Düsseldorf Wenn der Nachbar zum Feind wird

Nachbarn in Wersten streiten sich seit Jahren vor Gericht. Es geht unter anderem um einen rostigen Zaun und zwei Äste einer Esche.

Düsseldorf: Wenn der Nachbar zum Feind wird
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Düsseldorf. Schon lange schwelt der Streit zwischen den Nachbarn, deren Grundstücke in Wersten von einem Gartenzaun getrennt sind. 2013 standen sich die Parteien erstmals im Gericht gegenüber. Damals ging es um ein unerlaubtes Gewerbe, eine Näherei, die im Haus jenseits dieses Zaunes betrieben wurde. Es folgten weitere Auseinandersetzungen am Maschendraht, weitere Verfahren und Wortgefechte vor Gericht. Am Freitag saßen sich die Nachbarn erneut im Gerichtssaal gegenüber. Dieses Mal ging es um den Gartenzaun selbst. Um die Frage, ob er tatsächlich zu rostig war, um nur teilweise repariert zu werden oder komplett auszutauschen war. Und um die Frage, ob sich die Nachbarn an den Kosten des neuen Zaunes beteiligen müssen. Im Dezember 2014 hatte Henning Kroymann den neuen Gartenzaun aufstellen lassen. Angeblich in Absprache mit dem Nachbarn, der laut Kroymann zugesichert hatte, sich an den Kosten in Höhe von rund 1200 Euro zu beteiligen. „Es war alles geklärt“, behauptete der 74-Jährige, der vor Gericht als Anwalt auftrat. Dass der Nachbar nun anderes behaupte, sei schlicht „ein Racheakt“.

Tatsächlich aber war das Gericht in seinem Urteil zu einem anderen Ergebnis gekommen: Es sei nicht festzustellen, dass eine Kompletterneuerung des Zaunes nötig war. Nach Auffassung der Kammer sei eine Reparatur und der Austausch einzelner rostiger Pfosten durchaus möglich gewesen.

Und auch der zweite Zankapfel, Kroymanns Esche, deren Wurzel und Äste über die Grundstücksgrenze zum Nachbarn ragen, wusste die Kammer einzuordnen: Weil die Äste Schatten werfen und die Wurzel den gepflasterten Gehweg des Nachbarn beschädigen, soll Kroymann die Esche vorbehaltlich der Genehmigung des Gartenamts zurückschneiden lassen. Nach einer Ortsbesichtigung im Werstener Garten war ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger für Pflanzen und Bäume zu diesem Ergebnis gekommen.

Das alles ist für Henning Kroymann nicht hinzunehmen. Er ist der Meinung, die Kammer habe bei ihrer Entscheidungsfindung grobe Fehler gemacht: Fotos von dem rostigen und deshalb komplett zu erneuernden Zauns seien aus der Akte verschwunden und deshalb nicht bei der Entscheidung der Kammer berücksichtigt worden. Kroymann ging sogar noch weiter: Die Kammer habe sich geweigert, den Zaun in Augenschein zu nehmen.

Der Vorsitzende Richter des Landgerichts versuchte sichtlich, Fassung zu bewahren: „Ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass wir bei dem Ortstermin gemeinsam am Gartenzaun standen“, sagte er. „Und auch die Fotografien haben vorgelegen und sind berücksichtigt worden.“ Laut Kroymann habe die Kammer auch in Sachen Esche grobe Fehler gemacht: „Laut Baumschutzsatzung darf die Esche gar nicht zurückgeschnitten werden“, sagte er. Der Vorsitzende Richter konterte: „Deshalb steht in dem Urteil auch ,unter Vorbehalt einer Genehmigung’.“

Obwohl der Richter deutlich machte, dass Kroymann keinen Erfolg mit seiner sogenannten Restitionsklage habe, nahm der 74-Jährige die Klage nicht zurück.

Das Gericht wird seine Entscheidung am 12. Juni verkünden. Kroymanns Nachbarn sind nach der Verhandlung erschöpft: „Wenn man so einfach wegziehen könnte, würden wir es tun.“ Laut ihrem Anwalt hat das Gartenamt die Genehmigung zum Rückschnitt - und sogar zum Fällen - der Esche bereits erteilt. Die Entscheidung, ob oder wann zumindest Teile des Baums fallen dürfen, wird ebenfalls ein Gericht treffen müssen. Bis dahin werden sich die Nachbarn noch häufiger im Gerichtssaal und am (nun nicht mehr rostigen) Gartenzaun begegnen.

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