Viele Düsseldorf leiden im Alter an Einsamkeit — und das hat Folgen

Mehr als 60 000 Senioren über 75 Jahre leben in Düsseldorf. Vor allem alleinstehende Männer kapseln sich oft ab. Die Suizidrate ist bei ihnen deutlich erhöht. Für das Sozialamt der Stadt steht fest: Einsamkeit macht krank.

Viele Düsseldorf leiden im Alter an Einsamkeit — und das hat Folgen
Foto: dpa

Düsseldorf. Es sind alarmierende Erkenntnisse, die den Mitgliedern des Sozial- und Gesundheitsausschusses vorgelegt wurden. Nicht Übergewicht, schlechte Ernährung, Zigaretten oder Alkohol drücken die Lebenserwartung von Senioren. Eine Vielzahl von Erkrankungen ist nach Erkenntnissen des Sozialamtes auf Einsamkeit und Isolation zurückzuführen.

Auf eine Anfrage der FDP hatte das Sozialamt die Situation ausführlich dargestellt. Mehr als 62 000 Düsseldorfer sind älter als 75 Jahre, davon rund 37 700 Frauen. Mehr als die Hälfte von ihnen lebt allein. Dagegen sind von den 24 300 Männern dieser Altersgruppe nur etwas über 26 Prozent Singles. Doch die sind besonders gefährdet. Vor allem, wenn die Partnerin stirbt, kapseln sich viele Männer ab.

Das erhöht nicht nur das Risiko für Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auch Sucht, Depressionen und sogar bestimmte Formen von Demenz werden durch Einsamkeit verstärkt. Mit tragischen Folgen: Die Suizidrate von Männern über 80 Jahren ist fünf Mal höher als die der Normalbevölkerung.

Roland Buschhausen, der Leiter des Sozialamtes, kennt das Problem. Altere Damen seien leichter zu erreichen als die Herren. So sind auch fast 80 Prozent der Besucher in den Zentren plus Frauen. Ideen, wie man Senioren frühzeitig einbinden kann, wurden schon umgesetzt. Buschhausen: „Wir versuchen, Düsseldorfer ab 55 Jahren als Ehrenamtliche für unsere Einrichtungen zu gewinnen. Wer in dem Stadtteil eingebunden ist und Kontakte hat, wird später nicht einsam sein.“

Das größere Problem sind die alten Menschen, die keine Familien und Freunde haben. „Wer in einem Sport- oder Schützenverein aktiv war, ist später nur selten isoliert“, weiß der Sozialamtsleiter. Aber es gibt auch Senioren, die überhaupt keine Kontakte mehr haben: „Da sind wir darauf angewiesen, dass sich Nachbarn melden. Oder der Apotheker, der einen Kunden lange nicht gesehen hat.“

Dann werden Mitarbeiter des Bezirkssozialdienstes in Marsch gesetzt, die an den Türen klingeln und helfen, wenn sie feststellen, dass der Kühlschrank leer und die Wohnung in einem katastrophalen Zustand ist.

Allein kann die Stadt das Problem nicht lösen. Inzwischen gibt es verschiedene private Initiativen, mit denen das Sozialamt zusammenarbeitet. Erst Ende vergangener Woche stellte die Bürgerstiftung ihr neues Projekt „Notgroschen für Senioren“ vor. Davon sollen die 9000 alten Menschen profitieren, die nahe an der Armutsgrenze leben (die WZ berichtete).

Hilfen im Alltag bietet zudem die Aktion Herzwerk von Schauspielerin Jenny Jürgens und dem Deutschen Roten Kreuz seit Jahren an. „Im Herbst starten wir mit einem neuen, großen Projekt“, verriet sie der WZ.

Manche Senioren sind allerdings nicht mehr zu erreichen, selbst nicht für die Polizei. So dürfte auf den Enkeltrick eigentlich niemand mehr hereinfallen. Denn die Polizei informiert seit Jahren in Alteneinrichtungen und sogar privaten Kaffeekränzchen über die Masche. „Aber es gibt Senioren, an die wir nicht mehr herankommen“, sagt Polizeisprecherin Susanna Heusgen. Vor allem an die einsamen.

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