325 Jahre Auswanderung: Krefelder erobern Amerika

Geschichte: 13 Familien aus der Seidenstadt gründen 1683 in der Neuen Welt die erste deutsche Siedlung.

Krefeld. Ein Land ohne Repressalien, wo sie ihren Glauben frei leben können - diese Verheißung brachte der Theologe Franz Daniel Pastorius am 11. April 1683 den Mennoniten und Quäkern mit nach Krefeld. In Frankfurt und Köln hatte er bereits für eine neue Kolonie in Nordamerika geworben, die der Quäkermissionar William Penn gegründet und Pennsylvania genannt hatte.

Die Botschaft Pastorius’ stieß auf offene Ohren. 13 Familien aus Krefeld wollten dem Theologen in die Neue Welt folgen. Nicht alle von ihnen waren gebürtige Krefelder. Einige von ihnen flüchteten aus Gladbach, Kaldenkirchen und Waldniel nach Krefeld, wo zum Teil Verwandte lebten. Denn die kleine Herrlichkeit unterstand seit 1600 dem Prinzen von Oranien. Er ordnete in seinen Territorien Toleranz an, so dass Glaubensflüchtlinge dort unbehelligt leben konnten.

Aber auch in Krefeld fand die Toleranz gegenüber den Andersgläubigen, besonders gegenüber den Quäkern, rasch ein Ende. Die neue religiöse Gemeinschaft sorgte ab 1678 für Aufsehen: Der Missionar Stephen Crisp predigte vor den Mennoniten und beeindruckte einige so sehr, dass sie zu Quäkern konvertierten. Ab 1679 existierte sogar eine kleine Quäkergemeinde mit rund 20 Familien.

Bei ihren Mitmenschen machten sie sich vor allem dadurch unbeliebt, dass sie jeden Eid und Dienst mit der Waffe verweigerten. Sie pflegten zudem jeden mit "Du" anzureden, trotz der Standesunterschiede, und vor keinem zogen sie ihren Hut. Und ihre wirtschaftliche Bedeutung bildete eine Konkurrenz zu alteingesessenen Bewohnern.

Während die Mennoniten 1678 das Bürgerrecht erhielten, wurden die Quäker weiterhin schikaniert. Die Quäker Hermann Isaaks op de Graeff und Heinrich Janßen wurden Anfang 1680 sogar ausgewiesen.

Der Traum von einem gelobten Land, in dem Freiheit und Gerechtigkeit für alle Menschen herrscht, sollte 1681 mit 100000 Quadratkilometern Urwald in Nordamerik Wirklichkeit werden. William Penn erhielt vom englischen König das riesige Stück Land - etwa so groß wie Schottland - am Fluss Delaware als Lehen, das er Penns Waldland, Pennsylvania, nannte. Für die Besiedlung dieses Landes verkaufte Pastorius 1683 auch Grundstücksoptionen in Krefeld.

Der Dreimaster Concord sollte die 13 Familien von England aus in die Neue Welt bringen. Die Auswanderer wurden aufgefordert Butter und Käse sowie Kleidungsstücke für zwei oder drei Jahre einzupacken. Außerdem Eisenmaterialien zum Bauen, Handwerkszeug, Stricke, Fischnetze und Flinten.

Die erste organisierte Auswanderungsgruppe stach am 24. Juli mit der Concord bei Gravesend in See. Die Passage verlief ohne Probleme. An Bord wurden sogar zwei Kinder geboren. Nach 74 Tagen, am 6. Oktober 1683, erreichten sie die nordamerikanische Küste.

Die Auswanderer wurden von Pastorius und Penn empfangen. Rund sechs Meilen entfernt von Philadelphia, am Schuykill-Fluss, ließen sich die Deutschen nieder und gründeten am 24. Oktober Germantown. Aber das gelobte Land sollte es zuerst nicht sein.

Per Los wurde jeder Familie eine Hofstelle zugeteilt. Die Leinenweber mussten den Urwald roden, um Platz für Hütten und Erdhöhlen zu schaffen, in denen sie den ersten Winter verbrachten. Unter ihnen herrschte zuerst tiefe Armut vor. Die als ungünstig eingeschätzte Ortslage erwies sich jedoch im Laufe der Zeit als Glücksfall. Quellbäche trieben Mühlen an, die reiche Tierwelt fand sich alsbald in den Kochtöpfen wieder. Der Boden eignete sich für die Landwirtschaft unter anderem für den Flachsanbau. Bald konnten sie ihren eigenen Bedarf decken und auf dem Markt in Philadelphia Produkte verkaufen.

Germantown Die Siedlung ist heute ein Stadtteil Philadelphias. Im Jahr 1688 wurde im Haus des Krefelders Thones Kunders der erste öffentliche Protest gegen die Sklaverei in Amerika formuliert. Es war das letzte erhaltene Siedlerhaus und wurde 1979 für einen Parkplatz abgerissen.

Erste Deutsche In der britischen Kolonie Jamestown lebten 1607 drei deutsche Handwerker. Im Mai 1626 übernahm der in Wesel am Niederrhein geborne Peter Minnewit das Amt des Gouverneurs in Neu-Holland mit Sitz in Neu-Amsterdam (heute New York).

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