Düsseldorfer EG DEG-Verteidiger Daschner: „Ich möchte manchmal zu viel“

Stephan Daschner über seine offensive Spielweise, die DEG und das deutsche Eishockey insgesamt.

 Stephan Daschner beim Heimspiel der DEG gegen Straubing Tigers.

Stephan Daschner beim Heimspiel der DEG gegen Straubing Tigers.

Foto: HORSTMUELLER GmbH

Düsseldorf. Stephan Daschner kann auf dem Eis wundervolle Dinge vollbringen. Läuferisch und technisch gehört er zu den stärksten Verteidigern Deutschland. Das weiß auch Bundestrainer Marco Sturm zu schätzen. Doch hin und wieder sorgt Daschner unter den DEG-Fans für Herzrasen, wenn er es wieder mal auf eigene Faust versucht und scheitert.

Herr Daschner, erinnern wir uns an das Play-off-Aus in Wolfsburg zurück. Natürlich war keiner ihrer Kollegen gut gelaunt, Sie wirkten aber besonders niedergeschlagen.

Stephan Daschner: Ja, ich habe mir das auch anders vorgestellt. Dass ich die Play-offs komplett mitspiele oder eine tragende Rolle spielen werde, aber die Verletzung hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, das frustriert natürlich.

Die DEG war zwischendurch Tabellenführer, hat neue Sponsoren und Fans gewonnen. Doch dann kamen der Absturz zum Ende der Hauptrunde und die kurzen Play-offs. War die Saison trotzdem ein Erfolg?

Daschner: In der Endphase der Saison haben wir uns das Leben selber schwer gemacht, wir haben eine sehr, sehr gute Ausgangsposition gehabt und dann viele Spiele am Schluss verloren. Das hätte man sich schenken können, dann hätte das eine andere Wendung genommen, dann wären wir nicht auf Wolfsburg getroffen, das war in der Phase wahrscheinlich der schwierigste Gegner. Aber im Großen und Ganzen war die Saison gut. Mehr Fans, mehr Sponsoren, man merkt, dass die DEG in Düsseldorf wieder eine andere Stellung hat als vor zwei, drei Jahren. Der feste Kern würde immer kommen, aber es ja geht darum, dass man das Eishockey allgemein besser verkauft. Und das sieht doch ganz gut aus.

Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?

Daschner: Es lief ganz gut, ich war sehr zufrieden. Es gab aber eine Phase, in der ich nicht gespielt habe, wie ich mir das vorstelle. Vielleicht war ich etwas leichtsinnig und nicht so konsequent, aber bis zu meiner Verletzung kann ich mir aber nichts ankreiden. Natürlich gibt es immer Luft nach oben, ich habe vielleicht noch zwei, drei, vier Jahre, bis es wieder bergab geht. Aber noch bin ich an dem Punkt nicht angekommen.

Was wollen Sie konkret verbessern?

Daschner: Der Hauptfokus liegt darauf, Fehler zu minimieren, die aus der eigenen Zone heraus entstehen, weil ich oftmals zu viel möchte. Wenn ich das etwas eindämmen könnte, wäre der erste Stein gesetzt. Meine Fehlerquote ist natürlich höher, weil ich öfter in Situationen komme, in denen ich etwas riskieren muss. Wenn ich zehn Mal etwas versuche, ist es klar, dass es nicht zehn Mal funktioniert. Grundsätzlich verstehen das Christof und Tobi (die Trainer Kreutzer und Abstreiter, Anm. d. R.) und geben mir den gewissen Freiraum. Das ist das, was einen Offensivverteidiger von einem Defensivverteidiger unterscheidet. Aber ich bin das ein oder andere Mal über meine Grenzen hinausgeschossen.

Überlegen Sie, Ihre Spielweise zu ändern? Also weniger Angriffe zu starten und vorne nicht mehr aktiv zu werden?

Daschner: Nein, meine Einstellung ist: Wenn ich aufs Eis gehe, soll der Gegner wissen, dass ich auf dem Eis bin und das respektieren. Das passiert nicht, wenn ich mich hinten reinstelle und rückwärts fahre. Aber wenn die Fehlerquote runtergeht, bin ich umso gefährlicher für den Gegner und umso besser für uns.

Vergangene Saison kam von der gesamten Defensive zu wenig vor dem gegnerischen Tor. Alle Verteidiger zusammen haben gerade mal 23 Tore geschossen. Woran lag das?

Daschner: Ich habe das gar nicht so im Kopf, ich persönlich habe ich auch nicht viel getroffen (fünf, Anm. d. R.). Die meisten Tore passieren im Powerplay, da waren unsere Stürmer schon sehr stark: Collins, Olimb, Milley, die behaupten die Scheibe viel und von denen geht viel aus. Da bist du als Verteidiger da eher mit einer Vorlage beteiligt. Es geht mehr ums Tor herum und weniger von der blauen Linie aus. Vielleicht ändern wir dieses Saison ja auch etwas. Vielleicht spielen wir mehr oben herum und setzten auf Schüsse.

Was spielen Sie lieber: Als einer von zwei Verteidigern an der blauen Linie oder als alleinige zentrale Anspieloption, die das Spiel aufbaut?

Daschner: Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Ich würde lügen, wenn ich nicht der wäre, der gern draufhaut. Aber es sind fünf Leute auf dem Eis, und jeder kann da etwas kreieren. Ich gönne jedem jeden Punkt. Jetzt in der Vorbereitung habe ich sehr, sehr viel Freiraum und bin auf der gegenüberliegenden Seite vom Puck, kann herumlaufen und mir den Platz suchen. Das ist auch ganz nett, wer hat nicht gerne Freiraum?

