Düsseldorf Uni-Rektorin Steinbeck kündigt Sparkurs an

Uni-Rektorin Anja Steinbeck spricht mit der WZ über anstehende Sparmaßnahmen, eine geplante neue Professur — und wie es ist, die erste Frau an der Spitze der Düsseldorfer Universität zu sein.

Prof. Dr. Anja Steinbeck, Rektorin der Heinrich Heine Universität.

Prof. Dr. Anja Steinbeck, Rektorin der Heinrich Heine Universität.

Frau Steinbeck, am Donnerstag gibt es eine Vollversammlung aller Studierenden, bei der Sie zum Thema Sparmaßnahmen sprechen. Warum muss gespart werden? Wie viel muss gespart werden — und an welchen Stellen?

Anja Steinbeck: Es muss gespart werden, weil die Universität sonst mittelfristig in finanzielle Schwierigkeiten kommen wird — und dies aus zwei Gründen: Zum einen haben wir zahlreiche Baumaßnahmen umgesetzt und hiervon wird nicht alles vom Land refinanziert. Dazu kommt, dass die Kosten für die Instandhaltung steigen und dass die Universität die Bewirtschaftung der Gebäude in vielen Fällen allein stemmen muss. Zum anderen haben wir einen überdehnten Stellenplan. Das heißt, derzeit sind mehr Stellen besetzt als uns vom Land Geld zur Verfügung gestellt wird. Dazu muss gesagt werden, dass die Sparmaßnahmen nicht nächstes Jahr umgesetzt werden müssen. Aber bis zum Jahr 2020, wenn die Mittel für die doppelten Abiturjahrgänge rückläufig sind, sollten wir unseren Haushalt konsolidiert haben. Wir fangen jetzt damit an, damit es später kein böses Erwachen gibt.

Wie viel muss die Universität denn einsparen?

Steinbeck: Wir haben uns im Rektorat vorgenommen, dass wir den gesamten Haushalt in Höhe von 240 Millionen Euro um sechs bis acht Millionen Euro entlasten wollen. Der größte Betrag wird durch die Verringerung von Bauausgaben, aber eben auch durch Verringerung der Personalausgaben erreicht werden müssen. Dies umfasst ausnahmslos alle Bereiche der Universität. In der Verwaltung wird am meisten eingespart werden. Mehr als in der Forschung und Lehre. Aber auch die Fakultäten müssen sparen — und zwar proportional zu ihrer Größe.

Sollen auch Lehrstühle oder Fakultäten eingespart werden?

Steinbeck: Nein, das wird nicht passieren. Wir möchten einen Pool bilden aus wenigen Lehrstühlen, die wir eventuell verschieben von einem Fach in ein anderes Fach. Wenn der eine Bereich schwach ist — sowohl in der Lehre, weil es zu wenig Studierende gibt, als auch im Bereich der Drittmittel — und ein anderer Bereich überlaufen und viele Drittmittel erhält, dann wollen wir eine Professur verschieben können. Aber wir werden keine Professuren einsparen. Und es wird nur in einem ganz geringen Umfang zu Verschiebungen kommen, vielleicht bei drei bis vier Professuren von insgesamt rund 220 Professuren. Angesichts knapper Kassen wird das Einwerben von Drittmitteln für alle Universitäten immer wichtiger. Besonders erfolgreich war man in Düsseldorf bei der Pflanzenforschung.

Welche Chancen sehen Sie, weitere Forschungsschwerpunkte zu etablieren?

Steinbeck: Die Drittmittel für die Pflanzenforschung stammen aus der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. Hier werden wir bis April nächsten Jahres einen neuen Antrag für ein Excellenz-Cluster stellen müssen, um dieses Projekt fortführen zu können. Außerdem werden wir hoffentlich mit weiteren Anträgen ins Rennen gehen. Aber man sollte sich vor Augen führen, dass bundesweit mit 300 Anträgen für 45 bis 50 Exzellenz-Cluster gerechnet wird. Das wird ein harter Wettbewerb. Selbstverständlich möchten wir auch Forschungsschwerpunkte außerhalb der Exzellenz-Initiative stärken und etablieren. Wir haben beispielsweise weitere Forschungsschwerpunkte in der Kardiologie oder der Hepatologie sowie in der Philosophischen Fakultät im Bereich der Linguistik. Außerdem bauen wir bei den Ökonomen und den Juristen die Wettbewerbsforschung aus.

Also wird auch die Philosophische Fakultät gefördert?

