Krefeld 30-jähriges Jubiläum: Aids-Hilfe wird nicht überflüssig

Seit 30 Jahren hilft ein Team erkrankten Krefeldern.

Krefeld. Zuerst konnte nur eine telefonische Beratung angeboten werden. Dann stand die Sterbebegleitung im Vordergrund. Heutzutage geht es um Prävention, Homophobie, der sozialen, gegen Lesben und Schwule gerichtete Feindseligkeit, und um andere beim Sex übertragbare Krankheiten wie Herpes genitalis oder immer häufiger Syphilis. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Arbeit der Mitglieder der Aids-Hilfe stark gewandelt.

Wie anerkannt die Krefelder Beratungsstelle ist, zeigt die Anwesenheit der beiden prominenten Festredner am Dienstagabend: Dr. Stefan Esser ist Leiter der HIV-Ambulanz am Uniklinikum in Essen, Prof. Jürgen Rockstroh hat die gleiche Position im Uniklinikum Essen. „Wir freuen uns, die bekannten Männer hier zu haben, zeigt es uns doch ihre Wertschätzung“, sagt Nicole Stoffmehl, Vorstand der Aids-Hilfe Krefeld.

Sie würde beim Blick in die Zukunft am liebsten sehen, dass die Arbeit überflüssig wäre. „Doch das wird nicht geschehen.“ Im vergangenen Jahr verzeichneten die Mitarbeiter rund 7400 persönliche oder telefonische Kontakte. Beate Schanzenbach, zuständig für Beratung und Betreuung, ergänzt: „Da in unserer Einrichtung die Betreuung asylsuchender und anerkannter Migranten seit gut 20 Jahren zum Alltag gehört, hat sich die aktuelle gesellschaftspolitische Veränderung nicht gravierend niedergeschlagen. Bei uns gingen schon immer 40 Nationalitäten ein und aus.“

Auffallend sei jedoch die prozentuale Zunahme der erstmalig an HIV-positiv diagnostizierten jungen Männer. „Hier könnte eine erhöhte Risikobereitschaft eine Rolle spielen.“ Gut sei es, dass die Mitarbeiter der Aids-Hilfe nun selbst Schnelltests durchführen könnten und bei positivem Resultat, die Mitarbeiter des städtischen Fachbereichs Gesundheit zeitnah einen Bestätigungstest anschließen. „Die Zusammenarbeit und Unterstützung mit Ärzten, Kliniken und Gesundheitsamt ist vorbildlich“, sagen die beiden Frauen.

Geändert habe sich in den drei Jahrzehnten vor allem die Lebenserwartung der Kranken. „Wenn sie die Medikamente vertragen, können sie alt werden.“ Stoffmehl erinnert sich an die Anfänge, als die Patienten 35 bis 40 Tabletten täglich nehmen mussten und jeder unter anderen Bedingungen: Vor oder nach dem Essen, mit viel oder wenig Wasser oder zeitversetzt. „Die Nebenwirkungen waren krass. Das ist heute anders. Es gibt ein einziges Medikament.“

Wie hoch die Zahl der Erkrankten ist, kann nicht genau gesagt werden. „Es gibt keine Meldepflicht, die Dunkelziffer ist hoch. Manche brauchen uns nicht oder gehen in andere Städte zur Beratung, um unerkannt zu bleiben.“ 260 bis 280 Menschen sind es jährlich, die beraten und betreut werden. „Schwierig ist die Situation nach der Diagnose, da ist Krisenintervention gefragt.“ Es sind vor allem Paare und Familien, die betroffen sind und in Krefeld Rat suchen. „Wir haben hier keine große Schwulenszene. Die trifft sich in Köln, dort ist die schwule Hochburg.“

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