„Voguing“-Kurs: Auf die Ausstrahlung kommt es an

Beim „Voguing“-Kurs lernen die Teilnehmer, sich zu präsentieren, wie sie es wollen.

Düsseldorf. Der Rücken kerzengerade durchgestreckt, den Kopf stolz erhoben, das Körpergewicht auf die Zehenspitzen verlagert, als steckten die Füße in schwindelerregenden Highheels: Was Georgina Philp ihren Schülern zu Beginn des Workshops vormacht, gleicht auf den ersten Blick einem von House-Musik begleiteten Laufstegtraining.

Und so ganz falsch ist dieser Eindruck gar nicht. Denn ebenso wie das Modeln fängt der Tanz, den die jungen Männer und Frauen an diesem Wochenende kennenlernen wollen, mit der richtigen Körperhaltung an. „Voguing“ heißt der extravagante Stil, der nun auch in Düsseldorf für Aufsehen sorgt.

Das beweist das neugierige Publikum, das sich bereits nach Minuten vor dem Kursraum versammelt hat und durch das Fenster verdutzt die linearen, kantigen Bewegungen der Tänzer beobachtet, die sich grundlegend von Stilen wie Hip-Hop oder Ballett unterscheiden.

Voguing, erklärt Philp eingangs, entstand in der afro- und hispanoamerikanischen Schwulenszene im New York der 1960er. „Wenn man damals schwul war und dazu noch Schwarzer oder Latino, hatte man es nicht leicht“, sagt Philp.

Das Voguing bot einen Ausweg aus dem Alltag, man tanzte sich frei von sozialen Fesseln, schlüpfte in jede beliebige Rolle. Diesen Geist versucht die 27-Jährige jetzt ihrem Publikum zu vermitteln. „Es geht darum, euch so zu präsentieren, wie ihr es wollt.“ Dafür bedarf es jedoch zunächst eines Einblicks in grundlegende Bewegungsabläufe.

Wie zum Beispiel das Marschieren. Marschiert wird auf Zehenspitzen im Takt der Musik, erst langsam, dann immer schneller, die Hände parallel zu den Schultern gestreckt, den Blick starr nach vorne gerichtet. Das zieht schon nach kurzer Zeit fies in den Unterschenkeln. „Das ist gut für die Beinmuskulatur“, spornt Philp die Schar an.

Auf imaginären Highheels stöckelnd üben die Tänzer als nächstes den korrekten Gang, laufen nacheinander nach vorne wie Models über den Catwalk. Nur, dass sie statt hoher Absätze Socken oder Turnschuhe, statt Haute Couture bequeme T-Shirts und Leggins tragen.

„Auf Highheels würde das bei mir Vermutlich nicht so gut aussehen“, lacht Lilly Nkongo, die über Freunde vom Voguing erfahren hat. Doch bald gewinnen die Bewegungen und Posen an Präzision und Spannung.

Denise Blasberg kämpft noch mit der richtigen Ausstrahlung, auf die es beim Voguing ankommt. „Man muss ausdrücken: ,Mir ist egal, was alle machen, Hauptsache, ich bin präsent’“, bilanziert die 20-Jährige, die in Philips Voguing-Crew „House of Melody“ tanzt.

Außerdem musste sie sich erst an die femininen Bewegungen gewöhnen, denn eigentlich ist sie im Hip-Hop beheimatet. „Hip-Hop ist viel maskuliner, man imitiert die Bewegungen der Männer. Beim Voguing muss man schön aussehen, das ist eine tolle Abwechslung.“

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