Düsseldorf Bernd Biermann: „Sonntag, 15 Uhr: Das wird weniger“

Im Interview spricht der Vorsitzender des Fußballkreises über Professionalisierung des Amateursports und neue Anstoßzeiten.

Düsseldorf: Bernd Biermann: „Sonntag, 15 Uhr: Das wird weniger“
Foto: Young

Herr Biermann, vergangenes Jahr sagten Sie zu diesem Zeitpunkt, dass es dem Düsseldorfer Fußball im oberen Amateur-Niveau an Qualität fehlt. Nun spielen drei Mannschaften in der Oberliga. Hat sich so schnell strukturell etwas geändert oder sind das Zufälle?

Düsseldorf: Bernd Biermann: „Sonntag, 15 Uhr: Das wird weniger“
Foto: Horstmüller

Bernd Biermann: Ich denke, das ist eine Momentaufnahme, wir sollten nicht übertreiben. Es ist wunderschön, dass wir in der TuRU einen gestandenen Oberligisten haben und Kalkum-Wittlaer und der SC West aufgestiegen sind. Wenn wir Ratingen und den VfB Hilden dazu zählen, haben wir jetzt fünf Oberligisten aus dem Fußballkreis. Das ist sensationell.

Gab es das schon einmal?

Biermann: Ich kann mich nicht daran erinnern. Und ich bin ja auch schon ein paar Tage dabei.

Wer heute in der Oberliga spielt, braucht zumindest semiprofessionelle Strukturen. Da wird mit sechsstelligen Summen und teilweise unter Sicherheitsauflagen hantiert. Gibt es den klassischen Dorf- oder Stadtteilverein überhaupt noch? Oder drängt die Professionalisierung bis in die untersten Klassen?

Biermann: Bis runter in die Kreisliga ist alles professioneller geworden. Da ist das Level der Organisation mittlerweile so hoch, dass es den klassischen Hobbyfußball selbst in der Kreisliga nicht mehr gibt. Da stehen überall elf austrainierte und gut ausgebildete Fußballer auf dem Platz. Und in der Oberliga kann man ja auch schon mehr als ein paar Mark verdienen.

Gefällt Ihnen diese Entwicklung?

Biermann: Ich sehe das zweischneidig. Für das Niveau des Fußballs ist das gut, die Zuschauer bekommen selbst in den unteren Ligen viel für ihr Geld.

Die Frage ist, ob die bald überhaupt noch kommen. Wenn die Bundesligen ihre Spieltage weiter zerstückeln, bleibt kaum noch Zeit für die Amateure.

Biermann: Diese Entwicklung hatte von Anfang an einen großen Einfluss. Die Amateure müssen darauf reagieren und sich ihre Nischen suchen.

Wie sollen sie diese finden, wenn der Spieltag bei den Profis am Freitag um 18.30 Uhr beginnt und erst am Montagabend endet?

Biermann: Man muss regional gucken, wie die Konkurrenz spielt. In Düsseldorf muss ich wissen, wann die Fortuna spielt. Wenn das sonntags ist, fehlen in den unteren Ligen die Zuschauer. Der Fußballverband Niederrhein eröffnet deswegen allen Vereinen ab der Bezirksliga die Möglichkeit, ihre Heimspiele flexibel zu gestalten. Wenn Fortuna sonntags spielt, muss man eben samstags spielen.

Der klassische Amateurtermin — Sonntag, 15 Uhr — ist also bald Geschichte?

Biermann: Es wird weniger werden. Einerseits ist das vernünftig, andererseits darf das nicht zu Lasten der Jugend passieren. Die muss auch noch Termine haben. Sonst ist die Grundlage unseres Sports weg. Das gilt auch für die Schiedsrichter. Wir arbeiten ohnehin schon mit Hochdruck daran, den Mangel zu kompensieren. Die Vereine dürfen bei der Ansetzung der Spiele nicht vergessen, dass diese Menschen auch ein Privatleben haben.

Wo Sie die Jugend ansprechen. Auch dort geht es immer mehr um Leistung. In manchen Vereinen werden schon die F-Jugendlichen nach Spielstärke in verschiedene Mannschaften gesteckt. So werden teilweise Schulfreunde auseinandergerissen und verlieren den Spaß. Was halten Sie von einer so frühen Betonung der Leistung?

Biermann: Man sollte das nicht so früh machen. Man muss den Kindern zunächst den Spaß am Spiel vermitteln. Leistung, Druck und Tabellen sind erst mal nicht so wichtig. Deshalb hat der FVN die Fairplay-Liga gegründet. Die Kinder spielen alleine, ohne Schiri, ohne Eltern direkt am Spielfeldrand und ohne Tabelle. Das funktioniert sehr gut.

Neu in vielen Jugendmannschaften sind die Flüchtlinge. Vereine wie die Sportfreunde Gerresheim leisten vorbildliche Arbeit. Wie sehen Sie die Verantwortung der Fußballvereine für Flüchtlinge?

Biermann: Der Fußball ist in der Öffentlichkeit und hat eine hohe Verantwortung bei der Integration. Fußball kann man immer spielen, egal, ob man die Sprache spricht, egal, wo man herkommt. Weltweit gibt es dieselben Regeln. Die Vereine haben die Möglichkeit und die Verantwortung, den Flüchtlingen eine Basis zu bieten, aufgrund derer sie hier in der Bevölkerung andocken können. Das machen auch viele. Nicht nur die Gerresheimer, allein aus dem Fußballkreis Düsseldorf werden dieser Tage fünf Vereine von der Egidius-Braun-Stiftung für ihre hervorragende Flüchtlingsarbeit ausgezeichnet.

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