Thema "Junge Macher": Auf das Image kommt es an

Düsseldorf ist immer noch der Standort für Mode, Werbung und Consulting – das ist aber kein Selbstläufer für die Zukunft.

Düsseldorf. Als Sandra Dhingra (35) nach Düsseldorf kam, war sie enttäuscht. Mode, die ihr gefiel, noch dazu zu halbwegs günstigen Preisen, fand sie nicht. Die dynamische Modestadt entpuppte sich als starres Gebilde, das sich viel auf seinen guten Namen und reichlich angestaubte Modemessen einbildete. Die Jungen und Kreativen, die Inspiration waren in Berlin. "Aber dann dachte ich mir, hier kannst du noch was bewegen", sagt Dhingra heute.

Mittlerweile hat sie zwei Läden in Unterbilk und Flingern, in denen sie Mode verkauft, die sie mag. "Ich habe meine Nische zwischen Kö und Kitsch gefunden." Kleidsam heißen ihre Geschäfte, der Name ist Programm und das Geschäft geht gut. Was auch am Standort liegt: "Besonders in Flingern herrscht noch Aufbruchstimmung, hier gibt es noch Leute, die versuchen mit einem Existenzgründerkredit etwas zu bewegen." Sie liebe den spannenden Mix aus etabliert und neu, aus "T-Shirt-Bedrucker und Nobel-Restaurant".

Ein Selbstläufer sei das allerdings nicht. "Noch geht es nach oben", findet Dhingra, "ob das in zehn Jahren auch noch so ist?" Jede Bewegung erzeuge immer eine Gegenbewegung und eine Stadt werde durch eine lebendige Subkultur erst lebenswert und spannend. "Was ist denn mit Monkey’s Island oder der Tonhallen-Terrasse? Einfach weg."

Genau das habe Düsseldorf aber ausgemacht. So etwas wie die Arcaden in Bilk sei beliebig, "wir brauchen in Zukunft mehr Freiraum für Individualität". Und noch etwas sei wichtig, damit die Stadt für ihre Einwohner attraktiv bleibe: "Es muss mehr Geld für Soziales ausgegeben werden und nicht Millionen für eine U-Bahn."

Sebastian Schäfer ist Consultant, mit 35 Jahren jüngster Partner bei Kienbaum, und hätte sich seinen Arbeitsstandort aussuchen können. Berlin, Frankfurt, Stuttgart oder München. "Ich liebe die kurzen Wege, in einer Großstadt wie Düsseldorf wird das Dorf noch groß geschrieben", sagt Schäfer. Soll heißen: Top-Infrastruktur, ein Flughafen fast in der Stadt, der kurze Draht zu allen wichtigen Kunden aus der Industrie. "Und die perfekte Verbindung aus Arbeit und Freizeit."

Düsseldorf habe noch ein Macher-Image, was es leicht mache, als Personalberater geeignete Kandidaten für Düsseldorf zu finden. "Die Stadt ist für Arbeitgeber ein Pfund, mit dem sie wuchern können." In seiner Branche genieße die Stadt einen hervorragenden Ruf. Damit dies auch künftig so bleibe, müsse sie an ihrem Macher-Image festhalten. "Macher werden positiv gesehen, abwarten sieht keine Branche gern."

Bisher sei es der städtischen Wirtschaftsförderung gut gelungen, Unternehmen am Standort zu halten oder neu anzusiedeln. Was auch damit zu tun habe, dass bisher Entscheidungen relativ rasch getroffen wurden. "Das muss in den kommenden Jahren so bleiben." Wenn jeder Schritt lang und breit diskutiert werde, könne man den Macher-Bonus leicht aufs Spiel setzen.

Für Christoph Pietsch (24) ist weniger das Macher-Image entscheidend. "Düsseldorf hat sich in den 70er Jahren seinen Ruf als Werbehauptstadt erkämpft." Der Werber arbeitet im Grey-Hauptquartier am Derendorfer Platz der Ideen. Ein guter Ruf aus der Vergangenheit sei aber keine Garantie für die Gegenwart und für die Zukunft. "Mittlerweile gilt Hamburg mit seinen Agenturen als der kreative Hotspot." Aus Düsseldorf käme eher effiziente und erfolgreiche Werbung.

Was ein wenig nach Werbung von und für Kreativ-Beamte klingt, ist in absoluten Zahlen immer noch top (siehe Kasten). "Viele Unternehmen setzen auf Sicherheit und da geht an Düsseldorf kein Weg vorbei." Viele Trends kämen immer noch aus Düsseldorf. "Die Stadt muss aber aufpassen, dass ihr in Sachen Werbung nicht dasselbe passiert wie etwa in Mode oder Kunst" - da lebe sie von ihrem verblassten Ruhm vergangener Tage.

Seine Vision: Die Stadt muss ihre Stärken weiter ausbauen. "Sie ist facettenreich, sportbegeistert und bietet auch kulturell einiges." Ein gutes Beispiel für die Stadt der Zukunft sei der Platz der Ideen, wo die Grey-Werber ihre Zentrale haben. Das sei absolut zukunftsweisend für eine schnelllebige Branche: "Ein tolles Angebot für Arbeitnehmer, so etwas müsste es viel mehr geben."

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