Wenn Haydn und Jazz sich bestens vertragen

Vier Menschen, vier Streichinstrumente — und plötzlich glüht die Luft, öffnet sich ein Spalt in die höchsten Höhen musischer Inspiration. Es fühlt sich an, als ob jedes einzelne fühlende Wesen in dem Robert-Schumann-Saal für einen kurzen Moment, der doch so lang anzuhalten scheint, zu spüren scheint, dass hier gerade wirklich Bemerkenswertes passiert.

Für diese Augenblicke, in denen der Funke zündet, liebt man Konzerte, für solche Momente — die gar nicht so häufig sind — ist auch das von Publikum und Kritik hochgelobte Quatuor Ebène berühmt. Ob das Quartett nun ihre Zuhörer auch mal mit Jazz überrascht, oder wie in unserem Fall im Presto von Beethovens „Harfenquartett“ Es-Dur op. 74 — es heißt so wegen der Häufung der gezupften Pizzicati im ersten Satz — musikalisches Feuer schürt, die Franzosen wissen zu begeistern.

Pierre Colombet, Gabriel Le Magadure, Raphaël Merlin und seit Ende letzten Jahres die neue Bratschistin Marie Chilemme, die sich aber ganz famos in die Formation fügt, hatten bei ihrem Konzert in der Reihe ErstKlassik! aber noch mehr in petto. Auch Gabriel Fourés letztes Werk, das Streichquartett op. 121, impften sie mit immer wieder aufkeimenden, oft kleinsten, interpretatorischen Brennpunkten. Ohnehin kennzeichnet ihren Ton eine vollmundige, volltönige Expressivität, die aber dennoch über eine überaus breite Palette an Klangfarben verfügt und nie zu dick wirkt. So belebten sie das grüblerische Spätwerk des Franzosen mit kontrastreicher Tongebung und lassen zuvor Joseph Haydns „Quintenquartett“ (op. 76) auch mal über die Stränge schlagen, explodieren, um sofort wieder etwas neckisch zu scherzen. Das wirkt frisch — Haydns Menuetto etwa wird Dank robustem Strich und geschickter Phrasierung zu einem unbändigen Volkstanz.

Da hört man, dass sie auch Jazz im Blut haben. Das gab es dann auch als bravouröse Zugabe mit Miles Davis - „Milestones“ - als Erinnerung einen befreundeten Musiker, der vor „vier Tagen verstorben ist“. Mehr Infos unter smkp.de

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