Düsseldorf Über den Dächern von Henkel

Exklusive Führung in der Konzernzentrale und Produktion in Holthausen beeindruckt die WZ-Leser.

WZ-Leserführung in der Waschmittelproduktion von Henkel.

WZ-Leserführung in der Waschmittelproduktion von Henkel.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Dagmar Angele kennt sich bestens aus auf diesen immerhin fast 1,5 Quadratkilometern in Holthausen. Hier befindet sich die Konzernzentrale von Henkel. Und es ist auch immer noch der größte europäische Produktionsstandort des Düsseldorfer Unternehmens. Angele führt ausgewählte Besuchergruppen über das Gelände. Jetzt hatten auch 20 WZ-Leser die exklusive Gelegenheit, sich Werk und Produktion anzuschauen. Eine Ausnahme, denn Führungen für normale Besucher gibt es sonst nur noch einmal im Jahr im Rahmen der „Langen Nacht der Industrie“. Ein Grund dafür sind die Sicherheitsvorkehrungen.

WZ-Leserführung in der Waschmittelproduktion von Henkel.

WZ-Leserführung in der Waschmittelproduktion von Henkel.

„Es wird anstrengend“, kündigt Dagmar Angele unserer Gruppe an und eilt flott vom Haupteingang an der Henkelstraße („Tor 1“) über das Gelände. Abrupt bleibt sie an der „Persiluhr“ stehen. „Wissen Sie, dass es die Dame in Weiß auch in Wirklichkeit gab?“ Die Rede ist von der ersten Werbefigur Henkels für das Waschmittel Persil, das 1907 erstmals hergestellt wurde. Die Dame mit strahlend weißem Kleid und Hut sei die Verlobte des Malers gewesen, verrät Angele. Und ein WZ-Leser aus Wuppertal bedauert, dass in seiner Stadt die Persiluhr abgebaut worden ist.

WZ-Leserführung bei Henkel
39 Bilder

WZ-Leserführung bei Henkel

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Weiter geht es über die „Silikatstraße“. Denn auch auf dem Gelände haben die Straßen und manche Gebäude Namen, die mit der über 140-jährigen Firmengeschichte verknüpft sind. Unsere Gruppe muss nun erst mal mit den Sicherheitsbestimmungen vertraut gemacht werden. Felix Sobotka übernimmt das. Er ist der Leiter der Wasch- und Reinigungsmittelproduktion in Düsseldorf. Der Wirtschaftsingenieur arbeitet seit zehn Jahren für das Unternehmen, war auch schon am Produktionsstandort Serbien im Einsatz. Jetzt ist er verantwortlich für die Produktion von Waschmittelpulver, Megaperls, flüssigen Waschmitteln, Weichspülern, Geschirrspülmitteln und Tabs.

Für die Menge der Tagesproduktion erklärt er: „Stellt man die Paletten nebeneinander, würden sie eine sieben Kilometer lange Strecke bilden.“ Das tun sie natürlich nicht. Die für den Handel fertigen Paletten werden von den Produktionshallen auf kürzestem Weg ins Zentrallager transportiert. Alles vollautomatisch. Mit 90 000 Paletten sind die Kapazitätsgrenzen hier aber erreicht und deshalb erweitert Henkel zurzeit dieses Lager.

Auch diese Baustelle sehen die WZ-Leser. Sie sind alle übrigens zum ersten Mal auf dem Henkel-Gelände. Die Schuhgröße mussten sie bereits vorab bei der Anmeldung angeben. Jetzt wissen sie warum: Der weitere Rundgang darf nur mit rutschfesten Sicherheitsschuhen fortgesetzt werden. Die Schuhe werden schnell geschnürt, jeder muss eine gelbe Warnweste anziehen und in der Halle später auch eine Sicherheitsbrille.

Dann gibt Sobotka eine Kurzeinweisung „Arbeitssicherheit für Besucher“. Die meisten Unfälle würden auf Treppen passieren, sagt er, und bittet eindringlich, bei der weiteren Betriebsbesichtigung unbedingt die Handläufe zu nutzen. Dann noch ein letzter Hinweis, wie man sich bei einem möglichen Alarm verhalten soll. Doch Sobotka beruhigt. „Keine Panik, bleiben Sie dann ruhig, ich würde sie in diesem Fall zu unserem Sammelpunkt führen.“ Jetzt aber übernimmt erst mal Dagmar Angele wieder die Führung.

Es geht hoch hinaus auf das Dach der Produktionshalle, in der die Megaperls-Waschmittel hergestellt und verpackt werden. Sieben Etagen geht es hoch mit dem Aufzug. 41 Meter sind so leicht geschafft, die letzten 19 Meter treppauf auch. Immer am Handlauf, die Gruppe hält sich an die Anweisungen. Und wird auf dem Dach mit einem tollen Rundblick belohnt.

