Menschliche Reife durch sportliche Leistung

Beim Tai Wu Dao geht es um Bewegungsfreude, Kampfkunst und Gesundheitslehre.

Düsseldorf. Es ist ein typischer Trainingsabend in der kleinen Halle an der Torfbruchstraße in Gerresheim. Knapp 30 Aktive aller Altersstufen wuseln durch die Halle, machen sich warm und bereiten sich auf ihre Trainingsstunde vor. Die Stimmung ist prächtig, immer wieder wird bei den Aufwärmübungen kurz gelacht. Trotzdem sind alle konzentriert bei der Sache. Man sieht allen an, dass sie sich gut drauf sind. Das ändert sich auch nicht im weiteren Verlauf des spezieller werdenden Trainings. Die Figuren „Goldener Hahn“, „Schlafender Mönch“ oder „der Unsterbliche weist den Weg“ sind für einen Laien dabei allerdings nicht so einfach zu erkennen.

„Es ist schwierig, andere Räume zu bekommen, Gerresheim ist in dieser Hinsicht wohl ausgebucht“, sagt Andreas Bensiek, der Großmeister im Tai Wu Dao, während er die Sportler in der Halle mit Wohlwohlen und innerer Freude beobachtet. „Jeder kann zu uns kommen und wird sich wohlfühlen. Es sind in unserem Verein genau so Ärzte dabei wie auch Hartz-Vier-Empfänger. Und wir haben einen Anteil von 40 Prozent von Menschen mit Migrations-Hintergrund.“ Das alles ist überhaupt kein Thema im täglichen Miteinander, weil es keinen Konkurrenzkampf oder übertriebenen Ehrgeiz gibt.

Aber was heißt Tai Wu Dao eigentlich, und worin unterscheidet es sich von anderen fernöstlichen Kampf- und Meditationssportarten? Ta Wa Dao bedeutet übersetzt „Weg der Großen Fünf“. Es klingt vielleicht etwas hoch gestochen, wenn die beiden Leitsätze „Menschliche Reife durch sportliche Leistung“ und „Sportliche Leistung durch menschliche Reifung“ bemüht werden, um die Bestimmung und den Weg des Tai Wu Dao noch weiter zu beschrieben. Aber die fünf Grundsätze machen vieles klarer.

Fünf Grundsätze des Tai Wu Dao

„Wir bemühen uns, die Arbeit an der Persönlichkeit der Kinder in den Vordergrund zu stellen“, sagt Bensiek, der als Trainer hauptberuflich für den Tai Wu Dao-Verband tätig ist. „So wird zum Beispiel durch Atemübungen und Meditation die Aufmerksamkeit nach innen gelenkt, die Kinder versuchen, ihre Umwelt auszublenden und sich vollkommen auf sich selbst zu konzentrieren.“ Dadurch werde die äußere und innere Haltung des Kindes verbessert. Da dies alles auf sportlicher Ebene passiert, muss niemand Angst haben, dass die Kinder mit irgendwelchen abstrusen Ideen in Berührung kommen. Im Gegenteil, die jungen Sportler sollen schrittweise eine eigene selbstsichere Persönlichkeit ausbilden.

Durch die Paarübungen lernen die Kinder nicht bloß ihren eigenen Körper gut kennen, können ihre Kräfte einschätzen und erfahren ihre Grenzen, sie lernen auch, mit ihrem Partner verantwortungsvoll umzugehen, und was besonders wichtig ist, aufeinander und einander zu achten. Kinder sollen im Tai Wu Dao spielerisch ihren eigenen Körper einzuschätzen lernen.

Es gibt auch einen kämpferischen Bezug, der Freikampf gehört auch zur Ausbildung, ist aber keine Verpflichtung. „Es gibt vielerlei Übungen zur Selbstverteidigung“, sagt Bensiek. „Oftmals gilt es einfach auch nur eine Körperhaltung zu entwickeln, mit der man nicht als Opfer gesehen wird.“ Erfolgt trotzdem ein Angriff, wissen sich Sportler mit Tai Wu Dao-Kenntnissen gut zu verteidigen.

Das Trainieren und Kämpfen mit Waffen ist ebenfalls möglich. Viele Mitglieder machen wie im Karate oder Judo auch Gürtelprüfungen (weiß bis schwarz). „Dann können alle zeigen, was sie gelernt haben“, erklärt Bensiek. „Mir berichten immer wieder Eltern, dass ihre Kinder nach dem Training und einer gewissen Zeit mit Tai Wu Dao ausgeglichener und gelassener geworden sind. Das gilt auch für Kinder, die nicht so wettkampfaffin sind.“ Allein das Miteinander scheint schon stark zu machen.

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