So wohnt ein Hauswächter im Volksgarten

192 Euro pro Monat für 600 Quadratmeter mitten im Grünen. Doch es droht die kurzfristige Kündigung für den Bewohner von Haus Kolvenbach.

So wohnt ein Hauswächter im Volksgarten
Foto: Melanie Zanin

Für nur 192 Euro im Monat in einer leerstehenden Schule oder einem Herrenhaus wohnen? Das lockt abenteuerlustige Studenten an, genau so wie kurzfristig Wohnungssuchende. Ausnutzen können das die Besitzer von Gebäuden, die noch verkauft werden sollen, oder zur Zeit nicht genutzt werden, um ihre Häuser zu beleben, sauber zu halten, und um zu verhindern, dass sie leichte Ziele für Einbruch und Vandalismus werden. Mittlerweile ist zur Vermittlung solcher speziellen Mietbeziehungen ein eigener Industriezweig entstanden. Eine der größten Firmen, die europaweit zwischen Hausbesitzern und den sogenannten „Hauswächtern“ vermittelt, heißt Camelot Europe und hat ihre deutsche Zentrale in Düsseldorf.

Camelot vermittelt auch das Haus Kolvenbach zwischen Volksgarten und Südpark. Für die ehemalige Tanzschule und Gastronomie sucht die Stadt seit 2011 einen neuen Pächter. Immer wieder waren Interessenten abgesprungen. Nutznießer dessen ist der 62-jährige Siegfried Bruska (der kein Foto von sich in der Zeitung sehen will), der seit neun Monaten den Luxus genießt, in dem 600 Quadratmeter großen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert wohnen zu dürfen: „Die Situation ist für mich zurzeit ideal. Ich arbeite in Düsseldorf und habe nach meiner Trennung nach einer kurzfristigen Wohnmöglichkeit gesucht“, resümierte er.

Er könne gut damit leben, dass einmal im Monat ein Mitarbeiter von Camelot vorbeischaut, um nach dem Rechten zu sehen, und auch damit, dass er bei mehrtägiger Abwesenheit Bescheid geben muss. Ihn störte auch nicht, dass das Gebäude wie die bei den meisten Angeboten unmöbliert war.

Langfristig schaut er sich aber doch nach einer festen Wohnung um, denn Sicherheiten hat er als Hauswächter keine. Innerhalb einer vierwöchigen Frist könnte er dazu aufgefordert werden, das Gebäude zu räumen, wenn der Besitzer es wieder nutzt oder weiterverkauft hat: „Solange das Haus hier frei ist, wohne ich gerne hier, so mitten im Grünen. Aber jetzt, wo ich eine neue Partnerin habe, will man doch schon etwas Sicherheit haben.“

Natürlich liegen nicht alle Gebäude an so interessanten Wohnorten. Jedoch sind auch die Anforderungen an die Hauswächter sehr unterschiedlich, weswegen nicht jedes Gebäude zu jedem Hauswächter passt, wie der deutsche Regionalchef Karsten Linde erklärt: „Die meisten suchen eine Übergangswohnung, weil sie umgezogen sind. Es gibt aber auch Filmteams, die in den leerstehenden Häusern filmen wollen, Arbeitsgruppen, die nach Büroräumen suchen, oder Leute, die mit ihren Freunden zusammen einen Hobbyraum haben wollen.“ Deshalb soll in persönlichen Gesprächen das passende Gebäude gefunden werden, und die Firma gleichzeitig feststellen, ob der Hauswächter verantwortungsvoll genug auftritt, um ihm das Haus anzuvertrauen. Für die Hausbesitzer sei die Motivation fast immer die gleiche. Die Angst vor Vandalismus. Deshalb bietet sein Unternehmen auch Lösungen an, wenn sich kurzfristig kein Hauswächter findet, so dass zumindest ein Alarmkoffer potenzielle Einbrecher abschreckt.

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