Düsseldorf Stadtwerke drehen jedes Jahr 7500 Kunden den Strom ab

2014 sinkt die Zahl erstmals seit zehn Jahren. Diakonie und Caritas wünschen sich mehr Alternativen.

Düsseldorf: Stadtwerke drehen jedes Jahr 7500 Kunden den Strom ab
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Düsseldorf. Zwischen 7500 und 7800 Kunden, die ihre Rechnung nicht bezahlen, drehen die Stadtwerke im Jahr den Strom ab. Diese Zahl ist seit zehn Jahren gleichbleibend. Im vergangenen Jahr allerdings sank sie plötzlich auf rund 7000 Absperrungen — was man laut Stadtwerke-Sprecher Michael Pützhofen allerdings nicht erklären kann.

Die Zahl klingt zunächst hoch. „Wenn man aber überlegt, dass wir 700 000 Kunden haben, ist das gar nicht so viel“, sagt Pützhofen. Und: Düsseldorf hat sich damit gegen den Bundestrend entwickelt; deutschlandweit gab es mit über 350 000 Stromsperren 2014 mehr denn je. Pützhofen: „Das kann damit zusammenhängen, dass wir eine andere Bevölkerungsstruktur haben.“ Sprich: eine reichere.

Gas wird in Düsseldorf überhaupt nicht abgestellt — denn damit träfe man unter Umständen das gesamte Haus, so Pützhofen. Beim Strom gehe man stets nach den gesetzlichen Vorgaben vor: Drei Tage nach der nicht geleisteten Zahlung kommt eine Erinnerung, zwei Wochen später eine kostenpflichtige Mahnung, schon mit der Androhung einer etwaigen Sperrung. Die wird vier Wochen später noch einmal mit drei Tagen Vorlauf angekündigt — und dann wird es dunkel.

Zudem richtig teuer: „Die Sperrung kostet den Kunden 55 Euro“, sagt Pützhofen, die Aufhebung noch einmal 65 Euro. Für Leistungsempfänger, die das Gros der Betroffenen ausmachen, eine Menge Geld. Schon in der Mahnung werde daher aufgezeigt, wohin sich etwa Bezieher des ALG II für staatliche Hilfe bei der Rechnung wenden müssten — und stets der Kontakt zu den Stadtwerken selbst angeboten. Pützhofen erklärt: „Wenn es eine plausible Erklärung gibt, können wir das etwa über eine Stundung regeln.“ Für die Stadtwerke gelte die Regel: „Selbstverständlich werden soziale Härtefälle von uns nicht noch härter gemacht.“

Dennoch kommt grundsätzliche Kritik von den Wohlfahrtsverbänden. „Der Caritasverband Düsseldorf lehnt die Praxis der Stromsperren ab“, sagt Ronald Vogel vom Vorstand. „Jeder Mensch hat das Recht auf eine warme Wohnung, Licht oder heißes Wasser.“ Der Staat müsse dieses gewährleisten — was derzeit angeblich nicht der Fall ist: Bei der Grundsicherung seien 35 Euro für Strom in einem Ein-Personen-Haushalt vorgesehen. Das reiche aber meist nicht aus, sagt Roland Pareik, Projektleiter des Caritas-Energiesparservice.

Aber auch der Grundversorger könne mehr tun. Bei einem Modellversuch in NRW hätten acht Anbieter, etwa aus Köln, Krefeld, Wuppertal und Mönchengladbach, eine Beratung für säumige Stromkunden zusammen mit der Verbraucherzentrale eingerichtet. Das sei nach den jüngst vorgestellten Ergebnissen ein Erfolgsmodell — der Wille der Stadtwerke Düsseldorf, eine solche Beratung auch hier einzuführen, sei aber „bisher nicht erkennbar“.

Auch bei der Diakonie ist man skeptisch, was Stromsperren angeht — und sieht mehr Einfallsreichtum im Umland: „Es gibt Modellprojekte, die wir interessant finden“, sagt Sprecher Christoph Wand. In manchen Kommunen etwa versuche man, den Strom zu drosseln statt abzudrehen — so bleibt zumindest die Grundversorgung bestehen.

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