stadt-teilchen In zinslosen Zeiten steigt die Nachfrage nach Tresoren und Schließfächern

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Foto: dpa/Remmers

Düsseldorf. [email protected]

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Wohnraum in Düsseldorf ist bekanntlich rar und teuer. Trotzdem überlege ich, ob ich mir noch was auf der Kö miete. Soll ja eine gute Lage und Anlage sein. Ach was: Bestlage! Die ich mir allerdings als Wohnlage von meinen Stadt-Teilchen-Honoraren leider nie werde leisten können. Es reicht höchstens für einen Drittel Quadratmeter. Der ist allerdings schon für ein paar Euro pro Monat zu haben, als Spind in meinem Sportstudio. Ich muss mal an der Rezeption fragen, ob ich mir dahin auch meine Post senden lassen kann - von wegen der guten Adresse.

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Das wäre dann quasi mein Zweit-, genau genommen mein Drittwohnsitz, weil ich seit vielen Jahren auf der Bankenseite schon ein winziges Souterrain gemietet habe. Bei meiner Bank. Glück gehabt. Ist inzwischen so gut wie gar nicht mehr dranzukommen an so einen blitzeblanken stählernen Kohlenkeller für mein kleines Kapital.

Ich hatte auch schon mal eine gute zweite Adresse am Waldrand in Grafenberg. Nicht ganz so teuer wie auf der Kö. Self-Storage heißt das. Quasi eine Art Übergangsheim für einen geerbten Kleiderschrank für meine neue Wohnung, die noch renoviert werden musste. Das dauerte dann viel länger als geplant, so dass ich mir irgendwann für den Mietpreis auch einen neuen Kleiderschrank hätte kaufen können.

Was da so alles schlummert in solchen Lagerboxen? Will man gar nicht wissen. Großunternehmen oder Anwaltskanzleien lassen darin ihre Alt-Akten verstauben, weil das billiger als am Firmensitz. Was mit Nichtabgeholtem passiere, wollte ich dann doch wissen. Stumm wies der Lagerhausierer auf das Hinterteil eines gefräßigen Lkw, der gerade geräuschvoll eine Kommode zerbiss.

Ist doch ein Superkonzept für Investoren und Vermieter, so ein moderner Schuppen: Kein Ärger mit aufmüpfigen Mietern. Möbel beschweren sich nicht, brauchen keinen Balkon, kein Tageslichtbad und auch keine Einbauküche, weil sie im Zweifelsfall selber eine sind. Airbnb für Rares und Bares ohne Breakfast.

Gefragter noch als solche Lagerplätze sind zurzeit nur noch Zweitwohnsitze für Geld, Schließfächer. Die Gründe: Das Kapital ist arbeitslos, bringt keine Zinsen mehr. Hinzu kommt die Angst vor Einbrüchen. Vorbei die Zeiten, in denen man seine Notgroschen in klassischen Verstecken wie Kühl- oder Kleiderschrank, Spülkasten oder Schmuckdose verwahrte, man noch ruhig mit seiner Kohle unter einem Dach wohnen und nach dem Einnähen in der Matratze mit ihr ins Bett gehen konnte. Wer mehr als genug Kohle hat, der lässt sich zu Hause einen Tresor einbauen. Oder zwei. Besser noch drei empfehlen Tresorbauer, deren Branche gerade zweistellig zulegt. Begründung: Wenn eingebrochen wird, knacken Diebe in der Regel nur einen Tresor und lassen die anderen in Frieden.

Wie begehrt einzelne Panzerschränke sind, beweist die Geschichte, die mir ein Freund aus Meerbusch erzählte: Einbrecher hatten bei seinen in Griechenland urlaubenden Nachbarn in aller Ruhe den kompletten Tresor ausgebaut und ihn zwecks leichteren Abtransports die Marmortreppe runter kollern lassen. Das Treppenhaus sah dann ähnlich aus wie die Akropolis. Das sei noch gar nichts, erzählte ein Freund des Freundes: In seinem Nobelviertel hätten die Diebe den ausgebauten Tresor gleich mit dem SUV seines Eigentümers abtransportiert - wo der Autoschlüssel ja praktischerweise an der Garderobe lag.

Vielleicht sollte man sein Geld doch besser fest anlegen. Doch da die meisten Deutschen nicht gerne am Aktienmarkt zocken, bunkern sie ihre Reichtümer dann doch lieber im Keller ihrer Bank. Was dazu führt, dass Tresore und Schließfächer in finanzstarken Metropolen wie Düsseldorf zurzeit so knapp sind wie Wohnraum in guten Lagen. Bei der Sparda Bank West übersteigt die Anfrage bereits das Angebot.

Auch die Deutsche Bank sieht sich schon mal außerstande, ihren Kunden das gewünschte Stückchen Heimat-Filiale zu vermieten. Vielleicht wird die ja auch gerade geschlossen und man hat’s weiter, wenn man sein Geld besuchen will. Die Stadtsparkasse Düsseldorf, auch mit Schließungen zugange, ließ im letzten Jahr beim Umbau einer Filiale klugerweise gleich 1400 neue Schließfächer einrichten.

Vielleicht doch ein bisschen voreilig, dass Geldinstitute das Filialnetz hier ausdünnen und Leute entlassen. Womöglich wäre es vernünftiger, noch mehr neue Unterkünfte für Geldsäcke zu bauen und entsprechend Schließfachkräfte einzustellen. Zumindest, bis das Geld wieder Arbeit hat.

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