Steinbeck: Ja, neben dem schon bestehenden Schwerpunkt in der Linguistik möchten wir ein neues Institut gründen, das sich mit demokratischen Willensbildungsprozessen im Online-Bereich beschäftigt, das Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie. Hier soll verstärkt zum Thema Wahlen und Online-Partizipation geforscht werden. Dieses neue Institut soll fakultätsübergreifend eingerichtet werden. Es beteiligen sich Sozialwissenschaftler, Informatiker, Ökonomen und Juristen.

Auf dem diesjährigen Neujahrsempfang haben Sie angekündigt, dass Sie sich für neue Formate der Vermittlung einsetzen möchten - Gesellschaft und Politik sollen sich stärker mit der Universität verbinden und austauschen. Diese Zusammenarbeit nannten Sie die „Dritte Mission“. Gibt es schon ein solches Format?

Steinbeck: In diesem Bereich sind wir zurzeit sehr aktiv. Die so genannte Dritte Mission gewinnt übrigens an vielen Universitäten an Bedeutung. Wir haben mit dem Haus der Universität am Schadowplatz und Schloss Mickeln sehr schöne und zentral gelegene beziehungsweise gut erreichbare Räumlichkeiten, in denen schon jetzt beinahe täglich Vorträge gehalten werden. Dort wollen wir neue Formate der Bürgeruniversität entwickeln, in denen der Dialog nicht nur in eine Richtung gehen soll. Es sollen also nicht nur ausschließlich Wissenschaftler den Bürgern etwas berichten, sondern auch die Bürger sollen sich aktiv mit Forschungsfragen beschäftigen können.

Wie kann das konkret aussehen?

Steinbeck: Wenn wir etwa an das geplante neue Institut zum Thema Demokratie und Internet denken, so könnten wir zum Thema Internetbeteiligung einen Probelauf starten, indem wir beispielsweise 500 Menschen finden, die eine neue Form der Online-Beteiligung testen. Oder ein Beispiel aus einer anderen Universität: Ein Wissenschaftler hat Bürger um Wasserproben gebeten und so viele Proben aus ganz Deutschland erhalten, wie er mit seinem eigenen Personal gar nicht hätte erlangen können.

Gehören zur „Dritten Mission“ auch mehr politische Veranstaltungen? Die vom AStA organisierte und dann abgesagte Veranstaltung mit Bernd Lucke hat gezeigt, dass in solchen Veranstaltungen auch viel Sprengstoff liegt.

Steinbeck: Rein politische Veranstaltungen führen wir nicht durch. Wir sind als Universitäten verpflichtet, uns politisch und religiös neutral zu verhalten. Wir bieten eine Plattform, aber wir werden uns nicht positionieren. Die Organisation solcher Veranstaltungen kann der AStA übernehmen. Wobei es uns schon gewundert hat, dass die Veranstaltungsabsage so eine Dynamik angenommen hat.

Gibt es Überlegungen, die Veranstaltung nachzuholen?

Steinbeck: Das müsste ebenfalls der AStA machen. Sollte es dazu kommen und sollte der AStA unsere Hilfe anfragen, werden wir weitersehen. Wir haben aus der Debatte gelernt und hätten in diesem Fall ja auch etwas mehr zeitlichen Vorlauf.

Brauchen Sie für solche Veranstaltungen jenseits des üblichen Lehrbetriebs künftig neue Sicherheitskonzepte?

Steinbeck: Ja, mit dem AStA und dem Dezernat für Gebäudemanagement sind wir in Folge der Erfahrungen mit der Lucke-Veranstaltung dabei, neue Sicherheitskonzepte zu erarbeiten. Und wir diskutieren auch darüber, was für uns als Uni personell und finanziell leistbar ist, um die notwendige Sicherheit zu gewährleisten. Wir sind ja keine Veranstaltungsagentur, wir können nicht die allerhöchsten Sicherheitsstandards realisieren. Es wird beispielsweise über Einlasskontrollen nachgedacht, oder ob der Studierendenausweis vorgezeigt werden müsste. Wir werden uns dabei auch von der Polizei beraten lassen. Aber klar ist auch: Wir können keinen Hochsicherheitstrakt installieren.

Könnte Ihnen dabei eventuell auch die Stadt helfen? Wie ist überhaupt das Verhältnis zur Stadt? Wo gibt es Berührungspunkte?

Steinbeck: Natürlich könnte der AStA auch versuchen, Räume bei der Stadt zu bekommen. In diesem Fall müsste die Stadt entscheiden, ob sie die Sicherheit gewährleisten kann. Generell haben wir ein gutes Verhältnis zur Stadt. Ich habe regelmäßigen Kontakt mit Oberbürgermeister Geisel. Sich gut zu kennen, ist hilfreich, wenn man mal kurz etwas absprechen möchte. Aber es gibt auch einige größere gemeinsame Projekte, zum Beispiel die Gründungsförderung. Düsseldorf versucht ja, sich als Start-Up-City noch stärker als bisher zu etablieren. Und die Hochschulen bringen nun mal die Talente, die solche Start-Ups gründen. Auch über die Einrichtung einer Mitarbeiter-Kita sind wir in Gesprächen. Nicht mehr ganz so nah ist das Verhältnis zur FH, die auch ihre Büros auf dem Uni-Campus nach Derendorf verlegt hat.

