Willkommen in Marokko

Ellerstraße: Buntes Leben, Multi-Kulti, aber auch Schatten. Es ist der Schatten des religiösen Extremismus, des Fundamentalismus: Am Mittwoch beginnt ein Prozess um einen mutmaßlichen Islamisten.

Düsseldorf. Eigentlich fehlt nur die Sonne. Es ist die Kälte, die vielen Marokkaner das Gefühl vermittelt, in der Fremde zu sein. Das Lebensumfeld ist es nicht. Mitten in Düsseldorf, hinter dem Hauptbahnhof, ist es kaum anders, als in einer Seitenstraße von Casablanca oder Rabat.

Also alles Idylle, alles Multi-Kulti? Nicht ganz. Ein dunkler Schatten hat sich in den letzten Jahren über die Ellerstraße gelegt. Es ist der Schatten des religiösen Extremismus, des Fundamentalismus. Es gibt gleich mehrere Moscheen in unmittelbarer Nähe, dazu Koranschulen, in denen schon die Kleinsten im Islam unterrichtet werden. Verschiedene Gruppen sammeln im Viertel Geld - wohin es fließt weiß kaum jemand. 2005 wurden in einem Keller Handgranaten und Sprengstoff für eine Terrorgruppe gelagert.

"Die Marokkaner hier kapseln sich ab, die wollen mit Deutschen nichts zu tun haben. Mich beschimpfen sie auch immer. Ich währe zu deutsch", sagt Bachiri. Der 36-Jährige ist in Duisburg aufgewachsen, spricht mit Ruhrpott-Akzent, ist mit einer Italienerin verheiratet. "Ich komme mit der Mentalität nicht klar. Ich nehme hier schon sehr günstige Preise, aber trotzdem wollen die immer feilschen."

Genau das mag Nancy Velez-Gomez an ihrem Viertel. "Man kann hier in den Geschäften handeln und auch mal anschreiben lassen", sagt die junge Mutter. Das ist die andere Seite von Klein-Marokko. "Es ist ein Stück Heimat", erklärt Friseur Abdelkader Zekhnini. "So was wie hier gibt es sonst nur in Brüssel in der Rue de Bravo."

Student Adil Oufari glaubt den Grund zu kennen, warum die Marokkaner lieber unter sich bleiben. "Die Deutschen sind sehr verschlossen, es ist für uns sehr schwer, uns hier zu integrieren. Außerdem stehen wir Moslems seit dem 11. September unter einem Generalverdacht."

Mustapha Bachiri hat da noch andere Erklärungen. "Die Mentalität verstehe ja nicht mal ich. Wenn man einen Termin für 12 Uhr macht, wird gefragt: Marokkanische Zeit oder Europäische? Marokkanische Zeit heißt dann: ,Ich komme irgendwann.’"

Kaum hat er den Satz ausgesprochen erscheint eine seiner Mitarbeiterinnen zum Dienst. Es ist 12 Uhr marokkanischer Zeit. Und 15.25 Uhr europäischer Zeit. Bachiri ist der Verzweiflung nahe. "Ich glaub, ich zieh’ lieber nach Süditalien."

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