Viva Polonia: Rund 6500 Polen leben und arbeiten in der Stadt

Klischees über Polen gibt es viele. Doch zeigen diese Menschen, dass die meisten dieser Sprüche mehr als überholt sind.

Düsseldorf. Polen sind katholisch und essen gern deftig. Das müssen sie auch, schließlich brauchen sie eine Grundlage, wenn sie sich gegenseitig in ihrer Trinkfestigkeit überbieten. Außerdem lässt wohl kaum jemand gern sein neues Auto vor einer polnischen Kneipe stehen, denn wie heißt es doch immer noch so schön: "Kaum gestohlen, schon in Polen."

Würde man noch tiefer in die Mottenkiste der Klischees und Stereotype greifen, mit Sicherheit kämen darin weit mehr solcher oder ähnlicher Vorurteile zutage. Die sind teilweise amüsant, manchmal auch verletzend, aber eines mit Sicherheit: überholt. Vor allem die jungen Polen sind längst mitten in Europa angekommen, die kulturellen Unterschiede schrumpfen.

Und doch: "Polen denken geschichtlicher als Deutsche und dadurch auch etwas nationaler", meint Andrzej Kolinski vom Polnischen Institut in der Carlstadt. Das Land sei über 100 Jahre geteilt gewesen, erlangte nur in der kurzen Phase zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg seine Unabhängigkeit - um dann bis 1989 unter "die kommunistische Knechtschaft" zu kommen, so Kolinski. "Die Polen haben sich die Demokratie selbst erkämpft und sind daher besonders stolz auf ihre Geschichte."

Wer die besser kennenlernen möchte, ist im Polnischen Institut bestens aufgehoben. Die Einrichtung des polnischen Außenministeriums organisiert Kunstausstellungen, Lesungen, Konferenzen, Schul- und Jugendprojekte. "Wir wollen die gesellschaftspolitischen Veränderungen in Polen seit der Wende kommunizieren. Vor allem viele deutsche Jugendliche haben ein völlig falsches Bild", sagt Kolinski.

Dabei liege die Stärke des Instituts in der hervorragenden Kooperation mit deutschen Partnern. "Seit dem EU-Beitritt Polens ist auch das Interesse der Deutschen an polnischer Kultur gewachsen, das merken wir deutlich."

Kolinski selbst kam fürs Studium nach Deutschland, arbeitet seit 1994 für das Institut. Eigentlich war er schon fast wieder auf dem Weg in die Heimat, blieb dann aber für den Job. "Aber im Alter möchte ich auf jeden Fall zurück", sagt er.

Man muss also nicht unbedingt ins Nachbarland reisen, um ein bisschen polnische Luft zu schnuppern: Rund 6500 Menschen mit polnischer Staatsangehörigkeit leben in Düsseldorf und damit in "Polonia" - so nennen Polen die Gruppe von Menschen, die außerhalb ihres Heimatlandes lebt. Über zwei Drittel der Düsseldorfer Polen sind im Alter zwischen 18 und 45 Jahren.

Eine von ihnen ist Monika Dzemailovski, die mit ihrem Mann ein Lebensmittelgeschäft an der Merowingerstraße betreibt. "Bei uns kommt alles aus Polen", sagt sie. "Sogar die Hühnereier und Grablichter." Selbst Fertigprodukte, die es genau so auch in deutschen Supermärkten gibt, liegen als polnisches Pendant in den Regalen - doch das ist längst nicht alles. Der Laden führt mehr als 30Wodka- und rund 20Biersorten, Gebäck, hergestellt nach Originalrezepten, jede Menge Wurst und Käse.

"Zu uns kommen auch viele deutsche Kunden und wollen zum Beispiel eine Krakauer kaufen", erzählt die Inhaberin, die seit 13 Jahren in Deutschland lebt. "Die staunen dann darüber, wie die wirklich aussieht." Denn mit der Wurst vom Grillstand hat eine echte Krakauer wenig zu tun: Vielmehr handelt es sich um eine fast sechs Zentimeter dicke Räucherwurst, die in Polen vor allem zu Frühstück und Abendessen verzehrt wird.

Vor gut 20 Jahren ist auch Bogdan Klyszcz nach Deutschland gekommen. Bis 1984 hat er in Breslau Medizin studiert und 1988 seine Facharztprüfung gemacht - damals war er der jüngste Gynäkologe in Polen. Er arbeitete fast zehn Jahre lang in verschiedenen Kliniken in NRW, bevor er 1998 eine Praxis am Schadowplatz übernahm. Seine beiden Söhne wurden zwar in Polen geboren, sind aber vollständig in Deutschland verwurzelt. "Wenn wir nach Polen fahren, reichen uns oft schon zwei oder drei Tage- dann wollen wir zurück", erzählt Klyszcz. "Ich selbst hätte inzwischen in meinem Heimatland wahrscheinlich größere Probleme als hier", fügt er hinzu. "Hier sind schließlich mein Haus und meine Familie."

Und die hat in Polen einen sehr hohen Stellenwert. "In unserem Land wird das Familienleben für sehr wichtig erachtet", sagt Klyszcz. "Das ist in Deutschland leider ein bisschen anders." Ansonsten stellt er eher Parallelen zwischen polnischer und deutscher Kultur fest: "Vor allem die gutbürgerliche Küche ist ähnlich, auch wenn die internationale Vielfalt in Deutschland größer ist", meint er. "Und auch sonst haben wir viel gemeinsam."

Mit Vorurteilen gegen seine Nationalität hat Klyszcz übrigens noch nie Schwierigkeiten gehabt, und für die stereotypen Zuschreibungen hat er nur ein Lächeln übrig und kontert mit einer Anekdote gegen allzu eindimensionales Denken: "Vor elf Jahren wurde mir mein Auto tatsächlich einmal in Polen gestohlen", erzählt er. "Und zwar von Ukrainern - und den Wagen habe ich letztlich zurückbekommen."

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