Fortunas Aufsichtsrat Kall: "Wir behalten die Ruhe"

Fortunas Aufsichtsrat Dirk Kall spricht Trainer Meier und Manager Werner das Vertrauen aus.

Die Fortuna befindet sich auf einem wirtschaftlich guten Weg. Sportlich klappt es im Augenblick nicht optimal. Wir sprachen mit Dirk Kall, dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Verein.

Herr Kall. Es läuft nicht gerade optimal derzeit. Bewahrt jeder im Verein die Ruhe nach dem negativen Trend der jüngeren Vergangenheit?

Dirk Kall: Der augenblickliche Trend ist nicht unbedingt positiv. Aber die Gesamtsituation ist nicht fernab dessen, was wir erwartet hatten. Nach wie vor herrscht in allen Vereinsgremien Ruhe. Wir geben der sportlichen Leitung, Wolf Werner und Norbert Meier die Unterstützung und die Rahmenbedingungen, um wieder zum sportlichen Erfolg wie zu Beginn der Runde zurückkommen.

Wurde die Mannschaft zu Beginn im Vergleich zur Konkurrenz zu klein geredet?

Kall: Das glaube ich nicht. Alle im Verein wissen, welchen Etat wir haben. Wir haben bewusst gesagt, dass wir keinen kompletten Umbau der Mannschaft vornehmen und nicht nur erstligaerfahrene Spieler verpflichten. Wir haben auch Spieler verpflichtet, auf die wir mittelfristig setzten.

Wir können nicht von null auf hundert gehen. Risiko einzugehen war nie ein Thema. Dass wir jetzt nicht nach draußen gehen und sagen, wir haben eine Top-Mannschaft, war doch klar. Im Vergleich mit Frankfurt haben wir ein anderes, im Vergleich zu Fürth einen ähnlichen Anspruch. So haben wir der Mannschaft letztlich auch kein Alibi gegeben.

Hat es den Aufsichtsrat auch gewundert, dass Fortuna 18 neue Spieler verpflichtet hat?

Kall: Nein, Wolf Werner hat das schlüssig erklären können. Wir brauchten frisches Blut, und wir haben ja auch Spieler verpflichtet, die noch nicht sofort helfen sollen, sondern Perspektivspieler sind. Grundsätzlich werden wir auch in dieser Hinsicht der sportlichen Leitung niemals reinreden. Das würde nicht funktionieren. Wolf Werner und Norbert Meier haben sich aber auch einen solchen Vertrauensvorschuss erarbeitet und verdient.

Ist eine Verpflichtung von neuen Spielern in der Winterpause geplant?

Kall: Wir schauen, wie sich die Mannschaft entwickelt. Vor der Saison haben wir uns Luft gelassen, um in der Winterpause agieren zu können. Und auch die wirtschaftlichen Dinge haben sich gut entwickelt, wie beim Sponsoring, Merchandising und den Zuschauereinnahmen.

Ich weiß, dass es erste Überlegungen gibt, und wir werden sicherlich etwas tun. Die Mannschaft hat sich in der Liga zurechtgefunden, aber jeder hat auch gesehen, dass wir qualitative Unterstützung benötigen. Wir bekommen aber keine Spieler, die andere Vereine halten wollen.

Muss der Aufsichtsrat sich in das Thema Voronin nicht einschalten?

Kall: Nein, das ist Sache des Vorstands und des Trainers. Da haben wir vollstes Vertrauen. Es bringt jetzt auch nichts, wenn ein Aufsichtsratsmitglied dazu öffentlich Stellung bezieht. Dass das Ganze keine positive Geschichte ist, sollte jedem klar sein.

Sie sprechen von Vertrauen. Wenn Sie die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre sehen, steht der Verein auch in Betracht auf die jüngsten sportlichen Misserfolge künftig immer zu dem Team Meier/Werner?

Kall: Die wirtschaftliche Entwicklung folgte dem sportlichen Erfolg. Die sportliche Leitung ist maßgeblich für die sportliche Entwicklung des Vereins verantwortlich. Wenn die beiden Architekten des Erfolgs keinen Vertrauensvorschuss bekommen, wer sonst?

Sie haben auch nach dem Aufstieg nicht nach Millionen gefragt, sondern sind mit uns den Weg Schritt für Schritt weitergegangen. Wolf Werners Vertrag ist allein auf seinen Wunsch nur um ein Jahr verlängert worden. An diesem Vertrauen ändern auch vier Niederlagen in Folge nichts.

Was ist, wenn dann Wolf Werner irgendwann wirklich mal keine Lust mehr haben sollte?

Kall: Er fühlt sich noch jung und frisch. Aber das ist dann wirklich eine entscheidende Frage für die Zukunft. Mittelfristig wird es einen Nachfolger geben müssen. Darauf werden wir uns vorbereiten, und Wolf Werner wird uns bei der Auswahl helfen. Es wird eine große und richtungweisende Entscheidung sein. Er brennt jedenfalls noch sehr und hat noch sehr viel Spaß daran, sonst könnte er das so nicht.

Was passiert, wenn es am Ende der Saison doch nach unten gehen sollte?

Kall: Wir werden den eingeschlagenen Weg weitergehen. Wir dürfen allerdings auch nicht sehr tief fallen. Und so wie wir in diesem Falle auch den Vorstand, den Aufsichtsrat oder das Personal der Geschäftsstelle nicht austauschen würden, so machen wir das auch nicht bei der sportlichen Leitung.

