Volks-Feste ohne Volk: Die ersten Schützen geben auf

Was wird aus den Festen in den Stadtteilen? Das Interesse der Bürger schwindet, neue Konzepte sind dringend gefragt.

Volks-Feste ohne Volk: Die ersten Schützen geben auf
Foto: DY/H.M.

Düsseldorf. Wenn die Schützen zur größten Kirmes am Rhein sonntags über die Königsallee marschierten, drängelten sich die Zuschauer am Straßenrand. Heute rollen Kutschen über einen fast leeren Boulevard, die Kapellen spielen vor allem für ihre Kameraden. Noch trister sieht es in den Stadtteilen aus. Seit Jahren klagen die Vereine über stetig sinkende Besucherzahlen. Es ist kaum noch möglich, eine attraktive Kirmes auf die Beine zu stellen. In Grafenberg wurde nun zum ersten Mal ein Schützenfest abgesagt, weil der Verein die Kosten nicht mehr stemmen kann. Werden in den nächsten Jahren weitere Feste verschwinden?

Britta Damm, die neue Vorsitzende der Interessengemeinschaft Düsseldorfer Schützen, weiß, dass die Situation schwierig ist: „Wir müssen sicherlich etwas tun. In Grafenberg kamen aber neben den finanziellen wohl noch besondere Probleme dazu, da gab es wohl Querelen im Verein.“ Sie will sich in den nächsten Monaten Feste in den verschiedenen Stadtteilen anschauen: „Wir müssen sicher mehr Werbung machen. Klappern gehört zum Handwerk.“

Seit langem gibt es die Idee, Schützenfeste zusammen zu legen. „Das ist eine Entscheidung der Vereine. Da geht es auch darum, die Vielfalt und die Identität zu sichern“, sagt die IGDS-Chefin, „wir können da nur als Vermittler auftreten, langfristig ist es sehr gut vorstellbar, dass sich Vereine zusammenschließen.. Warum nicht, wenn es für alle passt?“

Dabei waren die Grafenberger einen ganz neuen Weg gegangen. Sie hatten ihr Schützenfest, das sonst im September stattfand, mit der Osterkirmes zusammen gelegt. Doch der Mitgliederschwund von 240 auf inzwischen 70 Schützen war nicht zu kompensieren.

„Das hat nicht funktioniert. Die Schützen haben sich in ihr Zelt zurück gezogen und sich auf der Kirmes kaum sehen lassen“, sagt Bruno Schmelter, der 38 Jahre lang Chef der Düsseldorfer Schausteller war und schon lange vor einem Niedergang der kleinen Volksfeste gewarnt hat: „Wir haben zehn Stadtbezirke. Warum macht nicht jeder Bezirk ein Fest mit einer schönen Kirmes, die für Besucher und Schausteller attraktiv ist?“

Solche Sorgen plagen Lothar Inden, den Chef des St. Sebastianus-Schützenveeins, nicht. Mit 1500 Aktiven ist die Mitgliederzahl konstant: „Wir profitieren natürlich von der größten Kirmes am Rhein. Das ist wie die Parade an der Reitallee immer noch ein Highlight“ Doch auch er beklagt das mangelnde Interesse vieler Bürger: „Früher gab es in der Altstadt viele Einzelhändler, die ihre Geschäfte beflaggt und geschmückt haben. Heute sind da fast nur noch Ketten, de kein Interesse mehr am Brauchtum haben.“

Es gebe aber auch grundsätzliche Veränderungen in der Gesellschaft: „Früher war das Familiensache, da waren vom Großvater bis zum Enkel alle im Verein. Das funktioniert nicht mehr. Inzwischen müssen wir uns bemühen, Zugezogene für das Sommerbrauchtum zu begeistern. Aber auch das funktioniert nur, wenn die Familie mitmacht.“

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Korrektur: In einer früheren Version des Textes war von zehn Stadtteilen die Rede - es handelt sich aber um zehn Stadtbezirke.

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