U-Bahn-Ärger im gebeutelten Viertel

Manes Meckenstock gibt sein „Haus der Freude“ auf, Anwohner und Geschäftsleute sind genervt von den Baustellen.

Düsseldorf. Vom Flachdach hinter seinem "Haus der Freude" aus zeigt Manes Meckenstock in die Riesen-Baugrube. "Das war mal meine Terrasse. Und auf der anderen Straßenseite gab es 350 Parkplätze." Szenenwechsel: Im Keller des Hauses ziehen sich lange Risse quer über die Wände der Kegelbahn, Putz bröckelt ab. "Immer öfter sagen uns Gruppen ab - wegen des U-Bahn-Baus", sagt Meckenstock. Jetzt hat er die Nase voll: Aschermittwoch soll sein Lokal an der Bilker Allee schließen.

Ganz klar: Baulärm nervt. Zwei Vorstellungen musste der Kabarettist im "Haus der Freude" schon abbrechen, weil die Bauarbeiter vor der Tür das Geschehen im Saal übertönten. Alle Gäste bekamen ihren Eintritt zurück. Dennoch: "Von Oktober bis Dezember sind wir jeden Abend voll gewesen", berichtet Meckenstock zufrieden. "Die Weihnachtsfeiern boomen."

Sein Problem sind eher die jetzt fehlenden Parkplätze für Besucher aus den umliegenden Städten. Und die fehlende Terrasse. "Eine Terrasse rettet einen Gastronomen im Sommer", sagt er. Und gerade im Viertel sitze ab dem 1. April quasi niemand mehr in geschlossenen Räumen. In diesem Sommer sei der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um glatte 50Prozent zurückgegangen. Geld, das die bescheidene Entschädigung der Stadt nicht einmal ansatzweise aufgefangen habe.

"Dass die Baustelle direkt vor die Tür kommt, wusste ich nicht, als ich den Mietvertrag unterschrieben habe", sagt Meckenstock. Nun laufe der Vertrag ohnehin zum 30. April aus - und so will er als Rheinländer stilecht mit dem Hoppeditz sein Lokal beerdigen. "Ob ich an Aschermittwoch dann hier zusammenbreche, weiß ich nicht", sagt er. "Es steckt ja nicht nur viel, viel Geld drin - sondern auch Herzblut."

Der U-Bahn-Bau - das Viertel zwischen Bilker Bahnhof und Kirchplatz lebt inzwischen mit ihm. Aber es leidet auch. Claudia Seidler etwa steht an der Straßenbahnhaltestelle Elisabethstraße und überlegt, wie sie am besten auf den Kirchplatz kommt: "Die Baustelle sieht ständig anders aus, man verliert völlig die Orientierung", beklagt die Frau. Tatsächlich verändert sich die Wegeführung an Kirchplatz, Elisabethstraße und Fürstenwall fast täglich.

Das spüren vor allem Geschäftsleute. Denn viele Läden sind zurzeit nur über Holzbrücken zu erreichen, die zwischenzeitlich auch mal gesperrt werden. Der Laden von Bäcker Wolff war zwei Wochen lang komplett durch eine riesige Bauplane von der Außenwelt isoliert.

Die Inhaber reagieren darauf mit unterschiedlichen Mitteln: bemühen sich - meist erfolglos - um Entschädigung durch die Stadt, entlassen Mitarbeiter oder holen ihre Kunden teilweise zu Hause ab. Zu dieser Methode greift Friseur Ralf Schmidt, dessen Laden zurzeit fast hinter der Baustelle verschwindet: "Ältere Kundinnen mit Rollator bringe ich mit dem Auto her, damit sie mir nicht ganz abspringen", sagt der Unternehmer. Er spricht von einem Umsatzminus von 25 Prozent in den vergangenen drei Monaten.

Optiker Christian Restoueix steht zurzeit 60 Stunden die Woche in seinem Laden, weil er seine Kollegin hat entlassen müssen, nachdem viele Kunden weggeblieben waren. Wie viele andere bemängelt auch er die Organisation der Baustelle: "Die machen um 16 Uhr Feierabend, so zieht sich das in die Länge."

Thomas Vogel, Inhaber der Apotheke am Fürstenwall bezeichnet die Situation als "ziemliche Katastrophe". Die direkte Verbindung von der Bahnhaltestelle zu ihm ist unterbrochen, dadurch dass der Bürgersteig auf seiner Seite gesperrt ist. Die Umsätze seien kontinuierlich gesunken, er hat bei der Stadt Entschädigung beantragt: "Die Reaktion hat mich sehr geärgert." Weil die Baustelle nicht bis vor seine Tür geht, habe die Stadt geantwortet, er sei nicht direkt betroffen. Thomas Vogel: "Wenigstens ein bisschen Entgegenkommen hätte ich mir gewünscht."

Für Manes Meckenstock steht fest: "Ich liebe diese Stadt und bleibe ihr treu." Auch von seiner Idee, Gastronomie und Theater zu verbinden, will er nicht abrücken. In Ruhe will er jetzt ein neues Lokal für sich suchen. "Aber Parkplätze und eine Terrasse muss es haben", sagt er. Und weitab der Wehrhahn-Linie gelegen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort