Junge Künstler bei der WZ Vivian Greven: Vexierspiele mit dem Ich und dem fremden Bild

Zum 140-jährigen Bestehen der WZ stellen junge Künstler in den Verlagsräumen an der Kö aus — so auch Vivian Greven.

Junge Künstler bei der WZ: Vivian Greven: Vexierspiele mit dem Ich und dem fremden Bild
Foto: Zanin

Düsseldorf. Vivian Greven (Jg. 1985) hat parallel zu ihren Studien an der Kunstakademie beide Staatsexamina für den Lehrerberuf absolviert. Sie hat sich also bestens auf den Beruf als Malerin vorbereitet. Als Meisterschülerin von Siegfried Anzinger war sie für Bollywood-Szenen bekannt. Zugleich arbeitete sie sich an der Kunstgeschichte ab, am selbstverliebten Narziss von Caravaggio etwa. Als sie ihren Abschluss bei Thomas Grünfeld machte, wurde sie mit einem Paukenschlag für ihre Venus bekannt. Sie hatte sie aus verschiedenen Schönheitsidealen zusammensetzt. Seitdem geht es ihr um das Porträt. Zum 140-jährigen Bestehen der WZ ist sie an der Ausstellung im Girardet-Haus beteiligt, die von Katharina Klang aus der Sammlung Philara zusammengestellt wurde.

Was auch immer sie produziert, ob einen Paravent, eine Skulptur oder ein Ölgemälde, stets klärt sie ihr Thema in der Zeichnung ab. Wie ihr Lehrer Anzinger lässt sie sich von der Kunstgeschichte inspirieren, von einer mittelalterlichen Figur oder einem Bildnis aus der Renaissance. Zugleich liebt sie das Spiegelbild ihres eigenen Porträts und fügt aus beidem ein neues Ganzes.

Die zarte Zeichnung in den Verlagsräumen an der Kö trägt Grevens Züge. Die Künstlerin setzt sie mit feinem Bleistift auf ein extrem glattes Papier und sorgt für eine Weichzeichnung mit dem eher ungewöhnlichen Stift aus gewickeltem Papier, der das Körnige des Graphits ganz behutsam glättet. So kann sie mit einem Nichts an Farbe einen Lichtschatten auf die Nase setzen, aber auch das Auge weiß lassen, so dass es im Grunde gar kein Auge ist.

Neben dieses Ebenbild ihres Gesichts stellt sie auf einen stählernen Stab einen grauen Gipskopf, der an eine Totenmaske erinnert, aber auch an den historischen Helm eines Kriegers. Sie spießt dieses irritierend androgyne Wesen mit den sinnlichen Lippen gleichsam auf seine eigene Lanze auf. Betrachtet man die Figur frontal, ist es ein Mann. Von der Seite trägt sie auch weibliche Züge. In ihrer Präsenz aus Asche wirkt sie wie ein erloschenes Wesen, eine Körperruine.

Das dritte Beispiel ist das Ölbild eines weiblichen Hinterkopfes, der auf einer Vorderseite mit Brust sitzt. Ein Kopf also auf verdrehtem Oberkörper. Zunächst registriert der Betrachter diese Verfremdung gar nicht, denn der Hinterkopf des Models mit den blonden Haaren ist perfekt und extrem genau gemalt. Aber das Abbild, das man vermeintlich sieht, ist keines. Bei genauerem Hinschauen bemerkt man das Irreguläre und Irritierende.

Die Malerin hat zwei konträre Collage-Teile zur Einheit gebracht. Sie stammen von einem Modell, mit dem sie häufig zusammengearbeitet hat, so dass sie die Konturen und Gesichtszüge gut kennt und wie selbstverständlich damit spielen kann.

Sie arbeitet mit verschieden dicken Pinseln und trägt die mit Leinöl verdünnte Farbe ganz subtil auf. Dann nimmt sie einen weichen Pinsel, um die Strukturen zu nivellieren. Einen Zug ins Traumwandlerische bekommt dadurch das Motiv.

Als Ziel ihrer Kunst sucht sie nach einer Sinnlichkeit im Bild. „Ich glaube, dass die Malerei die Königin der Sinnlichkeit ist. Ich versuche, das zu malen“, sagt sie. Dabei geht es ihr nicht nur um das, was man sieht, sondern auch um das, was man spürt. „Was sehe ich, wenn ich das Antlitz nicht sehe?“, fragte sie sich und zog über das Gesicht eine Fechtmaske oder eine Räubermütze.

Sie experimentiert, arbeitet mit Lack, transparenten und pastosen Farben und probiert verschiedene Oberflächen aus. Sie merkt bei all ihren Fragen immer auch, wie wichtig das Wechselspiel zwischen Figuration und Abstraktion ist.

Als Analytikerin ihrer eigenen Kunst weiß sie inzwischen, dass selbst eine erotische Szene nur durch eine sehr nüchterne Malerei entstehen kann. Ihre Kunst ist vom Konzept her gesteuert. Sie sagt: „Es wächst extrem langsam in Schichten. Hasenleim, Acryl und jetzt Lack. Und dann geht es darüber mit Ölfarbe und Lack weiter. Früher habe ich feucht in feucht gemalt, aus einem Impuls heraus. Jetzt lege ich das Bild so an, dass ich sehr gezielt auf viele Flächenelemente hinarbeite. Ich lasse eine Fläche trocknen und überlege, wie sieht die Farbe darüber aus.“

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