Düsseldorf Zurheide baut Super-Supermarkt im ehemaligen Kaufhof

65 000 Produkte will das Unternehmen im ehemaligen Kaufhof an der Berliner Allee anbieten. So viel wie wohl kein anderer Lebensmittelhandel in Deutschland.

Rüdiger Zurheide in der Filiale in Reisholz. Er managt das Unternehmen mit seinem Bruder und seinem Vater.

Rüdiger Zurheide in der Filiale in Reisholz. Er managt das Unternehmen mit seinem Bruder und seinem Vater.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Es ist das bisher ambitionierteste Projekt der Familie Zurheide. Im Juni 2017 will der Lebensmittelspezialist seine neue Filiale im ehemaligen Kaufhof an der Berliner Allee eröffnen und damit seinen ersten Supermarkt in prominenter Innenstadtlage. Die Dimensionen des Marktes in Reisholz mit 6000 Quadratmetern Verkaufsfläche und 55 000 Produkten werden noch einmal übertroffen. An der Berliner Alle soll es auf zwei Etagen und 12 000 Quadratmetern sogar 65 000 Produkte geben und damit der wohl größte Lebensmittelhandel Deutschlands entstehen.

Eine Weinflasche wird von 1,29 bis 1000 Euro kosten.

Eine Weinflasche wird von 1,29 bis 1000 Euro kosten.

Die Millionen-Investition ist eine große Herausforderung für das Familienunternehmen aus dem Ruhrgebiet. Und so gibt Rüdiger Zurheide unumwunden zu: „Der Mietvertrag läuft zehn Jahre. Wenn dieses Projekt scheitert, dann steht unsere gesamte Existenz auf der Kippe.“ Allein die Miete könne mit den anderen Filialen kaum verdient werden.

Sieben Märkte und ein Getränkemarkt gehören bislang zum Unternehmen. Gegründet wurde es vor knapp 40 Jahren von Heinz Zurheide, inzwischen sind die Söhne Rüdiger und Marco gleichberechtigte Partner. Die Aufgaben sind klar verteilt. Der Senior kümmert sich um die Planung neuer Projekte. Rüdiger ist für das Tagesgeschäft und das Personal verantwortlich. Marco kümmert sich um die Produkte, Waren-Anordnungen, Werbung und das Tagesgeschäft.

Doch warum trotz gutlaufender Geschäfte noch mal alles riskieren? „Stillstand ist Rückstand“, sagt Zurheide. Wer sich nicht bewege, verpasse irgendwann den Zug. So werde es immer schwieriger, geeignete Standorte für Supermärkte zu finden. Auch Ehrgeiz spiele eine Rolle. „Wir wollen zeigen, was wir können.“

Diese Einstellung findet sich auch in der bisherigen Geschichte des Unternehmens wieder. „Bei uns wird immer so lange gekämpft, bis eine Filiale schwarze Zahlen schreibt. Zuletzt hat das bei einer zehn Jahre gedauert.“ Aufgegeben und geschlossen wurde noch nie ein Geschäft. Und in drei bis vier Jahren soll auch der neue Markt schwarze Zahlen schreiben. Dafür soll kräftig die Werbetrommel gerührt werden. „Normalerweise investiert man etwa 1,5 Prozent des Umsatzes in die Werbung. Für das neue Haus sollen es im ersten Jahr acht Prozent sein.“

Weit mehr als 200 Mitarbeiter sollen an der Berliner Allee beschäftigt werden. Für die Fachabteilungen werden auch noch einige Mitarbeiter gesucht. Zum Vergleich — in Reisholz arbeiten 170, von denen etwa zehn Prozent die Filiale wechseln werden. Dass der alte Standort unter dem neuen leiden wird, ist Zurheide zufolge klar. „Wir rechnen mit einem Umsatzverlust von zehn Prozent, aber das werden wir verkraften.“ Unwirtschaftlich werde es bei 15 Prozent. „Aber diese Gefahr sehen wir nicht.“ Denn Reisholz hat auch seine Vorteile, etwa Gratis-Parkplätze. Für das Parkhaus im alten Kaufhof-Gebäude werden Zurheide-Kunden künftig zur Kasse gebeten, wenn auch zu vergünstigten Tarifen.

Das Konzept des Marktes umfasst auch ein umfangreiches Gastronomie-Angebot — mit Sushi-Bar, Kaffeerösterei, Patisserie, Gourmet-Bistro, vegetarischem Restaurant, Grillstation, Mozzarella-Bar und vielleicht sogar einer Eisbar, die sich im Winter zum Waffelstand entwickelt. Verabschiedet hat sich das Unternehmen allerdings von den geplanten Gastro-Verkäufen über Durchreichen direkt an der Straße. „Das hätte für zu viel Zugluft im Haus gesorgt“, erklärt Zurheide. Dennoch, das Angebot zielt auch so verstärkt auf die vielen Mitarbeiter der umliegenden Büros. „Wir werden sicherlich mehr Kunden haben als in Reisholz, aber der Umsatz pro Kopf wird geringer sein.“

Die Bandbreite der Waren ist gewaltig. So gibt es Exklusives wie Kobe-Rind für 500 Euro das Kilo, aber auch das gesamte Discounter-Sortiment „zu Aldi-Preisen“ wie Zurheide sagt. Über 100 verschiedene Sorten Kaffee stehen in den Regalen, 40 aus der eigenen Rösterei, für Preise von 3,99 bis 79,90 Euro das Kilo. Die Flasche Wein liegt zwischen 1,29 und 1000 Euro. Züchter — etwa für Mangalica-Schweine — und ein Imker arbeiten zum Teil exklusiv für Zurheide. Aber: Auch die gesamte Palette der Edeka-Eigenmarke Gut&Günstig ist mit 1500 Produkten im Sortiment vertreten. „Von den High-End-Kunden kann man nicht leben. Die ganz exklusiven Produkte werden nur selten verkauft.“

Ein solches Angebot sorgt schon am Mittwoch bei Einzelhändlern an der Oststraße und auch auf dem Carlsplatz für Sorgenfalten. Tatsächlich spricht Zurheide offen von einem Verdrängungswettbewerb, dem man sich immer wieder aufs Neue stellen müsse. „Jede Biene sticht, egal wer da neu hinzukommt.“ Auch Carlsplatz-Kunden würden vor allem im Winter sicher auch mal zu Zurheide gehen. Aber man könne sich auch „gegenseitig bereichern und anständig miteinander leben“, glaubt Zurheide. Sogar Kooperationen kann er sich vorstellen — Gespräche mit der Carlsplatz-Geschäftsführung gab es aber noch nicht.

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