Berufsberatung Berufsberatung: „Studium ist nicht immer der Königsweg“

Thorsten Schumacher leitet die Berufsberatung der Agentur für Arbeit. Im Interview erklärt er, worauf es bei der Berufswahl ankommt.

Berufsberatung: Berufsberatung: „Studium ist nicht immer der Königsweg“
Foto: dpa

Herr Schumacher, die Agentur für Arbeit nutzt kreative Möglichkeiten, um Auszubildende zu finden. Wie viele Stellen sind denn momentan frei in Düsseldorf?

Thorsten Schumacher: Bereits jetzt wurden uns 2400 Ausbildungsstellen für das kommende Ausbildungsjahr gemeldet. Im vergangenen Ausbildungsjahr, also bis Ende September, blieben 260 Ausbildungsstellen unbesetzt. Diese konnten jedoch teilweise nachbesetzt werden. Die Meldung der offenen Ausbildungsstellen durch die Betriebe erfolgt zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr: Beispielsweise melden Banken und Versicherungen ihre Stellen früher, Betriebe des Handwerks eher später.

Ist ein Anstieg der freien Stellen zu erkennen?

Schumacher: Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen um 84 gestiegen. Die Bewerber-Stellen-Relation in Düsseldorf ist sehr gut. Auf 100 Bewerber kommen 125 Ausbildungsstellen. Das ist ein Spitzenwert in NRW, wo durchschnittlich 100 Bewerber auf nur 80 Stellen kommen.

Gibt es Unterschiede in den Branchen?

Schumacher: Wir haben in manchen Berufen ein Besetzungsproblem, also mehr Stellen als Bewerber. Beispielsweise im Hotel- und Gaststättenbereich. Bei anderen Berufen hingegen haben wir Versorgungsprobleme und damit viel mehr Bewerber als Stellen. Sehr gefragt sind unter anderem der Einzelhandel sowie der Kaufmann für Büromanagement.

Gibt es dabei Besonderheiten in Düsseldorf?

Schumacher: In der Landeshauptstadt Düsseldorf profitieren Jugendliche von einem sehr guten Branchenmix und der Möglichkeit, aus 160 verschiedenen Ausbildungsberufen auswählen zu können. Gleichzeitig ist jedoch die Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt aufgrund der Attraktivität des Standortes auch für Jugendliche aus dem Umland groß.

Ist der Ausbildungsberuf unter Schülern nicht mehr so hoch angesehen?

Schumacher: Mit dem wachsenden Anteil der Studienberechtigten (Abiturienten, Fachhochschüler) wächst auch das Interesse an Studiengängen. Dabei ist ein Studium gar nicht immer der Königsweg. Oftmals ist die Ausbildung die zunächst bessere Alternative, an die ein Studium angeschlossen werden kann. Das Bildungssystem ist da sehr durchlässig.

Welche ersten Schritte empfehlen Sie Interessenten?

Schumacher: Ausbildungsinteressierte sollten sich über die Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt informieren und auch Eltern und Freunde in den Prozess einbeziehen. Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit bietet auch eine stärkenorientierte Beratung an. Unsere Beraterinnen und Berater sind wöchentlich an allen allgemeinbildenden Schulen, um Schülerinnen und Schüler im Berufswahlprozess zu unterstützen und in Ausbildungsstellen zu vermitteln.

Mit welchen Problemen kommen die Interessenten zu Ihnen?

Schumacher: Manche Jugendliche haben schwer zu realisierende Berufswünsche. Wir erarbeiten in der Beratung daher auch alternative Zielberufe mit den Bewerbern, die sowohl deren Wünschen und Fähigkeiten entsprechen als auch gute Einmündungschancen bieten.

Was sind No-Gos in einer Bewerbung?

Schumacher: Die Bewerbung sollte frei von formalen und inhaltlichen Fehlern sein. Häufig erleben wir auch, dass Jugendliche ungeschickte E-Mail-Adressen angeben. Als Bewerber auf eine Ausbildungsstelle sollte man dem Betrieb außerdem erklären können, warum man sich speziell für diesen Ausbildungsberuf interessiert und der Richtige dafür ist. Dabei sollten Bewerber sich durchaus selbstbewusst präsentieren. In der Berufsberatung helfen wir dabei und schauen auch über die Bewerbungsunterlagen.

Von welchen Floskeln sollte man absehen?

Schumacher: Der Einstieg in eine Bewerbung sollte möglichst nicht „Hiermit bewerbe ich mich auf. . .“ sein. Besser ist es, den Einstiegssatz frei zu formulieren, indem man zum Beispiel erläutert, wie man auf dem Beruf beziehungsweise die konkrete Ausbildungsstelle aufmerksam geworden ist.

Was sollte man bei einem Bewerbungsgespräch lieber nicht machen?

Schumacher: Sich schlecht oder gar nicht vorbereiten! Über das Unternehmen, die Unternehmenshistorie sowie den konkreten Beruf, auf den man sich bewirbt, sollte man im Gespräch gut Bescheid wissen. Außerdem ist es wichtig, erklären zu können, warum es genau dieser Beruf sein soll. Ein dritter Tipp: Man sollte authentisch sein. Außerdem würde ich mich auch über die Anzahl der Auszubildenden des Ausbildungsjahres informieren und die Frage stellen, ob das Unternehmen die Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung übernimmt. Das zeigt Interesse.

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