Wer fit sein will, muss leiden: Eine Yogastunde bei 40 Grad

Yoga in seiner heißesten Form: Unser Autor hat an einem Bikram-Kurs teilgenommen.

Wer fit sein will, muss leiden: Eine Yogastunde bei 40 Grad
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Eine richtige Vorstellung von dem, was mich erwartet, habe ich noch nicht, als ich durch die Glastür ins Bikram-Yoga-Studio an der Moltkestraße trete. Alles was ich weiß, ist, dass es heiß wird im Yoga-Raum, dass es keine gewöhnlichen Entspannungsübungen sind, die Bikram-Lehrer Peter Dijkstra den Kursteilnehmern beibringt.

WZ-Autor Nikolas Golsch musste bei 40 Grad Celsius leiden.

WZ-Autor Nikolas Golsch musste bei 40 Grad Celsius leiden.

Foto: Judith Michaelis

„Zieh dich luftig an“, ruft mir Peter noch nach, als ich schon auf dem Weg zu den Umkleiden bin. Eine kurze Sporthose, ein kurzes Shirt — „selbst das wird dir gleich noch zu viel sein“, sagt Dominic, einer derer, die ich in der Umkleide treffe. Auch er ist noch gar nicht so lange dabei, hat einen Gutschein für das Yoga-Studio zu Weihnachten geschenkt bekommen. Es ist seine zwölfte Kursstunde, er geht seit vier Wochen drei Mal die Woche zum Bikram-Yoga. Manchmal auch öfter.

Im Übungsraum angekommen, fühlt es sich erst angenehm an. „Ist ja doch gar nicht so schlimm“, denke ich mir. Ich sollte mich irren. Meine Flasche Apfelschorle habe ich neben die Yogamatte gestellt. „Was ist das denn?“ fragt Peter, nimmt mir die Flasche weg. „Süßkram gibt es hier nicht.“ Er stellt mir eine Flasche Wasser hin, das müsse ausreichen.

Ich bin nicht der einzige Anfänger an diesem Donnerstagabend, unter den 15 Kursteilnehmern sind wir zu fünft. Immerhin. Wir werden zusammen leiden. Schon geht es los, schon stellen sich alle anderen wie selbstverständlich gerade hin, Blick nach vorne, strecken die Hände über den Kopf. Es ist die erste Atemübung des Kurses. Es ist ein ganz bestimmter Rhythmus, den die anderen bereits verinnerlicht zu haben scheinen — beim Einatmen geht der Blick zur Decke, gehen die Hände unters Kinn.

Gar nicht so leicht wie es klingt. Das Ganze geht zehn Minuten so, schier endlos erscheint das, doch nach ein paar Minuten habe auch ich den Rhythmus raus. „Zieh deinen Bauch ein, egal ob du einen hast oder nicht, streck die Brust raus, press deine Beine ganz eng zusammen. Und dann atme einfach nur noch“, sagt Peter zu mir, ich mache, was er sagt. Dann ist die Übung auch schon vorbei.

„Change!“, ruft Peter durch den Saal. Es sind gerade einmal zehn Minuten vergangen, aber schon rinnt mir der Schweiß über die Stirn, schon ist mein Shirt durchnässt. Die 40 Grad Lufttemperatur sind jetzt schon gar nicht mehr so angenehm, wie anfangs gedacht.

Immer neue Übungen zaubert Peter aus dem Hut, immer wieder bringen sich alle schon in Position, bevor er überhaupt den Mund aufgemacht hat — kein Wunder, denn der Kurs verläuft immer gleich. Wirklich immer. „Wir machen immer die gleichen Figuren und Übungen, immer in der gleichen Reihenfolge“, wird mir der Yoga-Lehrer später erklären. Ob das auf Dauer nicht öde wird? „Jede Übung hat einen Anfang, aber keine einzige hat ein Ende“, sagt er.

Jede Übung könne ständig intensiviert werden, ständig länger gehalten werden, immer weiter könne der Geist einer jeden Übung in den Körper vordringen. Denn auch darum geht es beim Bikram-Yoga — um den Körper und den Geist. Peter spricht von einer Umkehr der alltäglichen Dominanz des Geistes. „Normalerweise ist es der Geist, der unseren Körper regiert und bestimmt. Hier wollen wir für 90 Minuten das Gegenteil erreichen“, sagt er.

Mittlerweile ist gut die Hälfte der Kurszeit vorüber, die Hitze wird zunehmend unerträglich. „Wenn du eine Pause brauchst, dann setz dich etwas auf die Knie und atme tief durch“, rät mir Peter und ich bin dankbar — denn ansonsten gehören Verschnaufpausen nicht zum Kursinhalt. Ich tue wie geheißen, mache die nächste Übung nicht mit. Und ich bin damit nicht alleine. Auch die Frau auf der Yogamatte neben mir sitzt schon auf ihren Knien.

Ich werde nicht angetrieben, ich kann selbst entscheiden, wann ich wieder in den Kurs einsteige. Nach ein paar Minuten packt mich dann doch der Ehrgeiz und ich stehe wieder auf, mache wieder mit. Bis zum Schluss werde ich mir noch öfter Ruhepausen nehmen.

Trotzdem bin ich nach 90 Minuten bei mittlerweile 45 Grad und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit am Ende meiner Kräfte. So wie alle, wie ich dann doch mit etwas Erleichterung feststelle. Ich bin nicht alleine. Wieder im Umkleideraum angekommen, gibt es nichts Schöneres als eine kalte Dusche. „So ging es mir auch beim ersten Mal“, sagt Dominic zu mir, der mittlerweile auch in der Kabine angekommen ist. Noch immer sei auch er fertig nach den 90 Minuten, noch immer habe er sich nicht so ganz an die Hitze gewöhnt. „Aber ich merke, dass mir das Yoga gut tut“, sagt er. Er merke es im Rücken und im Nacken, Schmerzen habe er dort seit einem Monat so gut wie nie mehr. „Und ich schlafe auch wesentlich besser“, sagt der 28-jährige Düsseldorfer.

Als ich wieder nach oben komme, wartet Peter am Ausgang schon auf mich. „Gar nicht so übel“, sagt er zu mir, zwinkert mir zu. „Komm wieder, es wird bei jedem Mal leichter gehen“, sagt der gebürtige Niederländer, der seine Yoga-Ausbildung in den USA absolviert hat — bei Bikram Choudhury, dem Erfinder persönlich.

Ob ich wiederkommen werde, weiß ich noch nicht — es war anstrengend, es war echter Sport. Und für all diejenigen, die noch nie zuvor mit Yoga allgemein in Berührung gekommen sind, ist der Einstieg ins Hot Yoga umso schwerer.

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