Nachhaltigkeit und Kontinuität sind die Werte, mit denen wir gut gefahren sind und auf die wir auch in Zukunft setzen. Die Basis muss kontinuierlich wachsen, das ginge auch mit einem Jahr in der 2. Liga. Aber wir planen nicht etwa den Abstieg, so wie es woanders schon einmal geheißen hatte.

Vereine wie Mainz oder Freiburg können da Vorbilder sein. Wir müssen uns dann gegen den Wind stellen, wenn es runtergehen sollte, auch wenn das jetzt leichter gesagt ist als dann getan. Aber es müsste schon viel passieren, dass die handelnden Personen das Vertrauen verlieren.

Wie hat sich das Vertrauen bei den Sponsoren entwickelt?

Kall: Man muss als Verein ein rundum stimmiges Bild abgeben. Wir jagen nicht dem letzten Euro hinterher, sondern wir sind eine Marke, in die die Sponsoren etwas investieren können.

Das kann sich aber schnell wieder drehen, wenn man keinen sportlichen Erfolg hat oder das Vertrauen der Sponsoren nicht rechtfertigt. Man darf nicht abheben. Bei uns gibt es zum Beispiel keine Topzuschläge. Das ist eine gute Entscheidung des Vorstandes, weil wir die Fans mitnehmen und nicht ausnehmen wollen.

Günter Netzer hat den Verein als schlafenden Riesen bezeichnet. Wie wach ist die Fortuna?

Kall: Es ging um das Potenzial des Vereins. Deshalb haben sich die Vermarktungsagenturen um uns bemüht. Aber Potenzial unterschreibt weder einen Sponsorenvertrag, noch schießt es Tore. Da können wir noch nicht einmal stolz drauf sein. Wir sind dabei, Zug um Zug, auch mit dem sportlichen Erfolg, dieses tatsächlich vorhandene Potenzial zu nutzen.

Es fliegt uns nicht zu. Der schwere Weg liegt noch vor uns. Wenn wir uns hier mit einem Riesen vergleichen, wäre das schon ein ganz großer Fehler.

Ist vielleicht alles ein wenig zu schnell gegangen?

Kall: Ich glaube das nicht, das hat auch keiner gesagt. Ohne den Aufstieg hätten wir nie diese Sponsorenverträge abschließen können, und auch nicht so hohe Zuschauer-Einnahmen erzielt. Natürlich sind wir ein wenig vom sportlichen Erfolg überrollt worden. Aber deswegen investieren wir ja auch da, wo es jetzt nötig ist - wie ins Jugendinternat oder die Geschäftsstelle. Die Erwartungshaltung wächst natürlich und da muss man als Verein hinterherkommen.

Kann man sich jetzt die Sponsoren aussuchen?

Kall: Natürlich haben wir jetzt auch nationale und internationale Partner. Wir sind mit der Anzahl und der Qualität der Sponsoren sehr zufrieden. So danken wir besonders der Stadtsparkasse und den Stadtwerken, dem Club 95 und denen, die uns schon lange unterstützen ganz besonders.

Mit der Entwicklung sind wir auch dank Infront sehr zufrieden. Quantität und Qualität kann sich sehen lassen. Wir wollen wachsen mit Augenmaß. Wir wollen Partner und nicht nur blanke Sponsoren. Auch die haben einen Vertrag für die 2. Liga.

Wie wird der Verein in Fußball-Deutschland wahrgenommen?

Kall: Günter Netzer hat uns versichert, dass unsere Entwicklung positiv gesehen wird und aller Ehren wert ist. Das macht uns schon stolz. Das Hauptlob gilt aber der sportlichen Leitung, dem Vorstand und der Geschäftsstelle.

Sind Sie als Aufsichtsrat nicht zu ruhig und zurückhaltend?

Kall: Nein, das glaube ich nicht. Es ist genau richtig so, es wird intern diskutiert. Und das ist eines der Erfolgsgeheimnisse. Wir sehen uns für die mittelfristige Entwicklung des Vereins zuständig, greifen aber nicht ins operative Geschäft ein.

Wo steht die Fortuna in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Kall: Wir wollen ein wirtschaftlich und sportlich gesunder Verein in der ersten Liga sein, der dort nachhaltig eine wichtige Rolle spielt und auf wirtschaftlich gesunden Füßen steht. Da kann auch, wie schon angedeutet, auch mal ein Abstieg bei sein, wenn wir an unser Ziel gelangen. Das ist der schwierige Teil des Weges, den wir noch gehen müssen. Den bisherigen Abschnitt haben wir schneller als gedacht bewältigt.

Können Sie sich vorstellen, im Vorgriff auf die stark steigenden Fernsehgelder mehr zu riskieren, um den Abstieg zu vermeiden?

Kall: Ein klares Nein. Das unvorstellbar. Es wird kein finanzielle Harakiri geben, um sportliche Ziele zu erreichen. An anderen aktuellen Beispielen kann man sehen, wie das schief gehen kann. Mit keinem einzigen Verantwortlichen in diesem Verein ist das machbar. Das ist unabhängig von der Historie.

Stehen Sie der Fortuna noch länger zur Verfügung?

Kall: Die Arbeit macht sehr viel Spaß, und ich habe auch nicht von den anderen Aufsichts- oder Vorstandsratsmitgliedern gehört, dass sie amtsmüde seien. Die personelle Kontinuität ist einer der Erfolgsfaktoren. Das Vertrauen müssen wir uns allerdings immer wieder erarbeiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort