Termin beim Männerversteher

Beim Frisör spielen Herren meist die zweite Geige. Es sei denn, sie haben einen Termin in der Männerschutzzone von Gregor Haas.

Düssledorf. Herrenfrisör oder Männerfrisör? Weiß ich auch nicht genau, meint Gregor Haas, der seit Februar in Flingern einen Frisörsalon ausschließlich für Männer/Herren betreibt. Seine Kunden freuen sich über dieses Refugium, in der sie das dürfen, was sie ohnehin am liebsten machen: im Mittelpunkt stehen. Ein Gespräch über Männer vor Spiegeln, kurze Haare und gefärbte Wimpern.

WZ: Herr Haas, schenken Sie uns zu Beginn eine gute Nachricht. Wie lange müssen wir noch mit Beckham-Irokesen oder farbigen Fransen im Nacken leben?

Gregor Haas: Ich schätze ungefähr ein Jahr wird es dauern, dann sieht man die nicht mehr. Frisuren folgen der Mode - und die wird meist in den USA gemacht. Schon jetzt sind die neuen Haarschnitte in entsprechenden Zeitschriften zu sehen. Bis sie in Düsseldorf ankommen, dauert es noch ein bisschen.

WZ: Und was blüht uns dann?

Haas: Keine Sorge, der nächste Trend sind wieder Businessfrisuren, wie sie beispielsweise George Clooney, Matt Damon oder Brat Pitt tragen. Links oder rechts gescheitelt und akkurat geschnitten.

WZ: Da werden sich aber die Herren freuen, die bis jetzt nicht so konnten, wie sie gern würden.

Haas: In der Tat bestimmt bei Männern häufig immer noch der Beruf die Frisur.

WZ: Komisch, und wir dachten, das macht Frau oder Freundin . . .

Haas: Ganz so ist das nicht, viele Männer haben längst ein Gespür für Mode und Trends entwickelt und wissen auch sehr genau, was sie wollen. Zumal sich ja die Kosmetik-Industrie mit Schwung auf den gepflegten Mann stürzt. Es gibt aber natürlich immer noch Männer, die ihre bessere Hälfte mit zu mir in den Salon bringen. Da habe ich dann das Gefühl, dass ich die Frauen berate und nicht die Männer.

WZ: Also doch! Wie viel Arbeit müssen Sie an der Basis leisten?

Haas: Das hängt immer vom jeweiligen Typen ab. Manche Männer sind schon ziemlich beratungsresistent. Frauen sind oft spontaner. Männer überlegen sich eine neue Frisur oder Haarfarbe sehr genau. ,Nicht heute’ höre ich ganz oft. Nach dem zweiten oder dritten Besuch entscheiden sie sich dann für einen anderen Style.

WZ: Etwa, wenn Sie ihnen vorschlagen, doch mal Wimpern oder Augenbrauen zu färben.

Haas: Sie werden sich wundern, wie viele Männer froh über einen solchen Vorschlag sind. In gemischten Salons würden viele von ihnen so was glatt ablehnen. Bei mir sind sie viel offener, weil hier eben nur Männer bedient werden.

WZ: Männer und Frauen passen salontechnisch nicht zusammen?

Haas: Wenn Sie so wollen. In manchen Salons werden Männer als Kunden ja überhaupt nicht richtig ernst genommen.

WZ: Da werden einige Herren triumphierend mit der Zeitung wedeln . . .

Haas: Wobei das hat sicherlich zunächst mal wirtschaftliche Gründe hat. Mit Frauenschnitten lässt sich mehr Geld verdienen. Oft werden Männer mehr oder weniger nebenher bedient. Dabei sind Herrenfrisuren meiner Ansicht nach viel anspruchsvoller.

WZ: Das müssen Sie uns erklären.

Haas: Meist sind es ja Kurzhaarschnitte, und die sind handwerklich viel anspruchsvoller zu schneiden als Langhaarfrisuren. Bei denen merken Sie es manchmal noch nicht mal, dass sie jemand geschnitten hat. Ich mag den hohen Anspruch, bei Männern ist jeder Schnitt eine Herausforderung. Kurzhaarschnitte verzeihen keine Fehler.

WZ: Ist nicht ein reiner Herrensalon auch eine Herausforderung - nur vom Kranzschnitt für neun Euro können Sie wohl kaum leben.

Haas: Ich gebe mir ein Jahr, um zu schauen, ob ich mit meinem Salon nur für Männer über die Runden komme. Bis jetzt läuft es sehr gut. Wenn es so bleibt, bin ich sehr zufrieden. Im Übrigen: Auch Kranzschnitte für neun Euro haben ihre Berechtigung. Auch wenig Haar will geschnitten werden.

WZ: Aber das Klischee will, dass der Hafen viel besser wäre - mehr Style, coole Leute und die ganzen Werbe- und Medienleutchen . . .

Haas: Der Hafen ist zu hip und für mich als Frisör zu unbelebt. Flingern ist für mich der bessere Standort. Hier wird gearbeitet und gelebt. Die Leute sind offen und gehen auf einen zu. Ich hatte schon ganz viele Menschen aus dem Stadtteil bei mir im Salon, die nur mal schauen wollten und mich für die schöne Einrichtung loben. Frauen übrigens auch. Ein älterer Herr stand vor ein paar Wochen bei mir im Salon und meinte, er hätte mich jetzt eine ganze Weile lang beobachtet. Jeder, der bei mir aus dem Salon käme, hätte eine ganz vernünftige Frisur, genau so wie sie sein sollte. Jetzt wolle er mich auch mal ausprobieren. Mittlerweile war er schon zweimal bei mir.

WZ: Haben Sie ihm auch empfohlen, die Wimpern zu färben?

Haas: Natürlich nicht. So etwas muss schon zum jeweiligen Typen passen. Das gilt übrigens für jede Frisur. Sie muss zum Kopf, zur Person und zum erwähnten Beruf passen - sonst hat das alles keinen Zweck.

WZ: Apropos. Welche Frage ist bei Ihnen zwecklos?

Haas: Die nach einer Dauerwelle für Männer. Die würde ich im Leben nicht machen - und biete sie auch nicht an. Zum Glück wurde ich schon lange nicht mehr danach gefragt.

WZ: Was trinken die Herren bei Ihnen am ehesten, Prosecco oder doch lieber Kaffee?

Haas: Das hängt ganz von der Tageszeit ab. Tagsüber mache ich viel Latte Macchiato. Gegen Abend darf es auch ein Whisky oder Cognac sein. Außerdem habe ich einen Humidor mit Zigarren und Zigarillos. Mann bleibt eben doch Mann.

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