Warum bist du gekommen?

Ein Gedicht von Salah ali Ngab. Auch er gehört zu der Gruppe "Schreiben ohne Grenzen".

Warum bist du gekommen?
Foto: Ersin Dalga

Eine blonde Frau fragte mich
Warum bist du gekommen?

Eine vage Frage
Eine rote Frage
ihre Antwort ist gefährlicher als sie

Warum bist du gekommen?
Ich antwortete: zufällig
Ich kam in diese Welt zum ersten Mal
Zufällig
Der Fluch meines Geburtsortes betraf mich
Meine Hautfarbe und Muttersprache auch
Zufällig
Und hier
Wo die Zugzeiten nur manchmal verfehlen
Und die Armen regelmäßig das Steuergeld erhalten
Und die Leute ihre Freizeit mit Arbeit füllen
Hier
Wo die Leute die Sprache der Rätsel sprechen
Und nur lachen, wenn sie betrunken sind
Ich kam hierher auch
Zufällig
Und zwischen den zwei Zufällen lag die Suche nach einem Vaterland
Das keinen offiziellen Anzug trägt
Und keinen nationalistischen Anzug
Ein Vaterland wie der Traum eines Kindes vom Spielzeug
oder die Lust eines Jugendlichen auf einem Kuss

Ein Vaterland, dessen Namen keine Definition in den Wörterbüchern hat
Ein Vaterland, wo es keine Götter gibt, außer einer Frau voller Sünde
Größer als ein Apfel
Oder eine zügellose Nacht in der Hölle oder dem Himmel

Warum bist du gekommen?
Fragt sie

Ich antwortete
Ich kam auf der Suche nach einem Vaterland, wo nichts verboten ist
Und auch nichts erlaubt ist
Ein Vaterland, wo der Himmel die Köpfe der Kinder berührt
Und wo die Wolken die Herzen der Jungfrauen küssen

Ein Vaterland, wo die Sonne und der Mond
Im Parlament sitzen
Und nur das Licht regiert

Zwischen den zwei Zufällen lebte ich eine vergebliche Zeit
Auf der Suche nach einem Vaterland ohne landschaftliche Höhen
Außer dem Körper einer Frau In dem ich jeden Tag mit Vergnügung ertrinken könnte
Um dann ein verdienstvoller Bürger zu sein
Aber ich entdeckte, dass der Mensch kein Vaterland hat
Außer seinem Mutterleib

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