Tausche Reparatur gegen Frikos

Bei Düsseltausch machen schon 173 Bürger mit. Bezahlt wird mit „Danke schöns“.

Düsseldorf. „Ich bin in den Miesen“, sagt Karin Schindehütte beim Monatstreffen von „Düsseltausch“ im Pfarrsaal von St. Josef in Unterrath. Um ihr Konto wieder auszugleichen, hat sie sich etwas Kreatives einfallen lassen: Sie bezahlt einfach mit Frikadellen und Trödel. Was bei jedem Kreditinstitut mindestens Kopfschütteln auslösen würde, ist bei „Düsseltausch“ sogar erwünscht. Denn hier werden Waren und Dienstleistungen nicht verkauft, sondern getauscht.

Nach dem Motto: Schneidest du meine Hecke, backe ich den Kuchen für Omas Geburtstag. So bekommt jeder die Hilfe, die er braucht. Und da Zeit Geld ist, wird nur der Zeitaufwand mit der Vereinswährung „Danke Schön“ entlohnt. Eine Stunde Auto reparieren kostet genauso viel, wie eine Stunde Gesellschaft leisten. Oder Wäsche waschen. Oder Socken stopfen.

Die Liste der Angebote ist so lang wie die Fähigkeiten der Teilnehmer vielfältig sind. „Ich arbeite zum Beispiel im Büro und kenne mich ziemlich gut mit Computern aus“, sagt Karin Schindehütte. Deshalb bietet sie in ihrem Portfolio lieber etwas an, das ihr privat mehr Spaß bereitet: Malern und Tapezieren.

„Das Ganze funktioniert wie eine erweiterte Nachbarschaftshilfe“, sagt Erika Bosch, die jeden Gedanken an eine versteckte Kapitalismuskritik weit von sich weist. Mit 173 Mitgliedern ist die Nachbarschaft dabei ziemlich groß geraten. Unter den Teilnehmern sind Architekten und Rechtsanwälte genauso wie Handwerker und Hartz IV-Empfänger.

Bosch kam zum Tauschring, weil sie sich als alleinerziehende Mutter den teuren Babysitter nicht leisten konnte. Die Kinder sind zwar längst aus dem Haus, bei „Düsseltausch“ ist Erika Bosch aber immer noch. Und ihre Tochter inzwischen auch. Denn der Tauschring hat noch einen anderen großen Vorteil: „Das ist einfach ein schöner, großer Freundeskreis“, sagt sie.

Bei dem immer mehr Menschen mitmachen wollen. Im Hinterzimmer füllen ein Dutzend Bewerber Mitgliedschaftsformulare aus. Nicht alle, weil sie so gern unter Leute kommen. Einige sind aus purer Not dabei. „Hier können auch Menschen ohne Geld Sachen tauschen oder reparieren lassen — das ist das tolle daran“, sagt Karin Schindehütte. Und selbst, wenn sie wenig anzubieten haben — nicht jeder kann einen Mixer reparieren oder einen Nagel in die Wand schlagen — irgendetwas findet sich immer, das sie einbringen können.

„Ich hatte einmal ein Vorgespräch mit einem Philosophen, der sokratische Gespräche anbot“, sagt Erika Bosch. Auf die Frage, ob er auch etwas Nützliches anbieten könne, sagte der ganz empört: „Aber das ist doch nützlich“. Natürlich wurde auch er aufgenommen.

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