Wie sehen sie generell Ihre Rolle im Team. Als Sie kamen, waren Sie ein Zweitligaspieler, jetzt sind sie mehr oder weniger der einzige Stammnationalspieler. Merken Sie eine Veränderung in der Hierarchie?

Daschner: Ich habe mich vom ersten Moment an sehr wohlgefühlt und bin respektiert worden. Natürlich muss man sich seinen Standpunkt durch Leistung verdienen und nicht nur durch Lustigsein in der Kabine. Grundsätzlich hat sich trotzdem nicht viel verändert, auch wenn ich bei der WM 2015 dabei war. Aber der eigene Anspruch und die Erwartungen werden immer höher. Dadurch merkt man erst, welche Rolle man in einer Mannschaft hat. Es hängt mehr von einem ab, man darf nie zufrieden sein. Wenn ich zehn Spiele lang keinen Punkt mache, aber dafür da bin, dass etwas passiert und etwas kreiert wird, dann geht das auch auf meine Kappe. Im ersten Jahr war das noch nicht der Fall, da wurde relativ wenig von mir erwartet, aber dann ging es relativ schnell. Jetzt trage ich einen größeren Rucksack mit mir herum. Aber das ist ja auch ein schönes Gefühl, ich würde es nicht missen wollen.

Sie fahren nicht mit nach Riga zur Olympia-Quali. Stört Sie das?

Daschner: Man darf nur sechs, sieben Verteidiger mitnehmen und wir sind durch die NHL-Spieler sehr, sehr gut aufgestellt. Natürlich tut es weh, nicht dabei zu sein, aber es ich leichter nachvollziehen, wenn man weiß, wer mitfährt und was die schon erreicht haben, als wenn das jetzt der Deutschland-Cup wäre, da würde es mich mehr treffen.

Für die Vorbereitung auf die Saison mit der DEG ist es ja nicht schlecht, nicht mehr als eine Woche weg zu sein.

Daschner: Natürlich, dann bin ich hier schneller drin. Nach dem letzten Nationalmannschaftslehrgang in Füssen habe ich das gemerkt. Das war zwar nur eine Woche, aber in einer Woche passiert halt viel. Du verpasst das ein oder andere. Wir spielen jetzt ein anderes System, mit dem ich zwar vertraut war, aber es kann sich schon in zwei, drei Tagen viel ändern.

Das neue System kommt Ihnen ja sicher entgegen. Es geht für die Verteidiger etwas mehr nach vorne.

Daschner: Ja, defensiv verlassen wir uns jetzt etwas mehr auf unsere Stürmer. Aber allgemein bleibt es so: Wenn die Verteidigung gut steht und wir konterstark sind, so wie es in Düsseldorf in den vergangenen Jahren immer war, sollten sich die Gegner warm anziehen.

Der Kader hat sich dieses Jahr nur etwas geändert. In der Abwehr gibt es aber zwei Neue. Wie verändert das die Defensive.

Daschner: Wir sind jetzt tiefer besetzt, wir Verteidiger sind eigentlich alle auf demselben Niveau. Wir können in der DEL nicht nur mitspielen. Das wird für die Trainer nicht einfach sein, dass jeder die Eiszeit bekommt, die ihm zusteht, wenn alle ihre Leistung bringen. Wenn Marcel Brandt noch zurückkommt, habe wir acht Verteidiger, die alle das Recht haben, Eis zu sehen. Und davon sind sechs Deutsche, das spricht für unsere Trainer und die DEG. Ich hoffe, dass sich das auszahlt, damit andere Vereine sich daran ein Beispiel nehmen.

Sollte die Liga aus Ihrer Sicht die Ausländerkontingente weiter einschränken?

Daschner: Wenn man will, dass das deutsche Eishockey international mithalten kann, kommt man daran nicht vorbei.

Gibt es denn genügend deutsche Spieler, die das Niveau der Ausländer haben? Was bringen einem deutsche Spieler, wenn das Niveau der Liga dadurch schlechter wird?

Daschner: Ich denke schon, dass es die geben kann. Die ersten Jahre vielleicht noch nicht, aber dem Fan wird es nicht auffallen, weil alle 14 Mannschaften mit denselben Regeln klarkommen müssen. Langfristig wird es für deutsche Spieler auf jeden Fall besser sein. Man wird eine größere Auswahl haben. Das ist schwerer für den Bundestrainer, aber besser für die Nationalmannschaft, weil der Konkurrenzkampf größer ist. Es wäre doch schön, wenn nicht nur zwei, drei Deutsche im Powerplay spielen, sondern irgendwann auch mal fünf. Nur so bekommst du die Leute, die du in der Nationalmannschaft einsetzten kannst. Nur wenn die erfolgreich ist, bekommst du Fernseh- und Sponsorengelder. Das beste Beispiel ist die Schweiz: Da gibt es nur drei Ausländer pro Team, aber das sind alles Raketen und bringen alle nach vorne. Aber das braucht alles seine Zeit und geht nicht von heute auf morgen. Wenn das umgesetzt ist, werde ich aber wohl schon alt und grau sein.

Dann reden wir zum Abschluss über das Hier und Jetzt: Ist das deutsche Eishockey auf einem guten Weg?

Daschner: Das auf jeden Fall. Ich dachte, vor drei, vier Jahren, dass es sich nach unten entwickelt, aber in den letzten ein, zwei Jahren gibt es einen Aufschwung. Und durch das Fernsehen sind wir bald auch mehr in der Öffentlichkeit.

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