Düsseldorf „Tschüss Oberkassel“ sagt die Rheinbahn

Mit einem kleinen Festakt nimmt das Unternehmen nach 121 Jahren Abschied aus Oberkassel.

Düsseldorf: „Tschüss Oberkassel“ sagt die Rheinbahn
Foto: Judith Michaelis/Rheinbahn

Düsseldorf. In vier Wochen verlässt die Rheinbahn Oberkassel und zieht mit 400 Mitarbeitern in die neue Hauptverwaltung auf dem Betriebsgelände in Lierenfeld. „Tschüss Oberkassel“ steht auf einem Wagen, der in der Gleisschleife an der Hansaallee abgestellt ist. Etwas simpel sind die Scheiben mit den Kopien alter Fotos beklebt. Eine Erfolgsgeschichte geht damit eher auf bescheidene Weise zu Ende. Zum Servus trafen sich lediglich Michael Clausecker und Klaus Klar vom Vorstand sowie Bezirksbürgermeister Rolf Tups und seine Stellvertreter. Kein Volksfest, nichts.

Die Rheinische Bahngesellschaft betrieb jahrzehntelang eine Geschäftspolitik, die weit mehr war als die heutige Betreuung der Bevölkerung mit Bahnen und Bussen. Selbstbewusste und kluge Strategen wie Heinrich Lueg, Franz Haniel, Friedrich Vohwinkel und August Bagel hoben sie aus der Taufe. Mit sechs Millionen Mark Gründungskapital diktierten sie den Stadtvätern anno 1896 ins Handelsregister nicht nur den Betrieb von Eisenbahnen (Straßenbahnen kamen erst 1921 hinzu), sondern die Entwicklung eines Imperiums. Sie waren Immobilienhändler, Verkehrsmanager und Stadtentwickler zugleich.

Ihr erstes Ziel war der Bau der Oberkasseler Brücke, deren Brückenzoll lukrativ war. Nun konnten sie das linksrheinische Düsseldorf erschließen, mit Heerdt als neuem Industriestandort und Oberkassel als neuem Stadtteil. Die Brücke wurde 1898 eingeweiht. Prompt rollte die erste Schnellbahn Europas mit 40 Stundenkilometer über die Oberkasseler Brücke nach Krefeld. 1920 beförderte sie schon 16 Millionen Menschen.

Die Rheinbahn kaufte den ortsansässigen Bauern ihre Grundstücke ab und ließ die prächtige Zeile der Jugendstilhäuser errichten. An der Hansaallee, wo heute Fotokünstler wie Andreas Gursky, Thomas Ruff und Axel Hütte sitzen, betrieb sie ihr eigenes Elektrizitätswerk und verkaufte Energie an Dritte.

Auch das war noch nicht alles. Mit dem Bau von Ziegeleien auf dem lehmhaltigen Boden erschloss sich die Firma weitere Einnahmequellen. Alle Häusle-Bauern mussten bei ihnen ihr Material kaufen. Das „Geschäftsmodell habe gut funktioniert“, wie es Vorstandssprecher Michael Clausecker nannte.

Es mutet wie ein Märchen an, dass die Rheinbahn 1927 den Düsseldorfer Flughafen pachtete, um ihn mit der Stadt zu betreiben. Generaldirektor Max Schwab hatte bereits 1926 die Deutsche Lufthansa gegründet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte die Rheinbahn erst 1971 zur Hansaallee zurück und baute mit viel Beton. Das Haus mit dem gesamten Areal ist längst verkauft, zum Wohle von Oberkassel, wie Clausecker betonte. Denn das Gebiet rund um die Hansaallee und den Belsenpark boomt. „Wir schieben auch die jetzige Entwicklung an“, meinte er.

Geblieben sind die Gleise mitsamt der Gleisschleife, die zu Kirmes-Zeiten wichtig ist. Hinzugekommen sind die Schulden, denn die Stadttochter deckt die Kosten nur noch zu 80 Prozent. Immerhin hofft Clausecker, dass sein Personal (2800 Beschäftigte) wie Oberkassel nun auch Lierenfeld beflügeln werde. Die Immobilienpreise in der Umgebung seien jedenfalls schon gestiegen.

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