzentrum vermittelt Kontakte zu Experten, wie Ehe- und Familienberatung bis hin zur Schuldnerberatung. In den Elterncafés des Familienzentrums gibt es immer wieder pädagogische und psychologische Tipps, zuletzt Belohnen und Bestrafen.

Gerade die Arbeit mit den Eltern komme in der Ausbildung zu kurz, findet Kerner. Werden Familien vom Jugendamt betreut, müssen die Erzieher auch da Kontakt halten, Termine vereinbaren, aufmerksam sein und organisieren. Mehr als Basteln.

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