Prinzenball: Politik rockte in der ersten Reihe

Flower an den Wänden, Power auf der Bühne: Die Karnevalisten beim Prinzenball rockten zum Sound der 70er. Auch bei den anderen Gesellschaften ging es hoch her.

Düsseldorf. Zum jährlichen Höhepunkt des Lackschuh-Karnevals hatten die Gäste beim Prinzenball am Samstagabend vor allem ihre Tanzschuhe poliert. „Let’s go to San Francisco“ lautete diesmal das Motto im Hilton Hotel: Blumen, Peace-Zeichen und Soul-Legenden zierten die Wände des Rheinlandsaals, auf der Bühne heizten Musik-Acts der 70er Jahre den Karnevalisten ein.

Nach ihrem Einzug mit der Prinzengarde Rot-Weiß begrüßten Prinz Simon I. und seine Venetia Rebecca die jecke High Society, darunter Oberbürgermeister Dirk Elbers, Klaus-Peter Müller, Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank, und Air Berlin-Chef Joachim Hunold. Den gewaltigen Thron des Prinzenpaares hatte Künstler und Karnevalswagenbauer Jacques Tilly gestaltet.

Nach kurzem, einstimmenden Geschunkel wurde es dann gleich kultig auf der Bühne: Bei den Les Humphries Singers Reunion fühlte sich so mancher Gast in seine Jugend zurückversetzt und die edel betuchte Gästeschar stürmte begeistert die Tanzfläche.

Dass die Gruppe nicht mehr in ihrer Originalbesetzung auftrat (Mallorca-König Jürgen Drews war nicht dabei), tat der Stimmung keinen Abbruch: Trotz fehlender Walle-Mähne rockte Bürgermeistern Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu Hits wie „We are Family“ und „Mexico“ in der ersten Reihe, gleich daneben ihre Kollegin Gudrun Hock und Gisela Piltz, die Bundestagsabgeordnete der FDP.

Nach den Hippie-Gassenhauern brachte Soul-Sänger Irvin Doomes mit seiner Las Vegas Show den Saal zum Schwitzen.

Die Tombola, bei der Flugreisen, Pelz-Stolas und Gemälde unters Volk gebracht wurden, gab kurze Gelegenheit zum Verschnaufen, bevor um Mitternacht Popsänger George McCrae („Rock Your Baby“) den Tanzboden wieder freigab. Wer danach noch Atem hatte, feierte im Foyer des Hotels mit der Band Rest of Best bis in die frühen Morgenstunden.

Eine Überraschung gab es Sonntagmittag bei der närrischen Schiffstour für den Präsidenten der Düsseldorfer Weissfräcke, Burkard Brings. Beim traditionellen Treffen der Tollitäten aus Köln und der Landeshauptstadt kam anstatt dem großen Dreigestirn das Kinderdreigestirn an Bord der Vista Prima. „Da ist mit der Bestellung wohl etwas schiefgelaufen“, mutmaßte der Präsident, während die jungen Narrenherrscher um Prinz Jules Matthieu I. zeigten, dass sie durchaus die großen Kollegen würdig vertreten können.

Natürlich gab es am Ende am Kölner Altstadtufer noch ein jeckes Happyend — Prinz Simon I. und seine Venetia Rebecca konnten, wenn auch etwas verspätet, doch noch Prinz Frank I, Jungfrau Reni und Bauer Günter begrüßen. Erinnert wurde bei den Weissfräcken noch an einen anderen prominenten Düsseldorfer Besucher: Vor 300 Jahren kam Jan Wellem nach Mülheim und schoss dort bei den Schützen direkt den Vogel ab. „An den Kurfürsten erinnert in unserm Schützensilber noch ein Vogel, der 1711 von Jan Wellem gestiftet worden ist“, sagt Klaus Damnig, 1. Brudermeister der St. Sebastianus Schützenbruderschaft, die mit einer Delegation aus Mülheim aufs Düsseldorfer Schiff gekommen war.

Schwere Zeiten für Büttenredner. Bei ihrer großen Sitzung in der Rheinterrasse verzichtete die Rheinische Garde Blau-Weiß komplett auf Wortbeiträge. „Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass unsere Gäste lieber feiern wollen“, begründet Präsident Dirk Kronauer die Entscheidung. Der strahlte schon, bevor die Sitzung überhaupt begonnen hatte. Denn mit 570 Narren war der Saal der Rheinterrasse gut gefüllt. Kronauer: „Im vergangenen Jahr hatten wir noch im Henkel-Saal gefeiert, der nur 340 Plätze hat. Da hatten wir schon Bedenken, in die große Rheinterrasse zu wechseln.“

Und wie funktioniert Karneval ohne Worte? Los ging es mit Trompeter Lutz Knieps, der zu einer imposanten Laser-Show spielte. Als zum Finale das Logo der Rheinischen Garde als dreidimensionales Bild in den Raum gezaubert wurde, gab es den ersten großen Applaus. Gleich danach zogen die Altstädter aus Köln ein, die mit 140 Gardisten nach Düsseldorf gekommen waren. Es gab jede Menge Musik mit der Band ohne Bart oder den Fetzern, schwungvollen Tanz mit „Seiner Tollität Luftflotte“ und zum Schluss warf Olaf Henning sein Lasso.

Einen Wortbeitrag gab es doch noch: Denn im Rahmen der Sitzung wurde der Dr. humoris causa verliehen. Die Auszeichnung ging in diesem Jahr an Theo Krause, der seit 35 Jahren Präsident der Kittelbacher Blumenkinder ist. Kronauer: „Er hat viel für den Düsseldorfer Karneval getan.“

Premiere für die Närrischen Wehrhähne. Erstmals feierten die Narren aus Derendorf ihre Sitzung im Henkelsaal an der Ratinger Straße. Nicht ganz freiwillig. „Wir mussten aus der Schule In der Lohe weg, weil das Gebäude abgerissen wird“, sagt der zweite Vorsitzende Klaus Brunner, „nun sind wir in der Altstadt gelandet. Zum Glück sind uns die Gäste treu geblieben, der Saal ist ausverkauft.“

Auch die Närrischen Wehrhähne bekamen tatkräftige Unterstützung aus Köln. Mit 120 Gardisten waren die Blauen Funken angereist. Dass die besonders strahlende Gesichter beim Einzug in den Saal hatten, lag allerdings nicht daran, dass es in Düsseldorf so schön war: Zu dem Zeitpunkt lag der 1. FC Köln 2:0 in Führung und die Blauen Funken ließen sich ständig über den Spielstand auf dem Laufenden halten.

Viel geredet wurde auch bei den Wehrhähnen nicht. Brunner: „Der Party-Karneval setzt sich immer mehr durch.“ Mit Paula Hahn von den Pänz in de Bütt, Winfried Ketzer, dem Hausmeister von nebenan und Comedian Olli Materlik wurde aber nicht ganz auf das gesprochene Wort verzichtet.

Ansonsten bekamen die Gäste viele Künstler zu sehen, die auch bei der TV-Sitzung mitmachen durften, darunter die Düssel-Disharmoniker, Et Zweijestirn, die Tanzgarde der Katholischen Jugend oder die Swinging Funfares.

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