Vom zwanghaften Drang einer Familie, Kunst zu sammeln

Dan-Georg und Gil Bronner stellen erstmals gemeinsam bei „Philara“ im Großlager an der Birkenstraße aus. Sie zeigen Jorge Castillo und Thomas Musehold.

Vom zwanghaften Drang einer Familie, Kunst zu sammeln
Foto: Susanne Diesner

Die Stiftung Cary und Dan-Georg Bronner fördert zeitgenössische Künstler, unterstützt bis 2020 das Museum Kunstpalast und ist Partner für den Künstleraustausch zwischen Düsseldorf und Tel Aviv. Ihr gehört u. a. die Sammlung Philara mitsamt dem Grundstück an der Birkenstraße 47. Stifter sind Cary und Dan-Georg Bronner, die Eltern von Gil, der das Kunstlager in der Regel bespielt. Diesmal aber darf der Papa mitmischen. Vater und Sohn zeigen die Ausstellung Jorge Castillo & Thomas Musehold.

Vom zwanghaften Drang einer Familie, Kunst zu sammeln
Foto: Melanie Zanin

Dan-Georg Bronner

Erstmals rückt damit Dan-Georg Bronner in den Vordergrund. Er kam 1931 in Mährisch-Ostrau im heutigen Tschechien zur Welt. Im Krieg waren es deutsche Freunde, die der jüdischen Familie das Leben retteten. Über die Ukraine, über Israel, Berlin und Hamburg landete Dan-Georg mit seiner Ehefrau Cary, die aus Israel stammt, in Düsseldorf. Das war 1962, und es ist Gils Geburtsjahr.

Vom Wiedergutmachungsgeld kaufte sich Dan-Georg nicht etwa Kunst, sondern einen VW. Und sammelte Kalenderblätter. Doch im deutschen Wirtschaftswunderland kam er als Architekt groß heraus. An die 100 Häuser hat er gebaut, zunächst für eine Baufirma, bald als selbstständiger Architekt auf eigene Rechnung. Nun konnte er sammeln.

Einer seiner ersten Berater unter den Galeristen war Serge Sabarsky in New York, dem er viele jener 160 George-Grosz-Blätter abkaufte, die zum großen Teil im Museum Kunstpalast ausgestellt wurden. Ein anderer Berater war Heiner Bastian, der ehemalige Privatsekretär von Joseph Beuys und einflussreiche Kurator.

Bronners Düsseldorfer Kunsthändler war sein Freund Wolfgang Wittrock, der von der Steinstraße aus mit Weltkunst handelte, die Sammlung der Deutschen Bank aufbaute und die Kunst auch ans MoMA und die Staatsgalerie Stuttgart vermittelte. Die schönste frühe Papierarbeit von Max Beckmann, wie es Siegfried Gohr beurteilt, kam so in Bronners Besitz.

Der Senior spricht nicht viel über seine Schätze, er habe eine „ziemlich große Sammlung“. Darunter befinden sich einflussreiche Heroen des 20. Jahrhunderts wie Picasso, deutsche Expressionisten, Künstler der Weimarer Republik, Düsseldorfer wie Konrad Klapheck, Günther Uecker und der inzwischen verstorbene Norbert Tadeusz.

Sohn Gil Bronner wuchs wie selbstverständlich in die Kunstszene hinein. „Wir haben ihn in alle Galerien und Museen mitgeschleppt. Der Junge wollte nicht, aber er musste ja mitkommen, sonst wäre er allein zu Hause geblieben. Wir haben ja nur den einen Sohn“, sagt der Vater.

Der Sohn studierte Betriebswirtschaft, ging ins Ausland, wurde Projektentwickler für Immobilien in Leipzig und kehrte zurück an seinen Geburtsort Düsseldorf. Er kaufte Häuser und Bunker in Reisholz, Lierenfeld oder Bilk, in Köln oder Leipzig, und verwandelt sie in Atelierhäuser. Als eine der letzten Großimmobilien kam die ehemalige Glasfabrik Lennarz an der Birkenstraße/Ackerstraße hinzu. Dort ließ er sich vom Architekten Joachim Sieber über die elterliche Stiftung eine multifunktionale Kunstgalerie mit Lager, Archiv und Verwaltung bauen. Denn er ist längst besessen von der Kunst der Gegenwart. In Flingern zeigt er die Spitze vom Eisberg seiner 1300 Bilder und Skulpturen auf 1700 Quadratmetern.

Nun begegnen sich erstmals die Sammlungen von Vater und Sohn. Der Vater zeigt Grafiken und Aquarelle von Jorge Castillo (Jg. 1933). Er gilt als bedeutender spanischer Surrealist und ist möglicherweise der intelligenteste Nachfahr von Picasso. Seine Stärke ist die Grafik. Er baut szenische Bildräume, in die er seine figurativen, sehr abstrahierten Gestalten stellt. Sie handeln von seiner Frau Marienza und seinem Sohn Taggio Metello in faszinierenden Texturen und Schraffuren.

Die architektonische Komponente ist es, die das Werk des Altmeisters mit dem 50 Jahre jüngeren Thomas Musehold verbindet. Auch er ist ein Surrealist, der allerdings mit Fundstücken arbeitet, die er in selbst gebaute oder konzipierte Regale und auf gläserne Podeste stellt. Er verändert etwa eine Madonnenfigur aus Kerzenwachs mit dem Bunsenbrenner, variiert die Materialität einer hölzernen Eule oder eines Bären, indem er das Holz ins flüssige Wachs taucht, um die verfremdeten Objekte zu scannen oder im 3-D-Programm abzuziehen, bis der Ursprung des Objekts unkenntlich wird. Eine Mütze, abgeformt in Silikon, ausgegossen mit Wachs, das sich beim Erkalten zusammenzieht, schließlich mit „Chamäleonlack“ überzogen, ergibt ein zugleich rätselhaftes und schönes Objekt.

Info: Ausstellung Castillo & Musehold, Birkenstraße 47, bis 14. Januar. Donnerstag 16 bis 20 Uhr, Freitag + Samstag 14 und 16 Uhr mit Führung. Sonntag Führungsbeginn 12 und 15 Uhr

www.philara.de

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