Im Süden erkennt man sogar den Kölner Dom, aus dieser Henkel-Perspektive mit nur einer Spitze. Ein Blick Richtung Neuss und Dagmar Angele macht die Umrisse der dortigen Ski-Halle aus. Dann aber konzentrieren sich ihre Informationen wieder auf das Henkel-Werk. Der kurze Weg zum Rhein wird deutlich, dort im 3,5 Kilometer entfernten Reisholzer Hafen werden die Rohstoffe umweltfreundlich per Schiff angeliefert. Mal über-, mal unterirdisch gelangen sie durch eine Pipeline aufs Werksgelände.

Das Gebäude der Werksfeuerwehr ist ebenso zu sehen wie das Gebäude der Beauty-Care-Forschung. Da gibt es sogar einen Frisörsalon, in dem die Produkte getestet werden. „Für diesen Testsalon melden sich viele Verbraucher aus dem Umkreis“, erklärt Angele. 800 Frauen und Männer testen zudem zu Hause die Produkte für den Konzern.

Vom Dach aus sieht man auch die Schornsteine des werkseigenen Kraftwerks. Mit dem Strom der hier aus Erdgas, Erdöl und Kohle erzeugt wird, könnte man eine Stadt in der Größe von Koblenz versorgen. Im Norden sieht man die Ikea-Filiale an der A 46. Das Grundstück gehört ebenfalls Henkel, Ikea hat es gepachtet.

Man könnte noch stundenlang die Aussicht auf dem Henkel-Dach genießen. Hier ist auch kurz Zeit für ein Gruppenfoto zu Füßen des rot-weißen Henkel-Ovals. Dann geht es wieder hinab. Und nun ergreift wieder Felix Sobotka das Mikrofon. Es geht in die Produktionshalle für die Flüssigwaschmittel.

Heute werden hier die Spee-Flaschen abgefüllt. In rasendem Tempo werden die transparenten leeren Plastikflaschen von einem Silo auf die Förderbänder gebracht. Nur drei, vier Mitarbeiter sind zu sehen. Sie kontrollieren die Abfüllung, entnehmen Flaschen für die regelmäßigen Proben. Sie wechseln die Banderolen mit den Etikettierungen aus, sorgen für ständigen Nachschub bei den Kartons, in die sechs Flaschen gepackt werden. Die Kartons gehen dann auf die Paletten und automatisch ins Zentrallager. Hier bleiben sie manchmal weniger als einen Tag, bevor es weiter zum Kunden und damit in den Handel geht.

Die Automatisierung ist enorm. Aber Sobotka betont, dass der Großteil seiner Mitarbeiter mindestens eine dreijährige technische Ausbildung absolviert haben. Es sind unter anderem Industriemechaniker, Elektrotechniker und auch Schlosser. Sie alle müssen die Maschinen nicht nur bedienen, sondern auch reparieren können. „Die Elektronik wird immer wichtiger“, sagt Sobotka, „aber das echte Schrauben gibt es auch noch.“

Doch immer mehr Aktionen laufen digital ab. So vergleicht der Produktionsleiter jede einzelne abgefüllte Waschmittelflasche mit „einem Modell auf dem Laufsteg“. Denn alle werden fotografiert. Das ist eine Qualitätskontrolle, bei der festgestellt wird, ob das Etikett auf der Flasche keine Blase hat und die Verschraubung dicht ist. „Hat das Etikett beispielsweise eine Falte, wird sie automatisch ausgeschleust und anschließend korrigiert,“ sagt Sobotka. Alle Qualitätskontrollen werden digital festgehalten.

Die Führung ist vorbei. Felix Sobotka bedankt sich bei den WZ-Lesern, dass sie alle Regeln eingehalten haben. Und die WZ-Leser ihrerseits? Sie sind einfach nur beeindruckt von diesem Ausflug in die moderne industrielle Arbeitswelt. „Ich habe beruflich früher etliche hundert Arbeitsstätten gesehen, aber das heute hat mein Wissen erweitert“, bekennt Manfred Dreisbach. Auch Ella Kolar ist begeistert und fasziniert über die „präzisen Abläufe trotz der großen Automatisierung“. „Man kommt so selten in Fabriken hinein“, sagt Frank Brennecke, nun könne er die Produktion viel besser nachvollziehen. Angesichts des Duftes, den er die letzten Stunden in Holthausen geschnuppert hat, ergänzt er schmunzelnd: „Es riecht hier so lecker.“ Und Elke Giesen bekennt zum Abschluss: „Für mich war die Führung wie eine Sendung mit der Maus.“

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