Sperrmüll: Die Kühlschrank-Fledderer

Diebe reißen neuerdings Metallteile aus alten Kühlschränken – und setzen dabei FCKW frei. Für die Stadt ein massives Problem.

Düsseldorf. Sie stehlen Kupferkabel von Bahnanlagen, Bronzestatuen von Friedhöfen, Aluminium von Schrottplätzen. Jetzt haben Wertstoffdiebe ein neues Feld für sich entdeckt: den Sperrmüll. "Neuerdings werden Elektrogeräte direkt am Straßenrand auseinander gepflückt, um ans Metall zu kommen", sagt Werner Görtz, Leiter des städtischen Umweltamts.

Die Diebe zerschlagen Fernseher, um an Kupferspulen zu gelangen, reißen Alu- und Kupferleitungen aus Kühl- und Gefrierschränken und bauen Kompressoren zum Weiterverkauf aus. "Im Falle der Fernseher verteilen sich Glassplitter und Elektroteile auf der Straße", sagt Ralf Böhme, Sprecher der Awista, die die Sperrmüllabfuhr besorgt. "Das ist schon unangenehm. Wenn aber Kühlschränke auseinander genommen werden, wird FCKW freigesetzt."

Das bis zu 300 Jahre in der Atmosphäre bleibende Treibhausgas schädigt die Ozonschicht bis zu 8500 Mal mehr als Kohlendioxid. Deshalb wird es in Deutschland seit mehr als zehn Jahren nicht mehr hergestellt. Und wer es in die Umwelt entweichen lässt, begeht nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern macht sich strafbar.

Während der Metall-Klau an Düsseldorfs Straßenrändern schwere Folgen für die Umwelt haben kann, sind die diebischen Erlöse doch eher gering: Die Beute bringt pro Kühlschrank gerade einmal einige hundert Gramm auf die Waage. Und das Kilo Kupfer ist derzeit mit rund 5,40 Euro notiert, Alu bringt etwa 2,80 Euro. Weltmarktpreise - beim Schrotthändler um die Ecke gibt es meist noch weniger Bares.

Um richtig Reibach zu machen, geben sich die Diebe deshalb nicht mit wenigen Geräten zufrieden. Offizielle Zahlen über ausgeschlachtete Weiße Ware - also große Haushaltsgeräte - gibt es noch nicht. Sie werden derzeit von Umweltamt und Awista ermittelt und sollen in einigen Monaten vorliegen. Nach WZ-Information aber nehmen die Awista-Leute einen Großteil der am Straßenrand abgestellten Kühlschränke nur noch zerfleddert mit. Die Stadt schätzt das Problem schon jetzt als massiv ein. Schließlich fielen in Düsseldorf allein im Jahr 2005 ganze 1054 Tonnen Weißer Ware als Sperrmüll für die Entsorgung an.

Das geschieht in Recycling-Anlagen wie die der Firma Bresch in Norddeutschland. "Aus gutem Grund", sagt Geschäftsführer Reiner Köllermeyer. "Wenn jemand unsachgemäß den Kühlkreislauf eines Kühlschrankes öffnet, um etwa die Leitungen auszubauen, laufen 180 Gramm Öl-FCKW-Gemisch aus." Und das sei eine größere Menge als jener Rest, den seine Firma in einem ganzen Jahr in 750 000 recycelten Kühlschränken zurücklassen dürfe.

Problematisch, so Köllermeyer, sei aber auch die Isolierung der Weißen Ware. Denn der Polyurethan-Schaum hinter der Geräte-Verkleidung enthalte ebenfalls große Mengen des Treibhausgases. "Wenn jemand mit dem Hammer hinein schlägt oder sonst wie ein Loch macht, tritt sofort Gas aus", sagt der Experte. Zwar würden seit Anfang der 1990er Jahre keine Kühlgeräte mit FCKW mehr gebaut. 60 bis 70 Prozent der weggeworfenen Geräte enthielten das Treibhausgas aber noch.

FCKW Der Begriff FCKW umfasst mehrere Gase auf Basis von Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoff. In den 80er Jahren wurde bekannt, dass sie erheblich die Ozonschicht beschädigen - und zwar bis zu 8500 Mal stärker als Kohlendioxid (auf einen Zeitraum von 100 Jahren gesehen). FCKW hält sich bis zu 300 Jahre in der Atmosphäre. Seit 1996 wird das Gas in Deutschland nicht mehr hergestellt. Als Kühlmittel in Klimageräten oder Treibstoff in Spraydosen dienen mittlerweile Ersatzgase.

Verbot Verboten ist schon das Wegnehmen von Sperrmüll oder Sperrmüllteilen, die zur Weiterverwertung bestimmt sind. Das trifft auf Kühlschränke zu. Umweltamtsleiter Werner Görtz (Foto) warnt: Nach Paragraf 326 Strafgesetzbuch wird mit Geld- oder Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren bestraft, wer unerlaubt mit gefährlichen Abfällen umgeht und mit ihnen etwa die Umwelt verschmutzt. FCKW ist ein solcher Abfall.

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