Düsseldorf-Oberkassel Vom Traumberuf Pfarrerin

Eine 31-jährige Vikarin will in Zeiten schrumpfender Gemeinden für Kirche begeistern — damit ist sie eine von wenigen.

Düsseldorf-Oberkassel: Vom Traumberuf Pfarrerin
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Christina von Bennigsen-Mackiewicz streicht sich die Haare glatt „Beim Kindergartengottesdienst hat sich ein Mädchen daran zu schaffen gemacht“, sagt sie und lacht. Mit ihren 31 Jahren hat die angehende Pfarrerin schon viel Erfahrung im Umgang mit Kindern gesammelt, nicht nur in der Kirche. Zu Hause warten ihr Sohn Leo (4) und ihre einjährige Tochter Anna auf sie.

Während an Ostern die Auferstehung Jesu Christi, das höchste Fest der Christen, gefeiert wird, plagen die Kirchen Nachwuchssorgen. Bennigsen-Mackiewicz ist Vikarin in der evangelischen Kirchengemeinde Oberkassel und damit eine von nur vier angehenden Pfarrerinnen in Düsseldorf. Bei den Katholiken ist es noch ärger: dort stehen gar keine Priester in den Startlöchern. Für Bennigsen-Mackiewicz sind allerdings selbst die stetig sinken Mitgliederzahlen kein Grund zur Depression. Sie wirbt für ihren Beruf — und will junge Menschen für ein Leben in der Kirchengemeinde begeistern.

An der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal absolvierte Christina von Bennigsen-Mackiewicz ihr Theologie-Grundstudium, in Bonn das Hauptstudium. Jetzt befindet sich die 31-Jährige in der praktischen Ausbildung zur Pfarrerin. Mittlerweile hält sie eigenständig Gottesdienste, Taufen oder auch Beerdigungen in der Auferstehungskirche ab.

Die Entscheidung, Pfarrerin zu werden, traf die gebürtige Neusserin gleich nach dem Abitur. „Ich wusste aber schon viel früher, spätestens während meiner Konfirmandenzeit, dass ich nur das machen möchte“ sagt sie. „Ich hatte einen tollen Pfarrer und in der Schule einen super Reli-Lehrer. Ich habe mich immer mehr für die Thematik interessiert und schließlich beschlossen, dass ich das auch anderen näherbringen will.“

Gleichzeitig hält sie das für die eigentliche Herausforderung ihres Berufsstandes — Menschen in die Kirche zu holen: „Die Gemeindeglieder werden immer weniger und älter, immer weniger Kirchensteuer wird gezahlt. Durch Fusionen von Gemeinden wird dem Rechnung getragen. Das ist für ältere Menschen, die es gewohnt waren, dass sich alles vor ihrer Haustür abspielte, eine große Umstellung“, sagt von Bennigsen-Mackiewicz. Dennoch sei das der einzige Weg, um mit wenig Personal in der Kirche weiterhin gute Angebote anzubieten. „Wenn alle ihr eigenes Süppchen kochen, dann wird es in 20 oder 30 Jahren gar keine Angebote mehr in der Kirche geben und die Häuser werden leer sein.“

Die 31-Jährige versteht es daher als ihre Aufgabe, vor allem mehr junge Menschen in die Kirche zu locken. „Eine Person allein kann das natürlich nicht stemmen. Alle aktiven Menschen in der Gemeinde müssen Offenheit und Lebendigkeit ausstrahlen und auf die Menschen zugehen“, sagt sie. Der evangelischen Kirche gelinge das noch leichter, die Pfarrer und Pfarrerinnen wirkten auf die Menschen nahbarer als Pfarrer der katholischen Kirche. „Evangelische Pfarrer stehen dadurch, dass sie verheiratet sind und Kinder haben, viel mehr im Leben. Und vor allem Mütter fühlen sich von mir als Frau mit zwei Kindern viel besser verstanden. Ich weiß, wie es ist, Beruf, Haushalt und Familie unter einen Hut zu bringen.“

Die 31-Jährige beobachtet, dass der Anteil der Frauen im Vikariat wächst. Die Gruppen in den Seminaren würden aber insgesamt deutlich kleiner. „Nicht nur die katholische Kirche plagen Nachwuchssorgen. Die evangelische Kirche steht vor einer massiven Pensionierungswelle von Pfarrern. Es wird schwierig, diese Stellen alle wieder zu besetzen.“

Aktuell befinden sich bei den Katholiken in Düsseldorf keine neuen Priester in der Ausbildung. „Ich glaube schon, dass die Nachwuchssorgen der katholischen Kirche auch mit dem Zölibat zu tun haben“, sagt die 31-Jährige. Aber auch in der evangelischen Kirche wären junge Menschen immer seltener bereit, sich einer Gemeinde komplett zu verpflichten. „Man ist quasi 24 Stunden ansprechbar, arbeitet am Wochenende, an Feiertagen und, wenn viel los ist, auch mal 55 Stunden in der Woche.“

Für die 31-Jährige ist das kein Problem. „Das macht den Beruf aus“, sagt sie. Ihr Herz schlägt vor allem für die Kinder- und Jugendarbeit. „Man kann Kindern früh von Gott erzählen und ihnen erklären, dass sie nie allein sind. Dass da immer jemand ist, der sie bedingungslos liebt und sie gut findet, so wie sie sind. Das hat mich in meiner Kindheit geprägt, jetzt will ich das weitergeben.“

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