Düsseldorf Veggi-World: Taschen aus Kork und Spaghetti aus Algen

Auf der Messe Veggie-World geht es gerade um veganes Leben — und nicht nur ums Essen.

Düsseldorf: Veggi-World: Taschen aus Kork und Spaghetti aus Algen
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Hier gibt es vegane türkische Pizza, gegenüber Meeres-Spaghetti aus wildwachsenden Atlantikalgen, zwei Meter weiter Apfelstrudel aus Beeren und Cashew-Sahne — roh, vegan und glutenfrei. Darüber preisen Plakate eine Ausbildung der „Rainbow Way Akademie“ zum Holistischen Lebensberater an. Es ist schon alles ein bisschen abgefahren bei der Messe Veggie-World auf dem Areal Böhler, der größten Verbrauchermesse für den veganen Lebensstil. Wer aber Naturholz-Schlappen und gebatikte Filz-Ponchos erwartet, liegt falsch. Die Messe, die noch Samstag und Sonntag stattfindet, zeigt: Vegan ist längst etwas für Hippies wie Hipster, linke Socke wie strenge Bügelfalte.

Auch weil die Zeiten, als vegane Ersatzprodukte noch die Konsistenz von Fugenkleber und den Geschmack von Nix hatten, vorbei sind. Das weiße Nougat am Stand von Bettina Irmschler schmilzt auf der Zunge, schmeckt sahnig und sündhaft — ist aber mit Rohzucker und Reistrinkpulver fabriziert. Knackig und schokoladig sind die Cookies bei „Vegan-Naschen.de“ — die sogar vegane Hochzeitstorten liefern. Und das Rohkost-Spiegelei des Naturkost-Hotels Harz sieht sogar aus wie Spiegelei: zwei hauchdünne Kohlrabi-Scheiben mit einem rötlichen Klecks aus Cashew, Rote Bete, Avocado und indischem Salz dazwischen.

Täuschend echt wirkt auch die Veganwurst, die Thilo Kagels bei „Wheaty“ in einer Pfanne schwenkt. Vor ihm stehen Probiertellerchen mit Gyros, Kebab und Bauernknacker, auch Grillschnecken, Steaks und Rouladen hat das kleine Familienunternehmen aus der Nähe von Tübingen im Programm — aber alles streng vegan. „Das Kebab kann man toll mit Salat in einen Wrap rollen“, rät Thilo Kagels.

Viel weiter können die Kunden am Stand von Muso Koroni aus Österreich gehen. „Vegane Lebensweise hört ja bei der Ernährung noch lange nicht auf“, sagt Mitarbeiterin Jasmin Schister. Deshalb verkauft die Firma fair gehandelte und vegane Kleidung. „Keine Seide, keine Wolle vom Tier, kein Leder, keine Perlmuttknöpfe“, erklärt Schister. „Wir haben hauptsächlich Bio-Baumwolle.“ Für 44,90 Euro gibt es aber auch ein Langarmshirt aus Eukalyptusfaser, das sehr weich und angeblich extrem schweißableitend ist. Jasmin Schister ist zum dritten Mal bei der Veggie-World dabei und sehr zufrieden mit der Entwicklung: „Die Nachfrage wird immer größer.“

Das glaubt auch Judith Weberstorfer, über deren Kopf ein Herr in Tracht vom Plakat lächelt: „Meine Lederhose trägt noch der Hirsch“. Bei der Firma „Inve“ werden Taschen, Portemonnaies und andere typische Lederwaren nämlich aus Naturkork geschneidert. „Es ist sehr strapazierfähig, hält einiges aus“, verspricht Weberstorfer. Zum Beweis träufelt sie Wasser auf die vegane Tasche, das spurlos abperlt. „Ich könnte das jetzt auch mit Rotwein zeigen!“ Eine große Tasche gibt es ab 89 Euro.

Begeistert ist auch Besucherin Andrea Lagac von den Neuheiten auf der Messe. „Wir waren letztes Jahr schon da, und es entwickelt sich immer weiter“, sagt die 39-Jährige. Sie selbst isst Fleisch, aber eine ihrer Töchter ist Vegetarierin und so hat sie zwangsweise zu experimentieren begonnen. „Inzwischen essen sogar unsere Katzen vegane Würstchen!“ Ermutigt sind auch die 15-jährigen Freundinnen Lea und Selina, die schon Vegetarierinnen sind — und Veganerinnen im Entscheidungsprozess. „Man sieht auf der Messe die Vielfalt und wie einfach es ist, vegan zu leben“, findet Selina.

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