Vor 100 Jahren wurde Theodor Andresen geboren. Er widersetzte sich den Nazis, wurde exekutiert. Seine Enkelin schildert das Schicksal ihres Opas und ihrer Familie.

Das Hochzeitsfoto von Theodor und Maria Andresen aus dem Jahr 1928. Der Bauunternehmer aus Gerresheim schloss sich der Aktion Rheinland an und wurde von fanatischen Nazis am Tag der Befreiung Düsseldorfs ermordet.
PrivatDas Hochzeitsfoto von Theodor und Maria Andresen aus dem Jahr 1928. Der Bauunternehmer aus Gerresheim schloss sich der Aktion Rheinland an und wurde von fanatischen Nazis am Tag der Befreiung Düsseldorfs ermordet.
Seine Familie, die am Morgen des 16. April 1945 mit Theodor Andresen am Frühstückstisch saß, war vollkommen ahnungslos. Tochter Marianne, damals 17 Jahre alt, erinnert sich: "Ich kam vom Einkaufen und erzählte, dass sie beim Bäcker sagten, die Amerikaner stünden schon in Unterbach. Da stand mein Vater abrupt auf und sagte, er müsse jetzt gehen." Niemand am Tisch ahnte, dass sie ihn nicht mehr lebend wiedersehen würden. Der Gerresheimer war erst kurz vor den dramatischen Ereignissen am 16. und 17. April, von Aloys Odenthal in die Widerstands-Gruppe um Dr. August Wiedenhofen einbezogen worden.
Den Architekten Odenthal und den Bauunternehmer Andresen verband neben der beruflichn Beziehung eine tiefe Ablehnung des NS-Regimes. Andresen war 1943 schwer krank von der Ostfront heimgekehrt und stand noch unter dem Eindruck der erlebten Gräuel. Nachdem man den ganzen Tag auf die Rückkehr des Vaters gewartet hatte, klingelte am Abend ein Bruder Odenthals. Es sei "etwas passiert".
Als Tochter Marianne vom Tod ihres Vaters erfuhr, brach sie zusammen
Ungefähr um diese Zeit wurden in einer Schule an der Stoffeler Straße schon die Todesurteile gefällt. Tochter Marianne schwang sich nach einer Nacht, "von der ich nicht mehr weiß, wie wir sie rumgebracht haben", am Morgen aufs Fahrrad und eilte durch die zerstörte Stadt zur Kanzlei von August Wiedenhofen. Dass Düsseldorf inzwischen befreit und der Krieg in der Stadt aus war, hatte für sie in diesem Moment keine Bedeutung.
Als sie von Odenthal erfuhr, dass ihr Vater tot sei, brach sie zusammen. "Für uns war die Welt zu Ende." Erst nach und nach hörte die Familie von den Geschehnissen des 16. April. Wie der Vater und seine Gefährten mit vorgehaltener Waffe den SS-Brigadeführer August Korreng im Polizeipräsidium in eine Zelle gesperrt haben und dort Wache hielten. Dass es einen Verräter gab und kein Entkommen für die fünf Männer. Dass Andresen entsetzlich gequält wurde, bevor man ihn bei Nacht und Nebel an der Färberstraße erschoss.
Die Familie wurde noch nach dem Krieg als "Verräter" beschimpft
Und noch etwas mussten Maria Andresen und ihre vier Kinder später schmerzlich erfahren: Dass es nicht nur keine Unterstützung oder Trost für sie gab, sondern dass es noch lange nach 1945 viele waren, die den Mann und Vater für einen "Vaterlandsverräter" hielten und dies auch ohne Scheu auf der Straße äußerten. Auch von den Überlebenden fühlte sich die Familie im Stich gelassen. "Nie hat jemand mit uns geredet oder sich um uns gekümmert. Warum haben wir keine Antworten bekommen?", fragt Marianne Neumann sich noch heute.
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