Fortuna Düsseldorf Fortunas Sportvorstand Rutemöller ist überrascht über Tuchels Karriere

Sportvorstand Erich Rutemöller über die Pläne Fortuna Düsseldorfs, Ruhestand in Münster und Trainer wie Klopp und Tuchel.

Fortunas Sportvorstand Erich Rutemöller.

Fortunas Sportvorstand Erich Rutemöller.

Foto: Henning Kaiser

Düsseldorf. In sein Büro ist gerade frisch eine neue Wand eingezogen worden. Die Merchandising-Abteilung wächst, Erich Rutemöller (73), Sportvorstand von Fortuna Düsseldorf, muss sich verkleinern. Er nimmt es gelassen. Wahrscheinlich, weil es das beste Zeichen für den Erfolg des Bundesliga-Aufsteigers ist. Rutemöller übt seinen Job ehrenamtlich aus. Er ist im zweiten Jahr da. Schnell ging es aufwärts, schneller als es der Mann, der lange Jahre Cheftrainerausbilder beim DFB und auch Bundesliga-Trainer in Köln und Rostock war, das selbst gedacht hätte.

Das Scouting, Herr Rutemöller, scheint momentan die wichtigste Abteilung von Fortuna Düsseldorf. Richtig?

Das war die Aufstiegsfeier von Fortuna Düsseldorf
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Erich Rutemöller: In diesem Bereich wird sehr gut gearbeitet, der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Es hat schon letzte Saison vieles gepasst. Und jetzt: Die Neuen heißen Contento, Morales, Karaman, Stöger — ich glaube, da sind wir auf einem richtig guten Weg.

Was hat Fortuna stark gemacht für den Aufstieg?

Rutemöller: Unsere japanischen Spieler haben eine wichtige Rolle gespielt. Dazu Stürmer Rouven Hennings. Und mein Lehrer Hennes Weisweiler hat immer gesagt: Eine gute Mannschaft fängt mit einem guten Torwart an.

Sie haben lange in Köln gearbeitet, jetzt in Düsseldorf. Geht das eigentlich?

Rutemöller: Komischerweise wurde meine Frau oft darauf angesprochen. Wie kann ihr Mann zu Fortuna gehen? Damit kann ich nichts anfangen. Das ist doch bei Friedhelm Funkel nicht anders, der in Köln nach eigener Aussage mit seine schönsten Zeiten erlebt hat. Das kann man ja nicht alles streichen. Aber ich identifiziere mich jetzt voll mit Fortuna. Der Klub gibt mir sehr viel, ich fühle mich wohl in der Rolle. Ich habe schon früh gesagt, dass in die Landeshauptstadt ein Erstligist gehört. Und es ist eine große Befriedigung, dass wir das alle zusammen geschafft haben.

Wie haben Sie das geschafft?

Rutemöller: Wir haben an den entscheidenden Stellschrauben gedreht. Wir hatten zu wenig Tempo im Spiel. Und wir mussten uns auf einigen Positionen klar verstärken. Beides ist gelungen.

Und was sind nun die Stellschrauben für die kommende Erstliga-Saison?

Rutemöller: Wir haben hier viele verdiente Spieler, die uns geholfen haben aufzusteigen. Aber es ist auch normal, dass wir uns jetzt nach neuen Spielern umsehen müssen, die unsere Qualität noch einmal anheben.

Kein Raum für Dankbarkeit?

Rutemöller: Wir wissen, dass sie uns geholfen haben. Aber sie müssen auch mit neuen Entwicklungen rechnen. Es gibt immer ein Gefühl der Wertschätzung, auch der Dankbarkeit. Allerdings spielen wir jetzt in der 1. Liga und müssen dem Rechnung tragen.

Was wird personell noch passieren?

