Düsseldorf Thema Darmkrebs: „Sie merken den Krebs nicht“

Dr. Michael Birkenfeld, Oberarzt der Inneren im St. Vinzenz-Krankenhaus, über die Risiken von Darmkrebs.

Düsseldorf: Thema Darmkrebs: „Sie merken den Krebs nicht“
Foto: Michaelis

Düsseldorf. Auch wenn die Technologie zum Erkennen und Behandeln von Darmkrebs immer besser wird, gehen viele zu spät oder gar nicht zur Vorsorge. Wird die Krankheit zu spät entdeckt, ist die Behandlung schwierig. Oberarzt Dr. Michael Birkenfeld, Oberarzt der Inneren medizin im St. Vinzenz-Krankenhaus, erklärt im WZ-Interview, worauf zu achten ist. Am Wochenende gab es zu dem Thema schon eine Info-Aktion auf dem Schadowplatz.

Herr Birkenfeld, was versteht man eigentlich unter Darmkrebs?

Michael Birkenfeld: Darmkrebs ist eine Tumorerkrankung, die die zweit- bzw. dritthäufigste Tumorerkrankung heutzutage darstellt und die unerkannt definitiv zum Tode führt. Das heißt, sie metastasiert mit Lebermetastasen und Lymphknotenmetastasen. Dann ist die Therapie relativ schwierig. Unser Anliegen ist es, die Vorstufen zu finden, die gutartig sind. Sie müssen gefunden und entfernt werden, damit das Risiko, dass daraus Darmkrebs entsteht, nicht mehr existiert.

Wie wichtig ist Vorsorge?

Birkenfeld: Sehr wichtig. Sie ist nicht im Bewusstsein, da man sich nicht mit der Krankheit beschäftigt, wenn man gesund ist. Gesundheit wird dann zu einem Luxusartikel, wenn man sie nicht mehr hat. Die Menschen haben eher Geld oder Interesse für ein Konzert oder eine teure Eintrittskarte für ein Fußballspiel, als für die Darmspiegelung. Ich habe da vollstes Verständnis für. Aber durch die Möglichkeiten, die man mit einem Stuhltest oder einer Darmspiegelung hat, kann man sich für zehn Jahre eine Sicherheit suchen, so dass man das Konzert oder das Fußballspiel sorgenfrei genießen kann.

Wieso wird Darmkrebs oft unterschätzt?

Birkenfeld: Weil Sie es nicht merken. Wenn Sie warten, bis Sie durch den Tumor Beschwerden bekommen, dann ist es meistens schon so fortgeschritten, dass Sie erstens um eine Operation nicht herum kommen und zweitens um eine Chemotherapie im Anschluss. Sie merken den Krebs nicht, wenn Sie nicht vorher danach suchen. Blut im Stuhl gehört immer abgeklärt. Sobald man einmal Blut im Stuhl hatte, egal wie alt man ist, gehört der Tumor ausgeschlossen. Auch ein 30 oder 35-Jähriger kann schon Darmkrebs bekommen. Es ist wichtig, auf Veränderungen im Stuhlverhalten zu achten. Beispielsweise wenn man plötzlich Verstopfung hat, oder weicher und fester Stuhlgang sich abwechseln. Wenn sich etwas verändert, lassen Sie es rechtzeitig untersuchen.

Wann sollte man zur Vorsorge gehen?

Birkenfeld: Die reine Vorsorge wird von den Krankenkassen ab dem 55. Lebensjahr bezahlt. Deshalb sollte man auch selbst darauf achten. Ich habe auch 35-jährige Patienten. Wenn die bis 55 gewartet hätten, dann wären sie jetzt nicht mehr am Leben. Die Untersuchung bei Blut im Stuhl ist unabhängig von der Vorsorge eine Leistung, die die Kasse bezahlt.

Unter welchen Umständen sollte man schon früher zur Vorsorge gehen?

Birkenfeld: Wenn man ein Familienmitglied ersten Grades hat, das die Krankheit hat, sollte man zehn Jahre vor der Erstdiagnose zur Vorsorge gehen. Das heißt, wenn ein Familienmitglied mit 45 die Diagnose bekommen hat, dann sollte man mit 35 zur Erstvorsorge gehen. Diese wird dann ebenfalls von der Kasse bezahlt.

Wie sieht die Vorsorge aus?

Birkenfeld: Das Wichtigste bei einer Darmspiegelung ist die Vorbereitung seitens des Patienten. Sie müssen den Darm am Vortag mittels einer Trinklösung komplett reinigen und damit entleeren. Manche zahlen dafür im Umfang einer Entschlackungskur sogar viel Geld. Je sauberer Sie sind, desto besser kann ich Veränderungen am Gewebe erkennen. Die Prozedur ist vollkommen harmlos und man braucht keine Angst davor zu haben.

Welche Rolle spielt mein Lebensstil bei Darmkrebs?

Birkenfeld: Man hat nur einen geringen Einfluss, aber man hat ihn. Man kann durch seine Lebensgewohnheiten das Risiko nicht ausschalten, aber es verringern. Risiken sind Rauchen, Alkohol oder fleischhaltige Ernährung. Auch ein Veganer ist davor nicht sicher, aber sicherer. Die Ess- und Lebensgewohnheiten spielen eine große Rolle. Aber auch körperliche Fitness und Sport. Also der Phlegmatiker, der etwas übergewichtig ist und abends auf dem Sofa nach dem Steak noch die Chipstüte in der Hand hat, hat ein deutlich höheres Risiko als jemand, der ein bis zwei Mal pro Woche laufen geht, nicht raucht und keinen Alkohol trinkt. Eine mediterrane Ernährung, ausgewogen zwischen Fleisch, Fisch und Gemüse ist das Richtige. Je gesünder der Körper, desto stärker ist das Immunsystem, das dafür zuständig ist, Tumorzellen zu entdecken und abzubauen.

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