Stadtrat: Sorge vor einem Populisten-Sammelbecken

Die Freien Wähler könnten durch Aufsaugen von Splittergruppen wie den Tierschützern wachsen — und im Rat zum Zünglein an der Waage werden.

Stadtrat: Sorge vor einem Populisten-Sammelbecken
Foto: Lepke

Düsseldorf. „Finger weg von den Kleingärtnern; Respekt für die Generation 60plus; Kitas und OGS beitragsfrei“: Massenhaft hängen die rosa Plakate der Freien Wähler mit den populistisch-schlichten Botschaften im Stadtgebiet. Die Partei hat im Stadtrat bereits Fraktionsstatus, seit Jürgen Krüger 2010 die Republikaner verließ und dazustieß.

Im Rathaus fürchtet man nun bei den etablierten Parteien, dass die Freien Wähler nach der Wahl größer werden. Und womöglich zum Zünglein an der Waage, weil alle „normalen“ Koalitionen mit den Farben Schwarz, Rot, Grün und Gelb nicht zusammenpassen — entweder rechnerisch oder politisch.

Wachsen könnten die Freien Wähler auch durch „Aufsaugen“ anderer Einzelkandidaten und Splittergruppen. Vor allem die Tierschutzpartei bietet sich als „Übernahmekandidat“ auf den ersten Blick an. Denn bei der ist Claudia Krüger Spitzenkandidatin, die Frau von Jürgen Krüger. Dass sie es in den Rat schafft, ist gut möglich, denn schon mit 0,9 bis 1,1 Prozent der Stimmen hat man einen Sitz sicher — weil es keine Sperrklausel mehr gibt.

Aber auch zwischen den Düsseldorfer Kandidaten der „Alternative für Deutschland“ (AfD) und den Freien Wählern gibt es Schnittmengen. Spitzenkandidat der AfD für die Kommunalwahl ist Ulrich Wlecke, der früher (1989-92) Mitglied der Republikaner war und als strammer Rechter gilt. Der AfD-Bezirksverband Düsseldorf hat sich jüngst extra von allen extremen Anschauungen distanziert — und in eine „Ausschlussliste“ auch die Freien Wähler aufgenommen.

Deren Drahtzieher im Rathaus wiederum ist Torsten Lemmer, der Fraktionsgeschäftsführer und frühere Rechtsextreme, der sich freilich — eigenen Angaben zufolge — vollständig von dieser Szene gelöst hat. Lemmer bestreitet auch gar nicht, dass es den Versuch gegeben hat, ein Sammelbecken zu bauen: „Anfang 2013 haben wir Gespräche in alle Richtungen geführt — mit den Tierschützern, mit der AfD und sogar mit den Piraten“, sagt er, „aber wir sind zu keiner Einigung gekommen.“ Das sei schon deshalb völlig normal, als ja auch die Freien Wähler selbst, zumindest in Düsseldorf, gar keine Partei seien, „sondern ein Sammelsurium unterschiedlichster Leute“.

Tatsächlich gibt es Doppel-Mitgliedschaften: etwa Freie Wähler, die auch in der AfD sind, und umgekehrt zum Beispiel. Für Aufsehen sorgte im Januar der Versuch einiger Freier Wähler, das Ruder bei den Düsseldorfer Piratenpartei gleichsam per Handstreich zu übernehmen. „Bei der Versammlung zur Kandidatenaufstellung tauchten plötzlich gut 20 Mitglieder auf, die wir gar nicht kannten“, sagt Piraten-Vorsitzende Andrea Deckelmann, „Recherchen ergaben, dass sie auch bei den Freien Wählern sind.“ Man habe den „Unterwanderungsversuch“ dann abwehren können.

Bleibt die Frage, ob auch eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen, namentlich mit den Republikanern, nach der Wahl plötzlich wieder ein Thema werden könnte. Offiziell verneinen Lemmer und Ratsherr Jürgen Krüger das vehement: „Ich bin da ja nicht vor Jahren bewusst ausgestiegen, um jetzt durch die Hintertüre wieder was mit denen zusammen zu machen“, sagt Krüger.

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