Rutemöller: Entscheidungen können auch noch am letzten August-Wochenende fallen. Wir haben bislang toll gearbeitet. Klar sprechen wir auch über jüngere Spieler, die wir weiter fördern wollen. Aber wir sind jetzt in der ersten Liga, wir brauchen sicherlich den einen oder anderen fertigen Spieler, der uns direkt weiterhilft.

Kommt Stürmer Marvin Ducksch vom FC St. Pauli, der als Leihspieler in Kiel 18 Tore erzielt und elf Vorlagen gegeben hat?

Rutemöller: Der Spieler hat erklärt, dass er gerne zu uns kommen möchte. Nun warten wir ab, wie die Gespräche mit St. Pauli verlaufen.

Ist ein hauptamtlicher Sportvorstand notwendig?

Rutemöller: Ich sehe das entspannt. Ich sehe, dass wir hier alles in den Griff bekommen und entwickelt haben. Und dass wir wirklich gut aufgestellt sind. Vom Cheftrainer bis zum Nachwuchsleistungszentrum , auch das Funktionsteam arbeitet sehr gut, und ich weiß, wovon ich da rede. Klar ist: Wenn ein geeigneter Kandidat zur Verfügung steht und wir von ihm überzeugt sind, dann würden wir das machen. Aber wir stehen jetzt überhaupt nicht unter Druck. Die gezielte Vorbereitung auf die Liga hat Vorrang.

Sie arbeiten viel für das neue Nachwuchsleistungszentrum.

Rutemöller: Ja. Auch weil ich Frank Schäfer aus Köln geholt habe, der ein großer Gewinn für den Verein ist. Ich möchte ihn unterstützen. Die U17 und die U19 haben eine sehr gute Saison in der Bundesliga gespielt. Das ist nicht selbstverständlich, wenn man sieht, wer uns hier im Westen bedrängt. Wir können da in Sachen Finanzkraft noch nicht mitgehen, müssen mit anderen Pfunden wuchern. Aber das neue NLZ-Zentrum wird toll, wir werden es wohl noch schneller öffnen als geplant. Wenn ein, zwei Spieler in den nächsten Jahren den Sprung zu den Profis schaffen, wäre das schon ein tolles Resultat.

Gibt es einen, der es schaffen kann?

Rutemöller: Georgios Siadas, der nach seinem Kreuzbandriss wieder trainiert und einen Vertrag bekommen hat. Er ist ein Riesentalent als Linksverteidiger, das wir unbedingt fördern wollen. Und Robin Bormuth ist natürlich derzeit das Aushängeschild.

Stehen Sie Friedhelm Funkel auf den Füßen, was die Talententwicklung angeht?

Rutemöller: Nein, ich war lange selbst Trainer und hätte das auch nicht gewollt. Es ist für mich leicht, mit Friedhelm zu kommunizieren. Wir haben uns auch mal gefetzt, aber das ist in diesem Geschäft völlig normal und gehört dazu. Er ist ein Fußballverrückter, ich bin ein Fußballverrückter. Und dass ich jetzt mit ihm auf diese Weise zusammenarbeiten kann, betrachte ich als Geschenk. Er hat uns hier alle beruhigt, als wir fast abgestiegen wären in der vorletzten Saison. Er hat mich überzeugt, so dass ich mich voll für ihn eingesetzt habe. Er ist sechs Mal aufgestiegen. Das ist eine unglaubliche Geschichte. Und als er Trainer in Bochum war, hätte er es gegen Mönchengladbach mit dem Trainer Lucien Favre fast auch noch geschafft.

Favre wird jetzt Trainer in Dortmund. . .

Rutemöller: Ich habe ihn kennengelernt , als wir mit der Trainerausbildung mit Koreanern in Gladbach waren. Zuerst war er extrem distanziert. Als Favre dann hörte, dass ich der deutsche Trainerausbilder bin, hat er uns ellenlang und begeistert alles erzählt, was er über den Fußball weiß, seine Taktik, sein Verständnis. Das ist Favre. Er ist sicher etwas schwierig als Charakter, aber dennoch schätze ich ihn sehr.

