Wenn die Straßenbahn zur rollenden Sauna wird

In öffentlichen Verkehrsmitteln wird dieser Tage viel geschwitzt. Die Rheinbahn will trotz Beschwerden keine Klimaanlagen nachrüsten, weil das sehr teuer wäre.

Düsseldorf. Die Fahrt mit der Straßenbahn ist in diesen Tagen eine schweißtreibende Angelegenheit. Ein Saunagang auf Gleisen sozusagen. Keiner der 310 Züge verfügt über eine Klimaanlage. Und das soll auch in nächster Zeit so bleiben. "Wir beschäftigen uns zwar mit dem Hitze-Thema. Aber Klimaanlagen als Standard sind noch reine Zukunftsmusik", sagt Rheinbahn-Sprecherin Heike Schuster.

Vor allem wirtschaftliche und ökologische Aspekte werden als Grund aufgeführt. "Es ist nur wenige Wochen im Jahr so heiß wie jetzt. Die schwere Anlage müsste aber ganzjährig mitgeschleppt werden und würde den Energieverbrauch stark erhöhen. Das lohnt sich einfach nicht für uns ", sagt Schuster.

Vor zwei Jahren war diese Investition allerdings bereits fest eingeplant. In den neuen Silberpfeil-Modellen sollte eine Klimaanlage eingebaut werden. Doch Hersteller Siemens machte damals einen Rückzug, nicht die Rheinbahn. Der Einbau hätte pro Bahn satte 350.000 Euro gekostet. Allein bei den 66 Silberpfeilen hätte sich das auf über 20 Millionen Euro summiert.

Den Kunden sind die Geldsummen egal, sie fordern eine Abkühlung, koste es was es wolle. "Ich fühle mich hier wie in einem Viehtransport. Das ist wirklich eine Zumutung", sagt Henriette Schultheis. Die 72-Jährige ist für Arztbesuche und tägliche Besorgungen auf die Bahn angewiesen. Ohne Wasserflasche und Fächer betritt sie zurzeit keinen Zug mehr. "Bei den neuen Bahnen kann man noch nicht einmal die Fenster richtig öffnen."

Auch für Jonathan Feldbusch (29) ist die tägliche Fahrt zur Arbeit eine Qual. Der Bänker kommt mit Anzug und Lederschuhen regelmäßig durchgeschwitzt ins Büro. "Meine Eltern leben in Köln, da gibt es in den Bahnen eine Klimaanlage. Warum geht das nicht in Düsseldorf?" Das fragt sich so mancher Fahrgast, während der Fahrer in seiner Silberpfeil-Kabine einen kühlen Kopf behält - dort vorne arbeitet nämlich eine Klimaanlage.

"Die Bahnen in Köln sind ein anderer Fahrzeugtyp von einem anderen Hersteller", mehr wollte Heike Schuster zu den Kollegen von der KVB nicht sagen. Sie findet die Temperaturen in den Bahnen erträglich. "Dadurch, dass an jeder Haltestelle die Tür aufgeht, kommt frische Luft in den Waggon. Das ist eine andere Situation als im Zug." Auch wegen der Türen lohne sich eine Klimaanlage kaum.

Wer das Schweißbad in der Menge vermeiden will, sollte vielleicht den Bus nehmen. Mit etwas Glück ist der nämlich klimatisiert. Immerhin 120 der 400 Busse haben eine Klimaanlage.

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