Wie wirkt sich das auf das Verhältnis aus?

Steinbeck: Ich glaube, die räumliche Nähe ist hier nicht so ausschlaggebend. Erst vor kurzem hatten wir den sehr erfolgreichen Recruiting-Tag in Zusammenarbeit mit der Hochschule Düsseldorf und der IHK. Es wird noch ein bisschen dauern, aber wir werden versuchen, alle staatlichen Hochschulen für gemeinsame Projekte zusammenzubringen. Ein Beispiel: Wenn eine Hochschule versucht, einen Wissenschaftler aus dem Ausland zu gewinnen, ist einiger bürokratischer Aufwand nötig. Es wäre sinnvoll, ein Welcome-Center zu etablieren, auf das alle Hochschulen zurückgreifen können. Man könnte etwa Mitarbeiter einstellen, die ihre Expertise den Wissenschaftler an allen Hochschulen zur Verfügung stellen.

Sie sind von außen an die Uni gekommen. Welche Eigenschaften sollte man mitbringen, um in dem Job erfolgreich zu sein?

Steinbeck: Geduld. Und man muss sich entscheiden: Lässt man alles, wie es ist und fährt einen Harmoniekurs? Oder verändert man etwas und tritt dann zwangsläufig auch Leuten auf die Füße? Es gibt dann immer Gewinner und Verlierer. Bei Gegenwind darf man sich nicht beirren lassen. Man braucht also Geduld, ein dickes Fell und Ausdauer. Man muss immer wieder versuchen, die Kollegen mitzunehmen und von den eigenen Ideen zu überzeugen.

Wenn man neu in eine Hochschule kommt und kein eigenes Netzwerk hat, wie findet man da eigentlich heraus, wem man vertrauen kann?

Steinbeck: Ich finde es eigentlich gut, wenn man von außen kommt und keine Seilschaften oder Verpflichtungen mitbringt. Das Einarbeiten funktioniert dann wie ein Schneeballsystem: In der Findungskommission und in den ersten Gesprächen lernt man schon die eine oder andere Persönlichkeit kennen. Wenn man merkt, dass die Chemie stimmt, dann fragt man denjenigen um Rat, ob er jemanden empfehlen kann. Und so geht es dann immer weiter. Da muss man sich vortasten und auf das Bauchgefühl verlassen.

Wie ist es als Rektorin in einer Hochschule, die auch immer noch als Männerdomäne gilt? Merken Sie, dass da noch Vorbehalte gibt?

Steinbeck: Die Frage ist schwierig. Die Situationen, bei denen ich gedacht habe: Zu dieser Reaktion kommt es jetzt nur, weil ich eine Frau bin, sind selten. Aber hin und wieder merke ich schon, dass Männer Probleme mit Frauen in Führungspositionen haben.

Wie äußert sich das?

Steinbeck: Etwa wenn ihnen jemand mit einer gewissen Ironie begegnet. Oder wenn die Tonlage signalisiert: „Na, Mädchen, kriegst du das hin?“ Aber das waren Externe, innerhalb der Uni ist das noch nie vorgekommen. Ich glaube, insgesamt ist das heute kein großes Thema mehr im Hochschulmanagement.

Beeinflussen solche Fragen die Wahl Ihrer Kleidung? Sie haben ja einen sehr weiblichen Stil. Machen Sie sich Gedanken, was andere darüber sagen könnten?

Steinbeck: Ich hatte schon immer einen sehr ähnlichen Kleidungsstil. Ich habe den nie stark verändert. Das einzige, was ich gemacht habe: Ich habe zwei Röcke länger machen lassen.

Wie kriegt man Familie und Spitzenjob unter einen Hut?

Steinbeck: Mein älterer Sohn hat gerade Abitur gemacht, der andere ist in der zehnten Klasse. Das Amt, das ich jetzt inne habe, hätte ich mit kleinen Kindern nicht ausüben können. Es gibt viele Veranstaltungen in den frühen Abendstunden, also genau in der Zeit des „Zu-Bett-Gehens“. Dann hätte ich meine Kinder zu wenig gesehen.

Bleiben Sie weiter in Ratingen wohnen?

Steinbeck: Wir werden im Juli nach Düsseldorf ziehen, nach Oberkassel. Ich finde es wichtig, näher an der Uni zu wohnen.

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