Junge Künstler bei der WZ Klara Virnichs Porträts verlocken und stoßen zugleich ab

Zum 140-jährigen Bestehen der WZ stellen junge Künstler in den Verlagsräumen an der Kö aus — so wie Malerin Klara Virnich.

Klara Virnich, Meisterschülerin in der Kunstakademie, zeigt ihre Porträts in den Räumlichkeiten der WZ. Was die Bilder auszeichnet, ist eine dicke Kunstharzschicht über der Ölfarbe.

Klara Virnich, Meisterschülerin in der Kunstakademie, zeigt ihre Porträts in den Räumlichkeiten der WZ. Was die Bilder auszeichnet, ist eine dicke Kunstharzschicht über der Ölfarbe.

Foto: Zanin,Melanie(MZ)

Düsseldorf. Im Girardet-Haus an der Königsallee 27 zeigen junge Meisterschüler der Düsseldorfer Kunstakademie ihre Arbeiten. Die Schau kam durch die Unterstützung der Sammlung Philara zustande. Bevor die Leser die Werke bei Führungen selbst in Augenschein nehmen können, stellen wir die Künstler in einer Porträt-Serie kurz vor. Diesmal ist es Klara Virnich, die mit ihren Bildern ein besonderes Aufsehen erregt. Die 25-Jährige stammt aus einem Elternhaus, wo Kunst selbstverständlich ist. Ihr Vater Thomas Virnich studierte gleichfalls in Düsseldorf, wurde Bildhauer und lehrt an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Ihr Onkel Winfried Virnich hat seit 1997 eine Professur für Malerei an der Kunsthochschule in Mainz. Für sie selbst ist Kunst ein tägliches Betätigungsfeld.

Im Kontrast zu diesem kreativen Milieu erklärt sie allerdings: „Meine Eltern hätten sich eher gewünscht, dass meine beiden Schwestern und ich Medizin studieren. Sie wissen, wie schwer es ist, sich als Künstler durchzusetzen.“

Ihren Einstand gab sie in der Klasse von Eberhard Havekost mit einer kolossalen Wildkatze. Sie hatte den Zoo, aber auch die Bilder von Peter Paul Rubens im Kunsthistorischen Museum in Wien besucht. Im Cleveland-Museum verschlang sie zumindest mit den Augen, wie Henri Rousseau den Kampf eines Tigers mit einem Büffel schildert. Aus diesen Begegnungen geht hervor, dass die klassische Moderne wie die Realität zu ihrem selbst auferlegten Bildungsprogramm gehören.

Ihr Lehrer Havekost zwang die Klasse 2015, ein klassisches Kunstwerk zu kopieren. Die Studenten sollten lernen, genau hinzuschauen und nicht nur im Internet spazieren zu gehen. Klara Virnich wählte das berühmte Bild des Surrealisten Magritte, „Le Plaisir“, in K 20, setzte sich an Ort und Stelle vor die Staffelei und schuf ein Gemälde, in dem sie die makabren Züge beim Verschlingen eines Vogels präzise herausholte. Bilder vom letzten Rundgang hängen nun in der WZ. Die Malerei kommt aus der Zeichnung. „Ich zeichne malend mit dem Pinsel. Ich bin die Einzige in der Klasse, die die Zeichnung auch als selbstständige Arbeit sieht“, sagt sie mit einigem Stolz.

Als Kind habe sie sich die Geschichten vorgestellt und dann mit dem Zeichenstift oder dem Bleistift festgehalten. Auch die aktuellen Porträts auf der Leinwand sind Fantasiegebilde, Selbstporträts und Zitate zugleich.

Mal steht die junge Malerin selbst vor dem Spiegel, mal nimmt sie das Gesicht aus ihrer Einbildungskraft. Das jeweilige Antlitz ist präzise und klassisch gemalt. Es hat eine gewisse Verwandtschaft mit der blauen Periode von Picasso.

Sie benutzt aber auch gefundene Bilder vom Trödelmarkt, etwa ein Polaroid, dessen Augen so stechend waren, dass sie aufmerksam wurde. Ein fast überbelichtetes Gesicht war es, so dass die Züge dem Ganzen auch in ihrer gemalten Version ein gewisses Geheimnis geben. Aus ihrem Antlitz blicken nun kleine, blaue Augen hervor, die verlocken und zugleich irritieren. Man kann dieses Porträt in keiner Weise durchschauen.

Von 2016 stammt ein „Paris“. Sie fand das Motiv in einer Sammlung alter Aktfotografien. Der Jüngling wirkt mit seiner über die Schulter geworfenen Toga wie ein Zitat aus der Antike, wären nicht die Schultern so fleischig. Im Profil bleibt der Jüngling distanziert, als Gesamtkomposition hat er etwas Androgynes und erinnert an ein Fresko.

Nun aber kommt der Pfiff in ihre Bilder, indem Klara Virnich über das jeweilige Gemälde eine dicke Schicht Gießharz kippt. Wie aufgelöste Gelatine sieht es nun aus. Das Bild hat ein Kasten-Format. Man könnte es seitlich mit den „Donauwellen“ vergleichen, jenen kalorienreichen Tortenstücken, deren aufgelöste Gelatine über dem fruchtigen Kuchen aus Kirschen und Buttercreme thront.

Durch diese dicke, transparente Schicht bekommen die Bilder einen Objektcharakter und einen unnachahmlichen Glanz. Die Farben scheinen zu strahlen. Das ist mehr als der bloße Firnis der alten Meister. Der neue Harz wirkt verführerisch und abstoßend, lecker und irritierend. „Im Wechsel von Nähe und Distanz, Tiefe und Oberfläche schälen sich die Konturen eines Antlitzes heraus, das anrührt, aber auch fernhält.“ So beschreibt es Katharina Klang, die Kuratorin der Ausstellung.

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