Unfruchtbar durch Krebs – und trotzdem Mutter

Anna Kern ist die erste Frau in Deutschland, die trotz Chemo und Bestrahlung auf künstlichem Weg schwanger wurde.

Düsseldorf. Krebs. Als Anna Kern die Diagnose erhielt, prasselten viele Gedanken auf sie ein. Ihre Familienplanung war keiner dieser Gedanken. Allerdings dachten ihre Ärzte in der Düsseldorfer Uni-Klinik daran. Denn die Therapie schädigt oftmals die weiblichen Keimzellen, Frauen werden unfruchtbar.

Anna Kern entschied sich für eine Eizellen-Entnahme vor der Krebsbehandlung. Jetzt ist sie die erste Frau Deutschlands, die nach ihrer Genesung durch künstliche Befruchtung schwanger wurde - und ist überglücklich über ihre sechs Monate alte Josephine.

Im September 2007 wurde bei Anna Kern ein Vulva-Karzinom festgestellt. "Dass die Therapie alle Eizellen zerstören würde, war von vornherein klar", sagt Prof. Dr. Jan Krüssel, Leiter des Uni-Kinderwunschzentrums UniKid.

Da der Tumor aber nicht hormonell aktiv war, konnten die Ärzte vor Chemo und Bestrahlung eine Hormontherapie vornehmen. Acht Eizellen wurden Anna Kern entnommen, mit Sperma ihres Mannes Sascha befruchtet und eingefroren.

Ein Jahr lang lag Josephine sozusagen auf Eis - bei minus 196 Grad. "Wir haben dann auf die Abschlussuntersuchung gewartet, um endlich loszulegen", sagt Anna Kern. Im September 2008 gaben die Ärzte grünes Licht: Die heute 35-Jährige hatte den Krebs besiegt. Nur einen Monat später ließ sie sich zwei Eizellen einpflanzen. Die Erfolgschancen liegen gerade einmal bei 30 Prozent. "Aber hier hat es bei der ersten Behandlung geklappt", sagt Krüssel.

"Dass man bei einer Krebsdiagnose an die Familienplanung denkt, ist neu", sagt der Uni-Professor. Auch Anna Kern wäre wohl ohne Beratung nicht auf diese Idee gekommen. "In so einem Moment überschlagen sich die Ereignisse ja", berichtet sie. Aber sie ist froh, dass die Uni-Klinik sie auf die Möglichkeit der Eizellen-Entnahme hingewiesen hat.

"In den meisten Fällen reicht die Zeit dazu", sagt Krüssel. Er schätzt, dass allein an der Düsseldorfer Uni-Klinik im Jahr 100 Frauen auf diese Weise geholfen werden könnte. Sechs Patientinnen, die nach einer Krebsbehandlung auf künstlichem Wege schwanger werden möchten, betreut er derzeit.

Vorerst hat die kleine Josephine Pionierstatus - als erstes Baby einer durch die Chemo-Therapie unfruchtbaren Mutter in Deutschland. Für ihre Eltern ist sie ohnehin ein Wunder. "Wir sehen so positiv in die Zukunft", sagt Anna Kern. "Der Krebs - das ist für mich schon Geschichte." Und so plant die junge Familie bereits weiter Richtung Zukunft: Sechs befruchtete Eizellen des Paares liegen noch auf Eis. Im Sommer wollen sie es erneut versuchen - und Josephine möglichst ein Schwesterchen schenken.

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