Sie haben auch Klopp und Tuchel ausgebildet.

Rutemöller: Als Trainerausbilder wurde ich mit dem Problem Klopp konfrontiert, der in Mainz arbeitete, aber keine Lizenz hatte. Wir haben dann eine Lösung gefunden, indem wir seine Arbeit auf zwei Lehrgänge verteilt haben. Wir haben das zugelassen, weil er ein sportwissenschaftliches Studium hatte und selbst Fußballer in der 2. Liga war.

Wie war er?

Rutemöller: Ich habe ihn aktiv einbezogen. Er sagte den anderen Teilnehmern: Ich will der Trainer sein, den ich selbst gerne gehabt hätte als Spieler. Ich weiß noch, wie begeistert die Studenten waren, die Klopp in der Lehrprobe einstellen musste. Die Probe war exzellent.

Und Tuchel?

Rutemöller: Der saß bei mir als Jugendtrainer aus Augsburg im Lehrgang. Zurückhaltend, fast ehrfurchtsvoll. Dass er einmal Paris St. Germain trainiert, hätte ich damals nie gedacht.

In Ihrer Karriere verbindet sich viel mit Christoph Daum.

Rutemöller: Er war bei mir Spieler bei den Kölner Amateuren, dann habe ich ihn im Endspiel der deutschen Amateurmeisterschaft beim 2:0 gegen St. Pauli nicht eingewechselt, das hat er mir nie verziehen. Er hat wochenlang nicht mit mir gesprochen. Als er Cheftrainer beim FC war, habe ich ihn 1990/91 in Köln abgelöst, danach hat er wieder nicht mit mir gesprochen. Im meinem ersten Spiel haben wir mit dem 1. FC Köln in Stuttgart gegen den Trainer Daum gespielt, 2:0 geführt, dann 2:3 verloren. Sie können sich sicher vorstellen, dass die Stimmung nach dem Abpfiff ziemlich mies war. Anschließend habe ich mit unserem damaligen Sportdirektor Udo Lattek ein paar Frust-Kölsch getrunken.

Wie ging es weiter?

Rutemöller: Ich war in Rostock Trainer-Nachfolger von Uwe Reinders. Wir stiegen ab, schlugen aber im letzten Spiel Frankfurt, dadurch wurde die Eintracht nicht Meister. Wer stattdessen? Stuttgart mit dem Trainer Christoph Daum. Wen zogen wir danach im DFB-Pokal, erste Runde? Den VfB Stuttgart. Christoph Daum hat mich nie losgelassen.

Wie ist ihr Verhältnis heute?

Rutemöller: Einwandfrei, wir umarmen uns, wenn wir uns sehen.

Sie sind heute 73 Jahre alt. Wie lange wollen Sie noch arbeiten?

Rutemöller: Solange ich noch mit Spaß und Freude dabei bin.

Und danach?

Rutemöller: Ich bin eigentlich nur über das Studium in Köln hängen geblieben. Vielleicht werde ich zum Ende hin meinen Lebensabend in Münster verbringen, das ist meine Lieblingsstadt.

Was bedauern Sie wirklich, wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken?

Rutemöller: Profi war ich leider nie, das ist ein Fleck in meiner Karriere. Ich bin heute noch sauer über Hennes Weisweiler, dass er mich von den Amateuren nicht zu den Profis hochgeholt hat (lacht). In der Zeit war ich mit Hartwig Bleidick bei der Bundeswehr befreundet. Und dann sind wir zusammen zur Sporthochschule gegangen. Dort hatten wir Weisweiler als Lehrer, er war zeitgleich Trainer bei Borussia Mönchengladbach. Weisweiler hat sich immer die besten Spieler aus der Hochschule zusammengeholt, um sie in Gladbach zu sichten. Das Ende vom Lied: Bleidick wurde Profi, weil Günter Netzer ihn mochte. Und ich nicht.

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