Spanische Folklore als himmlisches Rauschen

Der Harfenist Xavier de Maistre und Kastagnetten-Spielerin Lucero Tena in der Tonhalle.

Spanische Folklore als himmlisches Rauschen
Foto: Beatrice Waulin

Der berühmteste Harfenist der Welt heißt Xavier de Maistre. Das lässt sich guten Gewissens so sagen, denn bevor der Franzose die internationalen Podien eroberte, fristete die Harfe als Soloinstrument ein Nischen-Dasein, auch wenn es natürlich bereits vor de Maistre glänzende Vertreter - vor allem Vertreterinnen - ihres Fachs gab und noch immer gibt.

Doch de Maistre ist ein Star mit Glamourfaktor nicht zuletzt wegen seines markanten Äußeren. Wie ein Model für gehobene Sportbekleidung betritt der athletische 44-Jährige das Podium. Er trägt keinen Frack, sondern dunkles Hemd zu dunkler Hose - beides körperbetont. An der Hand führt er die spanische Grande Dame der Kastagnetten: Lucero Tena. Sie gilt als Ikone der spanischen Musikkultur.

Gemeinsam gestalten die Beiden ein Programm mit Stücken spanischer Komponisten. Isaac Albéniz und Enrique Granados, die zur Jahrhundertwende lebten, ließen sich von der Folklore ihres Heimatlandes inspirieren. Für Harfe schrieben sie weniger, vielmehr für Orchester, Klavier und allenfalls Gitarre. Doch Xavier de Maistre ist auch Arrangeur und transkribierte die Musik für sein großes, golden glänzendes Saitenspiel.

Der Harfenist entlockt seinem Instrument einen eindrucksvollen Reichtum an Klangfarben und füllt damit den Saal wie ein leise spielendes Orchester. Für den Extrakick an südländischer Folklore sorgt das rasante Klackern der Kastagnetten. Diese aus Hartholz gefertigten, muschelförmigen Perkussionsinstrumente erzeugen durchdringende Klappergeräusche, die den Harfenklang mitunter etwas überdecken.

Dezent setzt Lucero Tena sie in der Sonate für Harfe von Antonio Soler ein, einem Komponisten des Übergangs zwischen Barock und Klassik, aber noch stark orientiert an der verspielten Barockmusik eines Domenico Scarlatti. Tena lässt mit großer rhythmischer Genauigkeit und Bravour die Kastagnetten rattern lässt, ist nicht bei jedem Stück mit von der Partie. Auf diese Weise entsteht auch mehr musikalische Abwechslung.

Besonders reizvoll: die „Valses poéticos“ von Granados, die ursprünglich für Gitarre komponiert sind. Granados träumt hier etwas dem Wiener Walzer nach. Und die sentimental beschwingten Klänge führen dem Hörer ein an die Costa del Sol versetztes Wiener Kaffeehaus vors geistige Auge. Xavier de Maistre spielt wundervoll brillant und kreiert hier ein himmlisches Rauschen über spanischen Gestaden. Das Publikum in der recht schwach besuchten Tonhalle klatscht begeistert Beifall und wird mit zwei Zugaben belohnt: einem „Intermedio“ von Jeronimo Gimenez und Serenata espanola von Joaquín Malats.

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