U-Bahn-Bauer lässt die Kälte kalt

Den Bauarbeitern bereitet der Frost keine Probleme. Die Archäologen leiden dafür umso mehr unter der Kälte.

Düsseldorf. Während Tief Daisy knackig kalte Polarluft in die Stadt treibt, sind die Arbeiten an der Wehrhahn-Linie wieder aufgenommen worden. Nach Entfernen der eingeschneiten Schutzplane war schnell klar: Die Tunnelbohrmaschine hat Montagestopp und Kälteeinbruch gut überstanden, es musste noch nicht einmal etwas enteist werden. Der Zusammenbau der Maschine geht ohne Unterbrechung weiter. Eine kältebedingte Auszeit lässt der enge Terminplan beim Bau der U-Bahn auch gar nicht zu.

Für die Arbeiter um Bauleiter Benno Ferrière stellt der Kälteeinbruch kein Problem dar: "Das ist nichts Spektakuläres für uns. Es gibt eh kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung", sagt der Bauleiter. Normale Winterkleidung reicht den Männern vom Bau, um nicht zu frieren. Besondere Wärmepausen sind nicht vorgesehen und beim Gedanken an Heizpilze auf seiner Baustelle muss Ferrière lachen.

Auch Gerd Wittkötter, Projektleiter der Wehrhahn-Linie, kann die Kälte nicht erschrecken. Warum auch? "Minusgrade sind kein Grund, die Bauarbeiten einzustellen", sagt er.

Für Wittkötter ist das bautechnische Highlight 2010 die Untertunnelung des denkmalgeschützten Kaufhofgebäudes an der Kö.

Dann wird es sogar richtig kalt, denn dafür muss erst einmal der Boden unter dem Kaufhof vereist werden. Vom Schacht am Corneliusplatz aus werden Rohre in den Untergrund getrieben, in denen auf minus 35 Grad gekühltes Solwasser zirkuliert. Das Grundwasser unter dem Kaufhof gefriert an den ringförmig angelegten Rohren. "Dieser Eispanzer bildet das Gerüst, aus dem wir den Boden herausholen können", sagt der Bauingenieur.

Der Eisring leitet nämlich das Gewicht des über ihm liegenden Kaufhofs ab. "Denken Sie mal an eine Eierschale, die ist auch dünn und hält großen Belastungen aufgrund ihrer Form stand", erklärt Witttkötter das Prinzip. Auch Münchens Marienplatz und Berlins Vorzeige-Boulevard Unter den Linden wurden auf diese Weise untertunnelt.

Was für den einen zwingende Voraussetzung ist, macht die Arbeit für die anderen unglaublich schwer. Wenn der Boden tief gefroren ist, können die Archäologen der Wehrhahn-Linie mit dem Handspatel nicht weiter arbeiten.

Von Cornelius- bis Graf-Adolf-Platz erstreckt sich der Bereich der Bodendenkmäler, um die sie sich kümmern. Grabungskoordinator Andreas Kupka sitzt an der Schnittstelle zwischen Stadt, Baufirmen und dem Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege. "Mit Indiana Jones oder Lara Croft hat unsere Arbeit nichts zu tun", räumt er gleich mit romantischen Vorstellungen auf. Gerade im Winter kann das Leben eines Archäologen ziemlich hart sein. "Wenn wir auf der Baustelle sind, sind wir auch Bauarbeiter", sagt er.

Eine Extrabehandlung erhalten sie nicht, ebenso wenig Schlechtwettergeld. "Für unsere Zeichner ist es sehr schwierig, bei Minusgraden oder Regen die Funde zu dokumentieren." Das Problem: Mit zittrigen Händen und klammen Fingern lassen sich diese nur schwer zeichnen.

Wenn es regnet, wird auf gummiertem Millimeterpapier weiter gezeichnet. "Leider können wir nicht sagen, wir verzichten die nächsten drei Monate darauf zu graben", sagt Archäologin Iris Reuter angesichts der frostigen Temperaturen. Denn der U-Bahnbau wartet nicht auf die Archäologen.

"Wenn es ganz dicke kommt, helfen gegen die Kälte nur noch Skiunterwäsche und drei übereinander getragene Pullover." Und öfter mal eine Pause machen, zum Aufwärmen. Im Moment arbeitet Iris Reuter aber an der Inventarliste der Fundstücke - zum Glück in einem beheizten Container.

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