Virtuose mit eigenwilligem Stil

Pianist Lukás Vondrácek war zu Gast bei „Talente entdecken“.

Virtuose mit eigenwilligem Stil
Foto: Irene Kim

Zur neuen Heinersdorff-Konzertreihe „Talente entdecken“ werden junge Pianisten eingeladen, die einen bedeutenden Klavierwettbewerb gewonnen haben. Jetzt kam der junge Tscheche Lukás Vondrácek in den Robert-Schumann-Saal. Er hatte im vergangenen Jahr den 1. Preis beim Wettbewerb „Reine Elisabeth“ in Brüssel ergattert. Nun zeigte er sein großes Können an Werken von Robert Schumann und Johannes Brahms.

Obwohl Vondrácek über ein hohes Maß an Virtuosität verfügt, beginnt er die Klaviersonate C-Dur op. 1 des 18-jährigen Brahms mit einem etwas behäbigen Tempo. Er steigert es aber im Verlauf des Ersten Satzes. Mit der Zeit wird deutlich, dass es zum Interpretations-Stil des Pianisten gehört, schnelle Sätze recht langsam anzufangen, um dann ein umso wirkungsvolleres Accelerando zu gestalten. Besonders auffallend ist das im Finalsatz, „Allegro con fuoco“, mit seinen im furiosen Neunachteltakt dahin stürmenden Terzen, Sexten und Oktaven. Vondrácek lässt sich hier abermals Zeit, um aber gegen Ende des Satzes kräftig aufs Gaspedal zu treten. Das macht dann schon Eindruck, wenn es auch nicht ganz der musikalischen Logik des Satzes entspricht.

Zu den großen Vorzügen des einstigen Wunderkinds, das schon mit acht Jahren öffentlich auftrat und als Teenager mit Stars wie Vladimir Ashkenazy auf dem Podium stand, gehört der volle, warme Klang, den er dem Flügel zu entlocken vermag. Es sind beinahe orchestrale Farbwirkungen, die er an den schwarzen und weißen Tasten erzielt. Sehr hübsch gelingt ihm das in der luftig-leichten Arabeske C-Dur op. 18 von Schumann, die bei Vondrácek nicht einfach nur dahin huscht, sondern auch klangliche Gravität entwickelt.

Jetzt konnte man schon optimistisch sein, dass sich auch Schumanns facettenreicher „Carnaval“ op. 9 bei Vondrácek in guten Händen befindet. Er findet hier zu großem Schattierungsreichtum, auch wenn manche Passage etwas zu aufgedonnert daher kommt. Der Pianist greift gelegentlich so kräftig in die Tasten, dass der Flügel zum Schluss etwas verstimmt klingt. Dann wirkt er wie ein allzu leidenschaftlicher Liebhaber der Musik, der dazu neigt, seine Angebetete unabsichtlich zu erwürgen.

Aber es gibt auch grandiose Momente. Nach der atemberaubenden Schluss-Stretta des Davidsbündler-Marsches, mit denen der „Carnaval“ endet, gab es begeisterten Beifall mit stehenden Ovationen im mittelmäßig besuchten Saal. Vondrácek bedankte sich mit zwei sehr expressiv gespielten Zugaben: dem Intermezzo A-Dur, op. 118 Nr. 2 von Johannes Brahms und der recht umfangreichen Fantasie h-Moll des jungen Alexander Skrjabin.

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