Rheinbahn Vom guten Gefühl, eine Straßenbahn zu fahren

Durch vielbefahrene Straßen lenken die Straßenbahnfahrer ihre Fahrgäste. Die WZ ist einmal im Führerhaus einer 709 mitgefahren.

Rheinbahn: Vom guten Gefühl, eine Straßenbahn zu fahren
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Oberleitungsschaden, Bombenentschärfung und ein Lkw im Gleisbett: Straßenbahnfahrer Jörg Junkermann hat an diesem Morgen schon mit vielen Problemen gekämpft. „Und es ist erst halb neun“, sagt er und lacht. In bester Laune sitzt er im Fahrerhaus der Linie 709 und fährt durch Düsseldorfs Berufsverkehr.

Mit der linken Hand bewegt er den Hebel, der den Zug beschleunigt und abbremst. Rechts liegt der Finger auf der Klingel. Die muss der Fahrer immer wieder nutzen, teils zum Ärger der Fußgänger. „Ich muss alles im Blick haben, Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer“, sagt Junkermann.

Schnell füllt sich der Wagen der Linie 709 mit Fahrgästen. Die vollen Straßen verleiten Autofahrer zu plötzlichen Manövern über die Schienen. „Wir können unsere Spur nun mal nicht wechseln“, scherzt Junkermann, nachdem er abgebremst hat.

Die 709 fährt auf den Vorplatz des Hauptbahnhofes. Die Wartenden laufen kurz vor der Bahn auf ein anderes Gleis, ohne auch nur einen Blick auf die Schienen zu werfen. Jörg Junkermann kennt das gut, 26 Jahre fährt er schon. Er hat eine persönliche Meinung zur Sicherheit: „Es sollte Schilder mit der Aufschrift ,Die Bahn hat Vorrang’ geben. Blinkanlagen finde ich unsinnig.“ Die Düsseldorfer müssten mehr von ihren Smartphones aufschauen und auf den Verkehr achten. Bis zu 9 Stunden geht eine Schicht, ab 4 Uhr morgens fahren die Fahrer raus. Mehrere kürzere Pausen können sie am Ende einer Strecke machen. Teilweise werden sie für eine längere Pause abgelöst. „Es ist wichtig, dass man zwischendurch die Möglichkeit hat, runter zukommen“, sagt Junkermann. Seit 14 Jahren sitzt er im Betriebsrat, trotzdem versucht er häufig selbst zu fahren.

Groß ist der Ärger wenn die Bahn einen Fahrgast stehen lässt. Gerade, wenn dieser gerannt ist. Gerne gibt man dann dem Fahrer die Schuld statt der eigenen Verspätung. Doch können die Fahrer die Türen aus Nettigkeit einfach öffnen? „Ich nehme natürlich jeden mit, den ich mitnehmen kann“, beteuert der Rheinbahner.

Das sei jedoch nicht immer möglich. „Es hängt von der Haltestelle ab.“ Teilweise bekommen die Fahrer ein automatisches Anfahrsignal. Sind die Türen dann bereits geschlossen, können sie diese nicht ohne weiteres wieder öffnen. Auch wenn die Bahn noch kurz stehen bleibt. Außerdem muss der Fahrer abwägen. Hat er die Möglichkeit, noch über eine vielbefahrene Kreuzung zu fahren, würde ein zusätzliches Türöffnen zu einer Verspätung führen. Junkermann schaut auf die Signalanlage und öffnet doch noch mal die Tür für einen herbeieilenden Mann. „Den Herren nehme ich mit, das Risiko gehe ich ein.“

Das Automatisieren der Signalanlagen hat nicht nur Nachteile, ganz im Gegenteil. Teilweise sind in Düsseldorf Beschleunigungsstrecken durch eine Kette von automatischen Signalanlagen entstanden. Der Fahrer bekommt dabei angezeigt, wie schnell er fahren muss.

Außerdem darf er früher und länger als Autofahrer Ampeln passieren. Das sei jedoch an viel zu wenigen Stellen der Fall, beklagt Junkermann. „Düsseldorf ist eine Autostadt.“ Die Modernisierung dauere zu lange.

Am Südfriedhof ist Endstation, nur noch ein schlafender Gast ist in der Bahn verblieben. Nicht weiter schlimm, da es nach einer kurzen Pause wieder in die entgegengesetzte Richtung geht.

Ob seine Arbeit genügend geschätzt wird? Jörg Junkermann überlegt. „Die Fahrgäste sind sehr unterschiedlich. Teilweise werden wir als Prellbock genutzt.“ Doch es gibt auch viele nette Begegnungen. Ein Mann kommt an das Fenster des Fahrerhauses und fragt freundlich nach dem Weg. Jörg Junkermann hilft dann gerne. Ihm macht der Job viel Spaß. „Der Beruf ist voller Verantwortung und man muss technisches Verständnis mitbringen.“ Außerdem sei es einfach ein gutes Gefühl, eine Straßenbahn zu fahren.

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