Verein hilft psychisch Erkrankten zurück ins Berufsleben

Düsseldorf. Der Stress fing an, als ihr Arbeitgeber in Konkurs ging. Das Unternehmen musste neu aufgebaut werden. Petra Müller (Name von der Redaktion geändert) konnte über ein Jahr keinen Urlaub nehmen, musste an vielen Wochenenden durcharbeiten.

Angst, Panikattacken und ein Ruhepuls von bis zu 170 Schlägen in der Minute wurden zum Alltag. „Ein Jahr später habe ich dann gekündigt, der Stress nahm überhand“, erzählt sie jetzt. Auch ein Arbeitgeberwechsel brachte keine Verbesserung, ein Jahr später wurde ihr dort gekündigt. „Es hat sich langsam eine Angsterkrankung aufgebaut, nicht einmal mehr Autofahren konnte ich.“

Zurück ins Arbeitsleben verhalf ihr der Verein „Arbeit und Integration“, der in diesem Monat sein 15-jähriges Bestehen feiert. 920 Menschen haben seit Gründung an den Rehabilitationskursen teilgenommen, 70 bis 80 Prozent der Teilnehmer wurden in dieser Zeit erfolgreich an einen neuen Arbeitsplatz vermittelt, so die Leiterin Gerda Maibach. „Im letzten Jahr konnten wir sogar 90 Prozent der Menschen vermitteln.“

Voraussetzung für die Maßnahme war zunächst, dass Müller wieder gesund wurde. Erst ging sie dafür sechs Wochen lang in eine ambulante Tagesklinik, später nahm sie an einer sechswöchigen medizinischen Rehabilitation teil. Jeden Tag traf sie sich dort mit anderen Betroffenen in Gesprächsrunden, nahm an Ergotherapien teil, besuchte Konfliktlösungsseminare und lernte Entspannungstechniken. „Die Betreuung war auf jeden Teilnehmer maßgeschneidert“, erzählt sie. Eine psychologische Betreuung fand in Einzelgesprächen statt. Nach der Gesundschreibung folgten die Zusage des Rentenversicherungsträgers sowie zwei Vorstellungsgespräche bei Arbeit und Integration, bis die berufliche Rehabilitation begann. „Das war dann rund ein Jahr nach meiner letzten Beschäftigung“, sagt Müller. Ein Jahr dauerte die Reha insgesamt und beinhaltete vier jeweils dreimonatige Praktika.

Jeden Mittwoch gab es darüber hinaus eine Gesprächsrunde mit etwa zehn weiteren Betroffenen im LVR-Klinikum, erzählt sie.

Die ersten beiden Praktika machte die 40-Jährige in zwei Neusser Sanitätshäusern. „Da ich aus dem kaufmännischen Bereich kam, wollte ich auch wieder in dieser Richtung arbeiten.“ In den nächsten beiden Praktikumsbetrieben bekam Müller dann bereits Jobangebote. Heute arbeitet sie bei einer Vertriebsgesellschaft für Audiovisuelle Kommunikationsmittel in Düsseldorf — ihrem letzten Praktikumsbetrieb. „Es ist eine Vollzeitstelle, die meinen Vorstellungen entsprochen hat. Deswegen habe ich mich für diesen Betrieb entschieden“, sagt sie.

Auf dem Weg zurück ins Arbeitsleben hätten ihr vor allem die Gesprächsrunden am Mittwoch geholfen, so Müller. Neben der Stressbewältigung sei hier jeder Teilnehmer besonders gefordert gewesen, immer mitzuarbeiten und sich einzubringen. „Das Miteinander, vor allem der Austausch und die Anregungen der Anderen waren mir eine große Hilfe.“

Der Job selbst sei meistens kein Problem für die Teilnehmer, erklärt Maibach — viel mehr ginge es um den Umgang mit Stress. Ein Betreuer begleitet die Teilnehmer während der gesamten Dauer der Rehabilitation. Sie kommen mit zu den Vorstellungsgesprächen, zu jedem Praktikum gibt es außerdem ein Zwischen- und ein Endgespräch. „Dieses Behütetsein und Gelenktwerden waren besonders angenehm. Es konnte ja nichts passieren.“

Während der Praktika wurde ihr der Druck genommen, in den Gesprächsrunden haben sie gelernt, mit dem Druck umzugehen, sagt Müller. „Lachen und weinen zu können, ohne ausgelacht zu werden — das war das Wichtigste.“ Heute komme sie wieder prima zurecht, sagt Müller. „Meine Ängste haben sich allesamt aufgelöst.“

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